Die durch die Digitalisierung zunehmend gewandelte Arbeitswelt befindet sich in einer Phase, in der große Veränderungen auch auf die Personalabteilungen zukommen. Anlass zur Sorge hat jedoch nur, wer sich darauf nicht rechtzeitig einstellt, da sind sich Experten einig. Vielmehr gilt es lösungsorientiert zu handeln und aufgeschlossen gegenüber den Innovationsprozessen zu sein – bergen diese doch auch viele Chancen für Betriebswirte.
Während Schwarzseher allein im Blick haben, dass etliche Arbeitsplätze durch die voranschreitende Automatisierung wegrationalisiert werden, sehen andere die neuen gefragten Qualifikationen: Industrie 4.0 setzt nicht nur neue Maßstäbe an Ingenieure und Informatiker, die diese technologischen Entwicklungen vorantreiben, sich international vernetzen und auch andere Fachdisziplinen einbeziehen. Vielmehr sind künftig auch konstruktive „Querdenker“ in den Personalabteilungen erforderlich.
Mensch-Maschine-Interaktion setzt Maßstäbe
Schließlich bedeutet Industrie 4.0 keineswegs, dass neue Produktionssysteme wie von selbst sämtliche Aufgaben erledigen, wenn auch der Anteil manueller Arbeiten wohl weiterhin abnehmen wird. Doch die Mensch-Maschine-Interaktion wird dafür weiterhin an Bedeutung gewinnen und neue Anforderungen an die Mitarbeiter mit sich bringen. So verschwimmen die Grenzen zwischen Produktion und Forschung. Es verschmelzen Fachdisziplinen wie Informations- und Telekommunikationstechnologien, Automatisierungstechnik und Maschinenbau. Bedingt durch die nun benötigten, vielfältigeren Talente wird wohl auch die Souveränität einzelner Mitarbeiter zunehmen. Die Rede ist von einer „Demokratisierung der Produktion“, die das Ende der zentralistischen Führung bedeutet – für viele im positiven Sinne. Als personelle Risiken der voranschreitenden Digitalisierung bezeichnen Experten die Entfremdung der Arbeit. Auch könnten weniger qualifizierte Arbeitskräfte es schwerer haben – für sie gilt es zum Beispiel Weiterbildungsmöglichkeiten zu schaffen.
Neue Multitalente 4.0 sind gefragt
Hoch im Kurs stehen schon jetzt Beschäftigte mit interdisziplinären Fähigkeiten, die sich auf anspruchsvollere Tätigkeiten in Sachen Organisation und Technologie einstellen können. Für Personaler bedeutet dies, sich bei Ausschreibungen und Bewerbungen entsprechend zu fokussieren – und vor allem sollten sie auch selbst das nötige Verständnis mitbringen für die veränderten Produktionsprozesse.
Betriebswirte, die den Personalbereich als Aufgabenschwerpunkt anstreben – sich womöglich bereits während des Studiums darauf spezialisieren – sind also gut beraten damit das eigene Profil in Sachen Industrie 4.0 zu schärfen. Wer sich als Personaler auf die neuen Herausforderungen eingestellt hat und „sein“ Unternehmen entsprechend mit auf neue Fachkräfte vorbereitet, dürfte gute Karten haben.
Kooperationen mit Hochschulen nutzen
„Das Personalwesen sollte einen Neuerungsvorgang so schnell wie möglich in Gang setzen“, resümiert das auf Human Resources spezialisierte Magazin Lecturio. Es zitiert dabei eine Koryphäe auf dem Gebiet, den HR-Experten Thomas Sattelberger. Demnach besteht die Gefahr, „dass Personalabteilungen zu Reparaturbetrieben verkommen.“ Personalchefs, so eine Quintessenz des Artikels, sollten neben der Digitalisierung auch die Aspekte Demografie, Migrationswellen sowie Wertewandel mitberücksichtigen und Mitarbeiter bei den neuen Prozessen von Anfang an mit einbeziehen. Gelingt es auch in den Personalabteilungen die – längst bekannten – technologischen und sozialen Kräfte der digitalisierten Arbeitswelt mitberücksichtigt, kann verkrustete Firmenstrukturen aufbrechen und zur Entfaltung neue kreativer Potentiale beitragen.
Um den Ansprüchen der gewandelten Arbeitswelt gerecht zu werden, sind etwa auch Kooperationen mit Hochschulen sinnvoll. Wegweisend zeigt sich beispielsweise das FIR als branchenübergreifende Forschungs- und Ausbildungseinrichtung der RWTH Aachen. Das Institut hat sich das Ziel gesetzt, die organisationalen Grundlagen für das digital vernetzte industrielle Unternehmen der Zukunft zu schaffen und zu diesem Zweck auch ein Cluster Smart Logistik etabliert, in dem Vertreter aus Forschung und Industrie zusammenarbeiten – unter anderem in einer Industrie-4.0-Referenzfabrik.