Abschlußprüfung und Offenlegung: Was ist eigentlich der »Sarbanes-Oxley-Act«?

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Unternehmenskrisen namhafter Unternehmen haben nicht nur ein zweifelhaftes Licht auf die Stabilität der Wirtschaft geworfen, sondern auch eine Diskussion über neue Vorschriften für die Unternehmensführung ausgelöst. Eine deutsche Neuregelung ist zum Beispiel der Corporate Governance Kodex. Auch die Neuregelungen zur Bilanzkontrolle und zur Person des Abschlußprüfers ab 2005 gehören in diese Richtung. Das US-amerikanische Pendant zu solchen Neuregelungen ist der unter dem Eindruck der spektakulären Unternehmenszusammenbrüche von Enron, Worldcom, Xerox und Qwest am 25.07.2002 vom Kongreß verabschiedete und am 30. Juli 2002 von G.W. Bush unterzeichnete Sarbanes-Oxley-Act. Was aber bedeutet dieses Gesetz für europäische Unternehmen?

Benannt wurde das Gesetz nach seinen beiden Verfassern, dem Senator Paul S. Sarbanes (Demokraten) und dem Abgeordneten Michael Oxley (Republikaner). Ziel des Gesetzes ist es, wie auch im Falle des deutschen Corporate Governance Kodex, das Vertrauen der Anleger in die Richtigkeit der veröffentlichten Finanzdaten von Unternehmen wiederherzustellen. Das Gesetz gilt für US-Unternehmen, ihre ausländischen Tochtergesellschaften sowie für ausländische Unternehmen, die in den USA tätig und an US-Börsen gelistet sind. Es ist also, obwohl es nicht zum deutschen Recht gehört, auch für eine Reihe deutscher Unternehmen relevant.

Der Sarbanes-Oxley-Act betrifft verschiedene Aspekte der Corporate Governance, Compliance und der Berichterstattungspflichten von Publikumsgesellschaften sowie der damit zusammenhängenden Durchsetzung. Insbesondere legte er ein neues aufsichtsrechtliches System für Wirtschaftsprüfungsgesellschaften fest, die Unternehmen prüfen, welche von Gesetzes wegen verpflichtet sind, bei der Securities and Exchange Commission (SEC) Abschlüsse und sonstige Berichte einzureichen. Dies entspricht ungefähr der deutschen Bilanzkontrolle.

Wichtige Inhalte sind im einzelnen:

 

  • Bestätigung der Ordnungsmäßigkeit der Abschlüsse (ähnlich einer eidesstattlichen Erklärung) durch die Geschäftsleitung;
  • Rückzahlung erfolgsabhängiger Vergütungen durch Mitglieder der Geschäftsleitung, wenn bei unrichtigen Abschlüssen nachträgliche Korrekturen erforderlich werden;
  • Verbot der Darlehensgewährung an das Management;
  • Verschärfte Vorschriften zur Unabhängigkeit der Mitglieder des Audit Committees, die personell von den geprüften Unternehmen tiefgreifend getrennt sein müssen, um Befangenheit zu vermindern;
  • Verpflichtung des Audit Committees, Dienstleistungen des Abschlußprüfers, die keine eigentlichen Prüfungsaufgaben sind, zu genehmigen, um Korruption und Vetternwirtschaft zu verhindern;
  • Verbot der Erbringung prüfungsnaher Dienstleistungen bzw. Nicht-Prüfungsleistungen neben der Abschlußprüfung durch den gewählten Abschlußprüfer;
  • Verpflichtung des Abschlußprüfers, das Audit Committee über kritische Vorgänge und Alternativvorschläge im Bereich der Rechnungslegung zu informieren;
  • Schaffung einer neuen und unabhängigen Aufsichtsbehörde über die Wirtschaftsprüfer, des Public Company Accounting Oversight Boards (PCAOB), mit weitreichenden Überwachungsrechten;
  • Regelungen zur Unabhängigkeit und verschärften Haftung von Wirtschaftsprüfern (Rotation der Audit Partner, Interessenskonflikte, etc.);
  • Neuregelung der Verantwortlichkeiten von Managern des börsennotierten Unternehmens;
  • Erweiterte finanzielle Offenlegungspflichten (z.B. über das interne Kontrollsystem);
  • Verschärfung der Strafvorschriften.

