BilMoG: vom Ende der Maßgeblichkeit

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Mit der Bilanzrechtsmodernisierung entfällt auch der seit Jahrzehnten liebevoll gepflegte Maßgeblichkeitsgrundsatz, und mit ihm der Schrecken jeder Bilanzbuchhalterprüfung. Diese deutsche bilanzrechtliche Besonderheit war schon lange nicht mehr zeitgemäß. Die scheinbar kleine Änderung in §254 HGB (und §5 Abs. 1 EStG) ist jedoch von grundlegender Bedeutung und hat weitreichende Konsequenzen.

So galt bisher der Grundsatz, daß steuerliche Abschreibungsvorschriften auch handelsrechtlich anwendbar seien (Maßgeblichkeit), und daß die handelsrechtlichen Grundsätze der ordnungsgemäßen Buchführung auch steuerlich anwendbar wären (umgekehrte Maßgeblichkeit). Das war einst darauf angelegt, eine steuer- wie handelsrechtlichen Vorschriften gleichermaßen genügende Einheitsbilanz zu ermöglichen. Spätestens seit Schröders großer Teuerreform von 1999 haben sich aber so viele steuer- und handelsrechtliche Vorschriften direkt widersprochen, daß die Maßgeblichkeit nicht mehr das Papier wert war, auf dem sie geschrieben stand. Die schlußendliche Abschaffung des längst nicht mehr zeitgemäßen Grundsatzes war also längst überfällig.

Das aber hat tiefgreifende Konsequenzen. So war die handelsrechtliche Gewinn- und Verlustrechnung oft von steuerlichen Motiven verzerrt. Damit ist jetzt Schluß, denn steuerliche Abschreibungsvorschriften sind handelsrechtlich nicht mehr relevant. Damit wird der handelsrechtliche Ausweis realitätsnaher und aussagekräftiger. Abschreibungsmethoden wie die digitale Abschreibung, die steuerrechtlich unzulässig sind, können jetzt handelsrechtlich angewandt werden. Die wirkliche (und nicht die in den amtlichen AfA-Tabellen normierte fiktive) Nutzungsdauer kann jetzt handelsrechtlich zugrundegelegt werden.

Eine Einheitsbilanz bleibt dennoch zulässig und möglich. So dürfen selbstgeschaffene immaterielle Vermögenswerte handelsrechtlichaktiviert werden (§248 Abs. 2 HGB), aber steuerrechtlich bleibt es beim bisherigen Verbot (§5 Abs. 2 EStG). Die Ausübung dieses neuen handelsrechtlichen Wahlrechtes entscheidet also diesbezüglich über die Möglichkeit einer Einheitsbilanzierung. Die neue Pflicht, Gemeinkosten bei der Aktivierung der Herstellungskosten handelsrechtlich einzubeziehen, gleicht das Handelsrecht dem Steuerrecht an. Und das ganz ohne Maßgeblichkeit!

Bleiben dennoch unterschiedliche Bewertungen zurück, so entstehen latente Steuern. Die werden jetzt aber nicht mehr in der Rechnungsabgrenzung oder in den Rückstellungen versteckt, sondern in separaten Bilanzpositionen ausgewiesen, die dem Bilanzgliederungsschema hinzugefügt wurden. Auch in dieser Hinsicht wird die Bilanz jetzt also aussagekräftiger und klarer. Der Informationsnutzen für den Abschlußleser ist jetzt das oberste Prinzip, und nicht mehr die den Überblick über die Lage der Unternehmung verschleiernde Vorsicht. Die handelsrechtliche Bilanz nähert sich damit internationalen Standards an, und das war schon lange überfällig.

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Links zum ThemaBilMoG: Gesamtübersicht über die Neuregelungen | Amtliche AfA-Tabellen | BilMoG: Neuregelung der Bilanzierung der immateriellen Vermögensgegenstände | Internationales Rechnungswesen: Was sind eigentlich latente Steuern? |BilMoG: die Neuregelung der Bilanzgliederung (interne Links)

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