Überlebensstrategien für die mündliche Prüfung

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Immer wieder fallen Studenten und Lehrgangsteilnehmer durch Prüfungen, die zwar wissen, was sie wissen sollen, ihr Wissen aber im richtigen Moment nicht zur Hand haben. Das gilt für schriftliche ebenso wie für mündliche Prüfungen. Dieser kleine Beitrag verrät einige sinnvolle Strategien zur Vorbereitung auf mündliche Prüfungen, in die auch meine jahrelange Erfahrung in zahlreichen Prüfungsausschüssen u.a. bei der IHK einfließt.

Kenne Deinen Prüfer

Während zentral erarbeitete schriftliche Prüfungen wie die zum "Betriebswirt/IHK" oder zum "Technischen Betriebswirt" von einem anonymen Aufgabenausschuß gebastelt werden, zu dem zwar der Prüfungsausschuß nicht aber der Prüfungsteilnehmer einen Feedback besitzt, werden die meisten mündlichen Prüfungen von Personen durchgeführt, die der Kandidat kennt oder wenigstenskennenlernen kann. Die oberste Regel ist also, diesen Prüfer gut zu kennen: lesen Sie alles, was der Prüfer zum Prüfungsthema je geschrieben und veröffentlich hat, versuchen Sie seine Bücher, Skripte, CDs oder sonstigen Publikationen in die Finger zu kriegen. Eignen Sie sich seine Denk- und Arbeitsweise an! Das kann viel wert sein, wenn Sie während der Prüfung "seine" Argumentations- und Denkweise kennen!

Kenne seine "Steckenpferde"

Oft hat es sich bewährt, den Prüfer im Vorfeld der Prüfung zu kontaktieren und um inhaltliche Einschränkung des Themas zu bitten. Das gilt insbesondere dann, wenn ein Einzelprüfer (und nicht ein Prüfungsausschuß) eine mündliche Prüfung abnimmt. Kein Mensch ist objektiv, jeder Prüfer frage Dinge, die er selbst besonders gut beherrscht und unterläßt Fragen zu Themen, die er selbst nicht mag. Das ist menschlich, aber zugleich ein Ansatz zur Einschränkung der möglichen Themen. Kennen Sie also die "Steckenpferde" des Prüfers!

Sei seiner Meinung

Prüfer sind auch nur Menschen, und das heißt, sie prüfen nicht objektiv. Es gibt keine objektive Prüfung. Wenn Sie sich also einen Prüfer aussuchen können, sollte es nie einer sein, dessen Meinung sie nicht teilen – was uns natürlich sagt, daß Sie seine Meinung erst mal kennenlernen sollten, was in der vorhergehenden Lehrveranstaltung aber nicht so schwer sein sollte, den meinungsfreie Vorlesungen gibt es ebensowenig wie meinungsfreie Prüfungen. Wer das opportunistisch findet, kann ja später immer noch streiten – doch während einer Prüfung ist das damit verbundene Risiko zu groß!

Die Fehler des Spezialisten

Spezialist ist, wer von immer weniger immer mehr weiß. Obwohl Spezialistentum gefördert und gefordert wird, ist es doch in allen mündlichen Prüfungen unterhalb der Verteidigung einer Doktorarbeit unangebracht, denn während in einer Dissertation etwas Neues erforscht werden soll, und die Doktoranden auf diese immer schwieriger zu erfüllende Forderung durch immer schärfere Spezialisierung reagieren, wird der Prüfer oder Prüfungsausschuß bei einer mündlichen Prüfung bis zur Examensebene stets versuchen, beim Kandidaten nach Gesamtverständnis und grundsätzlicher Orientierung in einem Themengebiet zu forschen. So habe ich mal jemanden (fast) durchfallen sehen, der zwar zu "seinem" Fachgebiet, der internationalen Rechnungslegung, wirklich alles wußte, aber auf den Satz eines Prüfers "…eine Personengesellschaft wie eine GmbH…" selbst auf Nachfragen, seit wann denn eine GmbH eine Personengesellschaft sei nicht reagierte und damit in die Falle tappte.

