Anfang Januar tritt das neue Rechtsdienstleistungsgesetz in Kraft, das von vielen sehnlichst erwartet ein Ende des Abmahnwahnes bringen sollte. Bisher nämlich sind Rechtsdienstleistungen nur Rechtsanwälten und Steuerberatern erlaubt. Forenbetreiber, die ihren Usern konkrete Antworten gaben, fingen sich dafür oft kein Dankeschön, sondern eine teure Abmahnung. Das allerdings dürfte auch in Zukunft so bleiben, denn die Neuregelung ist fast genauso restriktiv wie die bisherige Rechtslage. Wieder eine Liberalisierung, die im Rohr steckengeblieben ist:
Rechtsdienstleistung im Sinne des neuen Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG) ist jede Tätigkeit im Rahmen einer konkreten fremden Rechtssache, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalles erfordert (§2 Abs. 2 RDG). Zu den Rechtsdienstleistungen gehören neben der eigentlichen Rechtsberatung auch andere Dienstleistungen wie das Stellen von Anträgen oder Abgeben oder Entgegennehmen von Willenserklärungen für Dritte. Im Zusammenhang mit dem Steuerrecht ist die Befugnis zur Rechtsberatung insbesondere auch weiterhin im Steuerberatergesetz geregelt.
Ausdrücklich nicht zu den Rechtsdienstleistungen gehören gemäß §2 Abs. 3 RDG
- Die Erstattung wissenschaftlicher Gutachten,
- die Tätigkeit von Einigungs- und Schlichtungsstellen, Schiedrichtern usw.,
- die Erörterung der die Beschäftigten berührenden Rechtsfragen mit ihren gewählten Interessenvertretern z.B. bei einer Gewerkschaft oder im Betriebsrat einer Unternehmung,
- Mediation und vergleichbare Formen der alternativen Streitbeilegung,
- an die Allgemeinheit gerichtete Darstellung und Erörterung von Rechtsfragen und Rechtsfällen in den Medien wie z.B. in der vorliegenden Seite sowie
- die Erledigung von Rechtsangelegenheiten innerhalb verbundener Unternehmen.
Grundsätzlich gilt weiterhin ein Verbot der Erbringung von Rechtsdienstleistungen soweit diese nicht im RDG oder einer anderen Rechtsquelle ausdrücklich gestattet sind. Rechtsdienstleistungen, die unmittelbaren Einfluß auf die Erfüllung einer anderen Leistungspflicht haben, sind generell verboten. Dies soll Korruption und Vetternwirtschaft verhindern. §5 RDG enthält aber eine Zahl von Ausnahmen, z.B. Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit der Testamentsvollstreckung, im Bereich der Haus- und Wohnungsverwaltung oder der Fördermittelberatung. Dort sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit anderen Tätigkeiten üblich und unbedenklich.
Anders als im früheren Rechtsberatungsgesetz sind Rechtsdienstleistungen jetzt im Prinzip durch jedermann gestattet. Gemäß §10 RDG kann man sich hierzu registrieren lassen. Besondere Sachkunde, keine Vorstrafen, geordnete Vermögensverhältnisse und Zuverlässigkeit sind eine Voraussetzung der Registrierung (§12 RDG). Über die solcherart registrierten Rechtsdienstleister wird ein Rechtsdienstleistungsregister geführt (Teil 4 des RDG).
Auch nichtregistrierten Personen sind Rechtsdienstleistungen erlaubt, die allerdings unendgeltlich sein müssen (§6 RDG). Das könnte beispielsweise auf Ratschläge in Internetforen oder per eMail zutreffen, wenn diese kostenlos bleiben (was bei Foren häufig der Fall ist). Voraussetzung ist aber ferner, daß die unentgeltliche Rechtsdienstleistung von einer Person mit der Befähigung zum Richteramt oder unter Anleitung einer Person mit dieser Befähigung erbracht wird. Die Befähigung zum Richteramt wird in Deutschland aber durch ein rechtswissenschaftliches Studium an einer Universität, das mit dem ersten Staatsexamen abgeschlossen wird, und dem Vorbereitungsdienst, der mit dem zweiten Staatsexamen abgeschlossen wird, erworben (§5 DRiG). Die scheinbar liberale Regelung des §6 RDG, die unentgeltliche Rechtsdienstleistungen zu gestatten scheint, ist also in Wirklichkeit sehr restriktiv, denn nur wenige Juristen verfügen über die Befähigung zum Richteramt – und die, die darüber verfügen, werden kaum in Internetforen kostenlos Fragen beantworten.
Forenbetreiber, die ihren Usern konkrete Rechtsfragen beantworten, begeben sich also nach wie vor in die Gefahr, gegen geltendes Recht zu verstoßen und hierfür mit einer Geldbuße bis zu 5.000 Euro belegt zu werden (§20 RDG).
Formelles Hauptmotiv des Gesetzgebers für diese nach wie vor strenge Regelung ist offensichtlich der Gedanke der Qualitätssicherung und der Gefahrenabwehr, wobei der Einfluß der Juristen auf den Gesetzgebungsprozeß vermutet werden darf. Kein Wunder also, daß die Liberalisierung des Rechtsberatungsrechts im Rohr steckengeblieben ist: faktisch bleibt es nämlich, bis auf wenige Ausnahmefälle, beim schon lange bestehenden Verbot der Rechtsdienstleistungen durch "Unbefugte". Autohäuser können also weiterhin ihre Kunden nicht in verkehrs- und versicherungsrechtlichen Fragen beraten, Ärzten ihren Patienten keinen Rechtsrat im Kampf mit der Versicherung geben. Und Forenbetreiber bleiben auf der Abschußliste abzockender Abmahnanwälte. Das ist schade,aber nunmal typisch deutsch.
Unentgeltliche Rechtsdienstleistungen innerhalb der Familie oder im Bereich anderer "enger persönlicher Beziehungen" (§6 Abs. 2 Satz 1 RDG) sind nach wie vor zulässig. Das Gesetz definiert aber den Bereich der "engen persönlichen Beziehungen" nicht näher, so daß dies ggfs. Anlaß zu Streitigkeiten werden könnte.
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