Immer mehr Arbeitnehmer möchten lieber von zuhause aus arbeiten, als sich Tag für Tag auf den Weg ins Büro zu machen. Dass das nicht nur für die Angestellten Vorteile hat, sondern auch für die Arbeitgeber, beweist eine kürzlich veröffentlichte DIW-Studie. Die Rechtslage bleibt aber nach wie vor eine Herausforderung.
Der Trend zu mehr Flexibilisierung und individuelleren Arbeitsformen ist mittlerweile auch in Deutschland angekommen. Und obwohl die hiesige Wirtschaft diesbezüglich im Vergleich zu anderen europäischen Ländern noch in den Kinderschuhen steckt, wird das Home Office auch bei uns nach und nach immer mehr zu einer Selbstverständlichkeit. Dass das prinzipiell eine positive Entwicklung ist, beweisen die Zahlen: Mitarbeiter, die im Home Office arbeiten, sparen im Schnitt mehr als vier Stunden pro Woche ein. Zeit, die sonst im Berufsverkehr oder im Zug verschwendet wird, kann so produktiv genutzt werden; entweder für die Arbeit selbst oder aber für mehr Freizeit, Entspannung und Familienzeit – was sich wiederrum positiv auf die körperliche und geistige Gesundheit und damit auch auf die professionelle Leistung auswirkt.
Mehr Produktivität im Home Office
Dennoch bevorzugen es die meisten Chefs nach wie vor, ihre Angestellten im Büro und damit unter Aufsicht zu haben. Grund dafür ist meist die weit verbreitete Annahme, dass die Mitarbeiter zuhause weniger effektiv arbeiten, mehr Ablenkungen ausgesetzt sind und durch die fehlende Kontrolle und flexiblen Arbeitszeiten insgesamt weniger leisten. Dabei ist in der Regel genau das Gegenteil der Fall; laut der aktuellen DIW-Studie leisten Mitarbeiter, die im Home Office arbeiten, fast doppelt so viele Überstunden wie ihre Kollegen, die nach wie vor aus dem Büro heraus arbeiten. Da Störfaktoren wie Streitereien oder Konkurrenzkämpfe unter Mitarbeitern am heimischen Schreibtisch ebenfalls kein Thema sind, arbeiten Angestellte im Home Office oft sogar entspannter und effektiver und leisten so insgesamt mehr. Besonders geschätzt wird die Heimarbeit vor allem von Familien mit kleinen Kindern, deren Alltag durch die erhöhte Flexibilität erheblich erleichtert und stressfreier wird.
Was Unternehmen rechtlich beachten müssen
Mit zunehmender Bekanntheit dieser Fakten schwindet auch der Widerwille der Unternehmer gegen das Home Office. Doch was müssen deutsche Betriebe beachten, wenn sie ihren Angestellten die Arbeit von Zuhause aus erlauben wollen? Auf diesem Gebiet gibt es nämlich zahlreiche rechtliche Fallstricke, die man auf jeden Fall vorher abklären sollte. Um Unternehmer in dieser Hinsicht zu unterstützen, hat das Bonner Beratungsunternehmen DHPG Mitte Juni eine Veranstaltungsreihe mit dem Titel „Chef, ich möchte von zu Hause arbeiten“ ins Leben gerufen, in deren Rahmen es andere Betriebe zur rechtssicheren Gestaltung von Heimarbeitsplätzen beriet. Aus dieser Veranstaltung entstand die 6-Punkte-Checkliste von DHPG-Rechtsanwältin Anja Branz, welche die wichtigsten juristischen Fakten rund ums Home Office zusammenfasst.
1.) Kein existierender Rechtsanspruch
In Deutschland haben Angestellte keinen Rechtsanspruch auf die Arbeit im Home Office – im Gegensatz zu anderen Ländern wie zum Beispiel den Niederlanden, wo dieses seit letztem Jahr eingeklagt werden kann. Gewährt der Arbeitgeber das Home Office, lassen sich daraus ebenfalls keine zukünftigen Ansprüche ableiten. Die Erlaubnis kann jederzeit durch eine Vertragsänderung widerrufen werden.
2.) Geltendes Arbeitsrecht beachten
Auch Zuhause dürfen Angestellte nicht mehr als acht Stunden pro Tag arbeiten und müssen die festgelegten Pausen- und Ruhezeiten einhalten. Um sich rechtlich abzusichern, sollten die Mitarbeiter am besten dazu verpflichtet werden, ihre Arbeitszeiten detailliert zu dokumentieren.
3.) Konkrete Vertragszusätze einbauen
Um auf Nummer sicher zu gehen, sollten alle zusätzlichen, das Home Office betreffende Vereinbarungen schriftlich festgehalten werden. Dazu gehört zum Beispiel die Ausgestaltung der Arbeit. So kann sichergestellt werden, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer das gleiche Verständnis und die gleiche Erwartungshaltung haben.
4.) Mitarbeiterschutz umsetzen
Was im Büro gilt, muss auch am heimischen Arbeitsplatz gelten. Dementsprechend muss die Ausstattung des Home Offices dem gängigen Arbeitsschutzgesetz entsprechen. Das legt zum Beispiel fest, welche Möbel für die Einrichtung des Arbeitsplatzes zulässig sind. Um sich abzusichern, sollten sich Arbeitgeber vertraglich das Recht sichern, den Heimarbeitsplatz in regelmäßigen Abständen zu inspizieren.
5.) Datenschutz sicherstellen
Wenn Mitarbeiter zuhause mit sensiblen betrieblichen Daten hantieren, sollten bestimmte Schutzmaßnahmen getroffen werden, um Missbrauch durch Dritte vorzubeugen. So muss zum Beispiel sichergestellt werden, dass andere Mitglieder des Haushalts nicht auf Daten zugreifen können und dass diese nur mit einer Verschlüsselung eingesehen werden können.
6.) Kosten für Arbeitsmittel
Auch bei der Heimarbeit ist der Arbeitgeber verpflichtet, seinen Angestellten die notwendigen Arbeitsmittel auf seine Kosten zu stellen. Da es hier leicht zu Uneinigkeiten in puncto Haftung kommen kann, sollte man entsprechende Szenarien wie zum Beispiel eine Beschädigung der Arbeitsmaterialien, auf jeden Fall vertraglich festhalten. Da Dritte in diesem Fall ausgeschlossen sind, empfiehlt es sich für den Arbeitnehmer, eine zusätzliche Versicherung abzuschließen.
Quelle: handelsblatt.de