Während also die Prüfungssaison dieses Herbstes beginnt, und die Teilnehmer sich allenthalben auf neue Kammer-Knallschoten freuen, hat der BWL-Bote nach Abschluß aller Vorbereitungsseminare nichts mehr zu tun als an einem neuen Buch zu schreiben. Solcherart unvollständig ausgelastet denken wir über Sinn und Unsinn der Kammerprüfungen nach, und wieder mal über Qualitätsmanagement.
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Daß es an Qualität in den Prüfungen fehlt, wurde an dieser Stelle ja schon oft genug dargestellt. Leider fehlt es auch oft genug an der Qualität der Lehrgangsveranstalter: unqualifizierte Kurzseminare trotz schwerer werdender Prüfungen, Kinderlernmethoden in der Erwachsenenbildung oder gar ein krimineller Prüfer (!) bei einer bestimmten Kammer, an diesbezüglichen unschönen Details fehlt es nicht. Jeder ordentliche Rechts- und Markeninhaber hätte längst mit solchen Mißständen gründlich aufgeräumt, aber die Kammern tun es nicht. Warum?
So haben wir spekuliert, daß es den Industrie- und Handelskammern am Marketing fehlt, was vielleicht mit einem noch immer gepflegten Behördentrott und/oder mit den Vorteilen der Sonderstellung der Kammern zu tun hat. Die Kammern könnten diesen Trumpf ausspielen, tun es aber nicht. Universitäten werden besser und private Schulen akkreditieren sich, aber die Kammern lassen nach. Die Klagen ihrer Teilnehmer im Forum für Betriebswirtschaft häufen sich, und scheinen leider nur allzuoft berechtigt. Qualifizierte Reaktionen der Kammern stehen indes noch immer aus, obwohl ich mich als Forengastgeber in solchen Fällen stets neutral verhalte. Das alles läßt leider eher unvorteilhafte Schlüsse zu.
So kassieren die Kammern ungefähr zwischen 3.000 und 4.000 Euro für eine Zweijahresveranstaltung mit ca. 700 bis 800 Unterrichtsstunden, und dann nochmal einige hundert Euro zusätzlich pro Kopf und Prüfung. Das, so scheint es, ist für die Bildungsstrategen der Kammern noch immer kein lohnendes Geschäft. Verdient man mehr mit den Sachkundelehrgängen für das Bewachergewerbe, die nämlich vorgeschrieben sind, oder mit Existenzgründerveranstaltungen? Hat man das Denken in Deckungsbeitragsbegriffen noch nicht begriffen?
Interessant ist auch die Frage, ob ein Prüfungserfolg überhaupt gewünscht wird. Fallen die Teilnehmer nämlich durch, dann kassieren die Kammern für den zweiten Versuch erneut, und bei neuerlichem Scheitern u.U. noch ein drittes Mal. Mit ein wenig Böswilligkeit, oder je nach Standpunkt ein wenig scheuklappenfreiem Realismus, könnte man also vermuten, daß solche Einkünfte den Kammern recht gelegen kommen, zumal sie kein Monopol auf Lehrgänge haben, sehr wohl aber eines auf Prüfungen. Schlechte Bildungsträger und betrügerische Lehrgangsveranstalter mit Lehrplänen voller Löcher und lächerlichen Lehrmethoden aus dem Kindergarten könnten den Kammern also in Wirklichkeit ganz gut in den Kram passen – zumal die Bezahlung der Ausschußarbeit nach wie vor minimal ist.
Es hat immer mehr den Anschein, daß Qualität sich wieder einmal nur auf Dokumentation beschränkt, und nicht auf die Kundenbedürfnisse. Das allerdings ist weder eine neue noch eine unerwartete Erfahrung, die zu machen man sich freilich keiner IHK-Prüfung zu unterziehen braucht. Das könnte man anderswo viel günstiger und viel schneller haben.
Links zum Thema: Industrie- und Handelskammer: Marketing ist nicht alles… | Der olle Willi, oder was die IHK besser kann als eine Universität | Forum für Betriebswirtschaft | Der Bote, das Forum und die Kämmerlinge, oder über unprofessionelle Reaktionen auf Kundenbeschwerden | Prüfungsausschüsse: kostenlos oder umsonst? (interne Links)