Schon am 15.02.2004 berichteten wir über die Zinsinfo-Verordnung (ZIV) vom 26.01.2004 (BGBl. I S. 128) über die Offenlegung von Zinserträgen innerhalb der Europäischen Union, was faktisch einer endgültigen Aufhebung des in Deutschland ohnehin schon verlorengegangenen Bankgeheimnisses nach §30a AO auch auf internationaler Ebene gleichkommt. Nachdem schon im April dieses Jahres §24c KWG mit der Offenlegung der Kontendaten praktisch allen Behörden gegenüber in Kraft getreten ist, können die amtlichen Schnüffler nun auch Fluchtgroschen im EU-Ausland problemlos finden, denn die damals beschlossene ZIV tritt am 1. Juli in Kraft – nachdem sich die damalige Empörung über die Neuregelung wohl etwas gelegt hat.
Zum Glück hat die Zinsrichtlinie Lücken, und zwar sachliche wie geographische. So sind zunächst nur Zinserträge erfaßt, etwa aus Spareinlagen und Festgeldanlagen, Erträge aus Schuldverschreibungen und Anleihen aber auch die Erträge aus der Rückzahlung von Nullkupon-Anleihen (Zerobonds) und sogenannten Finanzinnovationen. Nicht meldepflichtig sind aber bis 2010 alte Anleihen, die vor dem 1. März 2001 begeben wurden. Investmentfonds sind nur betroffen, wenn mehr als 15% des Fondsvermögens in zinstragenden Papieren (z.B. Anleihen, Obligationen) investiert sind; hat der Fonds mehr als 40% in Zinspapiere investiert, sind auch die Veräußerungserlöse meldepflichtig. Immobilienfonds sind daher beispielsweise von der ZIV ausgenommen.
Interessanter sind u.U. die geographischen Lücken: so hat Österreich erklärt, nicht an der ZIV teilzunehmen, bis die Schweiz das tut. Was aber derzeit nicht absehbar ist. Österreichische Banken reiben sich daher gegenwärtig die Hände und legen Extra-Öffnungszeiten für deutsche Steuerflüchtlinge ein, was wiederum die Dienstzeiten deutscher Zöllner auf wahrlich internationales Niveau gehoben har, denn man versucht natürlich, Bargeld-Flüchtlinge vor der Grenze abzufangen, und anders als mit einer Bareinzahlung ist eine sachgerechte Flucht vor dem Fiskus ohnehin nicht zu bewerkstelligen: mehrere deutsche Großbanken, die ihren Kunden zu Überweisungen von Fluchtgeldern in die Schweiz geraten haben, sind schon wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung drangekommen. Das dürfte jetzt auch für „auffällige“ Transaktionen mit Österreich gelten.
Auch die Steuerfreiheit privater Spekulationsgeschäfte nach §23 Abs. 1 EStG wird von der ZIV nicht berührt, was an sich Grund genug zu weiterer Empörung wäre, denn der Kleinsparer, der Geld auf einem ausländischen Konto vor dem Zugriff der Behörden sicher wähnte, kann jetzt wegen Steuerhinterziehung drankommen; wer aber in großem Stil in Wertpapieren oder Immobilien spekuliert, und sich an die Frist des §23 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG hält, ist mit dem Spekulationsgewinn, der viel höher als ein Zinsgewinn sein kann, völlig steuerfrei. So sozial ist Rot-Grün! Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG ist das aber natürlich nicht, nein, wo kämen wir den da hin…
Inwieweit das Sparen in Geld ohnehin noch sinnvoll ist, muß freilich jeder für sich ausmachen, und zwar aus Zins- wie aus strategischen Gründen. So ist bekannt, daß die Zinsen derzeit eher niedrig sind, und zwar die Guthabenzinsen noch niedriger als die Schuldzinsen. Ob der Fluchtsparer damit wenigstens die Euroflation wettmacht, kann daher ebenso bezweifelt werden wie daß die Vorsorge in Geld überhaupt noch lohnt, und das meint nicht nur den konfiskatorischen Zugriff von räuberischen Zwangsversicherungen: Daß man nämlich demnächst „intelligente“ Banknoten mit RFID-Chip ausgeben will, die sich durch Funksignale verraten, kann so gedeutet werden, daß man auch die inzwischen schon s ehr zahlreichen Bargeldsparer finden will, die die Kontenspionage umgehen wollen – etwa bei der Inspektion der Wohnung durch einen Hartz-IV-Kontrolleur. Dennoch sind die Deutschen Rekordsparer, worauf die die zahlreichen neuen Schnüffelvorschriften der letzten Zeit ganz offensichtlich zielen. Es könnte aber besser sein, sich nicht so zu verhalten wie die Masse es tut.
Links zum Thema: Zinsinformationsverordnung: Völlige Aufhebung des Bankgeheimnisses bei Zinserträgen | Bürgerliche Freiheiten: Was kommt nach der Kontenspionage? | Zwangssozialbeiträge auf Direktversicherungen: Massive Kürzung durch die Hintertür | Neue Banknoten: Will man jetzt auch die Bargeldsparer finden? | Neue Kontrollmöglichkeiten des Schnüffelstaates (interne Links)