Inhaltliche Unterschiede zur schriftlichen Prüfung

Während komplexe mathematische Aufgaben in schriftlichen Prüfungen häufig sind, müssen Sie in einer mündlichen Prüfung mit sowas kaum rechnen, wohl aber nach Fragen zu Zusammenhängen. Lassen Sie also den Taschenrechner zu Hause, schauen sich aber Kurvenverläufe und Wechselbeziehungen an – während in einer schriftlichen Klausurarbeit die faire Auswertung einer gezeichneten Kurve sehr schwierig sein kann, ist das in einer interaktiven Situation aber kein Problem. Kennen Sie also die wichtigsten Kostenverläufe und möglichst auch ihre strategischen Bedeutungen?

Probleme mit Lampenfieber

Jeder kennt es: die Hände zittern, kalter Schweiß steht auf der Stirn, und wo gestern noch ein wohlgeordnetes Themengebiet war, ist plötzlich gähnende Leere. In einer Untersuchung wurden Leute nach angstauslösenden Situationen befragt, und in den Ergebnissen rangierte "vor einer unbekannten Gruppe frei sprechen" noch vor "Fensterputzen in einer Gondel an einem Hochhaus". Es liegt also auf der Hand, daß der Abbau von Lampenfieber und das Training der freien Rede zur Prüfungsvorbereitung gehören wie die Demonstration zur Politik – um so mehr als in Lehrgängen wie "Betriebswirt/IHK" auch Präsentations- und Redetechniken Teil der Ausbildung und damit auch Teil der Prüfung sind. Während ein Rhetoriktraining eher auf Reden und Vorträge zielt, sollte wer Probleme mit Lampenfieber hat wenigstens die Prüfungssituation vorher simulieren und, möglicherweise vor Testpublikum, Übungsfragen in freier Rede beantworten – denn auch hier gibt es Lernkurven, und Übung macht bekanntlich den Meister.

Tips zur Interaktion mit dem Prüfer

Verständliche Sprache, Kürze und Prägnanz sind Grundvoraussetzungen, denn wenn der Prüfer das Fachgebiet besser beherrscht als Sie, und davon sollten Sie ausgehen, bemerkt er es sofort, wenn Sie versuchen, eine Wissenslücke in Geschwätzigkeit zu verstecken. "Je komplizierter das Gesagte wirkt, desto weniger hat man es durchdacht" (Richard von Weizsäcker). Verwenden Sie überschaubare Satzkonstruktionen, ein Gedanke pro Satz, vermeiden Sie Fachchinesisch – das wirkt nur angeberisch.
Auch eine Prüfung ist übrigens eine persönliche Interaktion: sprechen Sie zum Prüfer, nicht zum Prüfungsausschuß, halten SieBlickkontakt. Bei Prüfungsausschüssen fragt meistens ein Mitglied eine Weile zu einem bestimmten Thema, so daß Sie Zeit haben, sich während dieser Fragen auf die Person einzustellen.

Die Fairneß des Prüfers

Ein guter Prüfer stellt sich in mündlichen Prüfungen auf seinen Kandidaten ein. Er beharrt nicht auf Themen von denen er merkt, daß der Kandidat sie nicht beherrscht, und fragt eher in die Breite als in die Tiefe. Er beginnt mit den einfachen Fragen, um dem Kandidaten am Anfang ein Erfolgserlebnis zu verschaffen, und versucht, seinen Kandidaten durch Body Talk und aktives Zuhören zu entspannen, ihm also das Lampenfieber zu nehmen. Schließlich gewährt er, soweit technisch möglich, dem Kandidaten die Wahl der Präsentationsmittel – Flipchart, Tafel, Projektor, Computer – um es ihm in dieser Hinsicht nicht unnötig schwer zu machen. Solche Verhaltensweisen sind keine Gradenerweise, sondern Selbstverständlichkeiten. Qualitätsmanagement gibt es auch bei Prüfungen!

Mehr Infos zu Prüfungen:

Lernstrategische Hinweise für Dozenten und Teilnehmer (interne Links)

 

 

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Eine Antwort

  1. anonymus sagt:

    Text wäre inhaltlich wahrscheinlich sehr interessant, aber dank der tollen darüberliegenden Werbeeinblendungen von Google, die sich auch nicht wegklicken lassen, leider nur bruchstückhaft lesbar. So macht das keinen Spaß….