Eine Vielzahl von Methoden, die schon zuvor als Best-Practice-Regelung galten, sind durch den Sarbanes-Oxley-Act für alle Unternehmen verbindlich geworden. Insbesondere das Risikomanagement-System und Einrichtungen zur internen Kontrolle und Berichterstattung haben von der Neuregelung eine Vielzahl von Anregungen und Erweiterungen erhalten.

Problematisch sind Rechtskonflikte, die sich mit einigen nationalen Rechtssystemen außerhalb der USA ergeben. Da Unternehmen, die in den USA tätig sind dem Sarbanes-Oxley-Act zwingend unterliegen, zugleich aber auch die Rechtsvorschriften anderer Tätigkeitsgebiete anwenden müssen, können solche Rechtskonflikte zu unlösbaren Problemen führen. So sieht der Sarbanes-Oxley Act beispielsweise die Individualhaftung von Vorstandsmitgliedern vor, die im deutschen Recht (noch) nicht verankert ist. Darüber hinaus verlangt der Sarbanes-Oxley Act z.T. von Rechtsanwälten Handlungen und Verhaltensweisen, die in Deutschland als Parteiverrat oder Bruch der Verschwiegenheitspflicht zu standes- oder gar strafrechtlichen Sanktionen führen können

Schon durch die große wirtschaftliche Macht amerikanischer Unternehmen ist der Sarbanes-Oxley-Act indirekt auch für eine Vielzahl anderer Staaten von Bedeutung, ohne dort aber geltendes Recht zu sein. Ähnliche Erfahrungen mit Bilanzskandalen (z.B. Comroad, Flowtex) haben auch in Deutschland zu restriktiveren Regelungen hinsichtlich der à Bilanzkontrolle geführt, die Anfang 2005 im Zusammenhang mit der erweiterten Einführung der internationalen Rechnungslegung in Kraft traten. Die Erweiterung der Risikoberichterstattung im Lagebericht und die Offenlegung der Management-Entgelte im Anhang sind dem Sarbanes-Oxley-Act parallele aber vielfach noch "mildere" Neuregelungen in Deutschland.

Auf europäischer Ebene könnten der "Report of the High Level Group of Company Law Experts on an Modern Regulatory Framework for Company Law in Europe" vom 04.11.2002, der sogenannte "Winter-Report", und die "EU-Empfehlungen zur Unabhängigkeit des Abschlußprüfers" vom 16.05.2002 zu entsprechenden weiteren und schärferen Neuregelungen führen.

Grundsätzliche Kritiken richten sich auf die durch den Sarbanes-Oxley-Act zum Teil erheblich gestiegenen Kosten der Abschlußerstellung und die mit dieser Neuregelung verbundene Überreglementierung. Anstatt die Bedingungen zu verbessern, werden die Kontrollen verschärft. In diesem Zusammenhang wird oft übersehen, daß einer der wesentlichen Gründe für den Zusammenbruch von Enron der Emissionshandel war, auf den sich dieses Unternehmen bereits eingestellt hatte, der dann aber in den USA doch nicht in Kraft getreten war. Schärfere Überwachung und Gängelung der Wirtschaft liegt jedoch im Trend, anscheinend nicht nur in Europa.

Links zum Thema: Deutscher Corporate Governance Kodex erschienen | Neuregelungen zur Person des Abschlußprüfers | Das neue Bilanzkontrollverfahren ab 2005 | Moskau ratifiziert Kyoto: Ein Ausblick | Neidgesetz: Das Vorstandsvergütungs-Offenlegungsgesetz tritt in Kraft | Bilanzrecht: Unternehmensplanung als Rechtspflicht? (interne Links)

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