Gestern haben wir an dieser Stelle gezeigt, wie einfach scheinbar komplexe Aufgabengestaltungen sein können. Der sogenannte Deckungsbeitragsumsatzfaktor, auch als DBUF bekannt, eignet sich besonders gur für Klausuren-Knaller aller Art, weil er vergleichsweise unbekannt und in der Praxis wenig verwendet ist. Natürlich bedeutet das für alle, denen eine Kammerprüfung in den Augen brennt, daß sie sich mit dem DBUF besonders auseinandersetzen müssen. Fangfragen aller Art sind hier besonders wahrscheinlich, und besonders gefährlich.
In dem gestrigen Einführungsbeispiel sind wir von den nachfolgenden Zahlen eines produzierenden Unternehmens ausgegangen, wobei lineare Kostenverläufe ausdrücklich angenommen wurden. Die Fixkosten betragen 1.200.000 Euro. Für vier Produkte sind die folgenden Zahlen bekannt:
Produkt | Umsatz | Deckungsbeitrag | Auslastung |
A | 600.000 € | 200.000 € | 20% |
B | 400.000 € | 250.000 € | 20% |
C | 280.000 € | 120.000 € | 15% |
D | 720.000 € | 390.000 € | 25% |
Summe | 2.000.000 € | 960.000 € | 80% |
Ein Mindestumsatz sollte berechnet werden. Wir haben erkannt, daß dieser Mindestumsatz nichts als einfach ein Break Even Punkt ist, also die erste Falle schon in der unüblichen Benennung eines eigentlich weithin bekannten Sachverhaltes liegen kann. Wir haben ferner dargestellt, daß man den Break Even Umsatz einfach dadurch ermitteln kann, daß man zunächst die Summe der Deckungsbeiträge durch den Umsatz dividiert (DBUF = 0,48), und dann die Fixkosten durch den DBUF teilt. Das Ergebnis ist der Break Even Umsatz in Höhe von 2,5 Mio. Euro. Das ist aber noch nicht das Ende der Fahnenstange.
In der heutigen Fortsetzung des Beispieles legen wir zugrunde, daß der Unternehmer mit dem zuvor erzielten Ergebnis unzufrieden sei. Er plant zwei mögliche Alternativen, den Betrieb besser auszulasten. Beispielsweise könnten strategische Partnerschaften mit Großabnehmern oder sortimentspolitische Entscheidungen getroffen werden. Das erhöht die Auslastung des Produktionsapparates auf insgesamt 100%. Für diese beiden Alternativen sind die folgenden Zahlen bekannt:
Produkt | Alternative I | Alternative II | ||
Umsatz | Auslastung | Umsatz | Auslastung | |
A | 750.000 € | 25% | 1.200.000 € | 40% |
B | 300.000 € | 15% | 200.000 € | 10% |
C | 560.000 € | 30% | 280.000 € | 15% |
D | 864.000 € | 30% | 1.008.000 € | 35% |
Summe | 2.474.000 € | 100% | 2.688.000 € | 100% |
Die Aufgabe bestehe nun darin, die beiden Alternativen begründet zu vergleichen und eine aus den vorstehenden Zahlen herzuleitende Aufwahlempfehlung abzugeben. Die Fixkosten bleiben unverändert bei 1.200.000 Euro pro Periode. Wie zum Teufel kann man jetzt aber für eine der Alternativen entscheiden?
Zunächst muß klar sein, daß dies keine Engpaß-Rechnung ist, und auch die Simplex-Methode nicht anwendbar ist. Für beides bräuchte man ja Beschränkungen und Verbrauchsdaten. Diese fehlen aber. Eine Lösung muß also im Rahmen der DBUF-Rechnung möglich sein. Hier denken wir zunächst wieder an die linearen Kostenverläufe, die ja ausdrücklich zugrundegelegt werden sollten. Das bedeutet, daß aufgrund der unterschiedlichen Auslastung für die einzelnen Produkte auch der DB der einzelnen Produkte bestimmt werden kann:
Produkt | Alternative I | Alternative II | ||||
Umsatz | Auslastung | Deckungsbeitrag | Umsatz | Auslastung | Deckungsbeitrag | |
A | 750.000 € | 25% | 250.000 € | 1.200.000 € | 40% | 400.000 € |
B | 300.000 € | 15% | 187.500 € | 200.000 € | 10% | 125.000 € |
C | 560.000 € | 30% | 240.000 € | 280.000 € | 15% | 120.000 € |
D | 864.000 € | 30% | 468.000 € | 1.008.000 € | 35% | 546.000 € |
Summe | 2.474.000 € | 100% | 1.145.500 € | 2.688.000 € | 100% | 1.191.000 € |
Die Sache reduziert sich also allen Ernstes auf acht Dreisatzrechnungen, also nichts, was vorgängig zu Prüfungsangt berechtigen würde. Wer das erkennt sieht, daß jetzt im Prinzip zwei Mal dieselbe Datenlage vorliegt wie gestern im einführenden Beispiel. Man kann die beiden Alternativen also ebenfalls mit dem DBUF vergleichen.
Für Alternative I kommt man dabei auf DBUF = 0,46301536 und damit einen Break Even Umsatz von 2.591.706,68 Euro. Bei Alternative II gilt DBUF = 0,443080357 und Xmin = 2.708.312,34 Euro. Wählt die Geschäftsleitung also Alternative I, so ist der Break Even Punkt früher zu erreichen und das danach zu erwartende Gewinnpotential ist größer. Es sollte also aufgrund der DBUF-Rechnung die Alternative I empfohlen werden.
Das ist, was wir unter einer "guten" Prüfungsfrage verstehen: die zugrundeliegenden Gesetzmäßigkeiten wie die linearen Kostenverläufe und die Abgrenzung der variablen- von den Fixkosten werden zugrundegelegt. Sie sollen aber nicht auswendig gelernt, sondern vertieft verstanden und verinnerlicht werden, so daß der Prüfungsteilnehmer sie im übertragenen Sinne anwenden kann. Es kommt nicht (nur) auf Wissen und Können, sondern auch auf Erkennen an. Das aber ist genau die Kompetenz, über die man verfügen muß, wenn man später in einem wirklichen Betrieb kreative Lösungen entwickeln und damit einen Wettbewerbsvorteil erringen will.
Links zum Thema: DBUF-Rechnung: mit einfachen Sachen Freude machen… | DBUF: Der Heilige Gral der Break Even Rechnung | Break Even Rechnung: noch ein Klausuren-Knaller | Knallharte Prüfungsfragen zur Break Even Rechnung, Teil 1 von 3 | Teil 2-3 | Teil 3-3 | Schwierige Aufgabengestaltungen: wieder mal die Break Even Rechnung | Break Even, Umsatzrentabilität und andere Prüfungsknaller (interne Links)
Literatur: Zingel, Harry, "Kosten- und Leistungsrechnung", Weinheim 2008, ISBN 978-3-527-50388-9, Amazon.de | BOL. Auf der BWL-CD ohne Mehrkosten enthalten.