Erbschaftsteuerreform: Grundzüge des neuen Erbschaftsteuerrechts

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Erfolgreiches Versterben garantiert bekanntlich noch nicht das ungestörte Vererben; es muß auch das Finanzamt seinen Segen zum Erwerb von Todes wegen erteilen. Fast wäre das wirklich störungsfrei geworden, denn das Bundesverfassungsgericht hat bekanntlich dem Gesetzgeber aufgegeben, bis zum 31.12.2008 eine grundgesetzkonforme Erbschaftsteuerreform zu schaffen. Das hätte der Gesetzgeber fast verpaßt, was wahrlich störungsfreie Erbschaftsvorgänge garantiert hätte – denn die Steuer wäre dann ersatzlos entfallen. Nun gibt es doch eine neue Erbschaftsteuer zum 1. Januar 2009, die wenigstens deutlich höhere Freibeträge aufweist, dafür aber auch ebenso deutlich höhere Steuersätze und viel mehr Bürokratie:

Neben den höheren Freibeträgen bleibt auch selbstgenutzes Wohneigentum erbschaftsteuerfrei. Vererbtes Vermögen wird künftig jedoch zu Verkehrswerten vererbt, was für sich schon eine Steuererhöhung darstellen kann. Auch die Steuersätze für nicht verwandte Erben steigen. Umstritten ist schließlich immer noch die Regelung für den Betriebsübergang: Juristen bezweifeln, daß diese einer erneuten Prüfung durch das Verfassungsgericht standhalten würde.

Neue Freibeträge

Fangen wir mal mit den guten Nachrichten an, nämlich mit den höheren Freibeträgen. Ein Vergleich der alten und der neuen Rechtslage zeigt die teilweise deutlichen Verbesserungen:

 
StKl Persönliche Freibeträge 1996 – 2008 ab 2009
I Nr. 1 Ehegatten 307.000 Euro 500.000 Euro
I Nr. 2 Kinder und Stiefkinder 205.000 Euro 400.000 Euro
I Nr. 3 Enkel
Kinder (Enkel) verstorbener Kinder
51.200 Euro
205.000 Euro
200.000 Euro
400.000 Euro
I Nr. 4 Eltern und Großeltern 51.200 Euro 100.000 Euro
II Die Eltern und Voreltern, soweit sie nicht zur Steuerklasse I gehören, die Geschwister, die Abkömmlinge ersten Grades von Geschwistern, die Stiefeltern, die Schwiegerkinder, die Schwiegereltern, der geschiedene Ehegatte. 10.300 Euro 20.000 Euro
III Übrige 5.200 Euro 20.000 Euro

Neben diesen Grundlegenden Freibeträgen kennt das Erbschaftsteuerrecht noch eine Vielzahl weiterer Freibeträge unterschiedlicher Art. Die meisten wurden nicht verändert:

 
zusätzlich die Versorgungsfreibeträge
(gekürzt um den Kapitalwert einer Hinterbliebenenrente)
StKl Persönliche Freibeträge 1996 – 2008 ab 2009
I Nr. 1 Ehegatten 256.000 Euro 256.000 Euro
I Nr. 2 Kinder
bis 5 Jahre
über 5 bis 10 Jahre
über 10 bis 15 Jahre
über 15 bis 20 Jahre
über 20 bis 27 Jahre
52.000 Euro
41.000 Euro
30.700 Euro
20.500 Euro
10.300 Euro
52.000 Euro
41.000 Euro
30.700 Euro
20.500 Euro
10.300 Euro
Freistellung von Hausrat
I (Alle Verwandschaftsverhältnisse aus StKl I) 41.000 Euro 41.000 Euro
Übrige Alle sonstigen Verwandtschaftsverhältnisse und Steuerklassen 10.300 Euro 12.000 Euro
Freistellung anderer körperlicher Gegenstände
I (Alle Verwandschaftsverhältnisse aus StKl I) 10.300 Euro 12.000 Euro
Sonstige Erbschaftsteuerbefreiungen
Bestattungskosten, mindestens pauschal 10.300 Euro 10.300 Euro
Grundbesitz, Kunstgegenstände und dergleichen, wenn deren Erhaltung im öffentlichen Interesse liegt Ansatz nur 40% Ansatz nur 40%
Freibetrag für erwerbsunfähige Eltern 41.000 Euro 41.000 Euro
Pflege- bzw. Unterhaltsaufwand 5.200 Euro 5.200 Euro
Gelegenheitsgeschenke, Spenden frei frei

Die Zehnjahresregel bleibt bestehen, d.h. die Erbschafts- und Schenkungssteuer wird jeweils auf einen Zehnjahreszeitraum erhoben. Wer nach mehr als zehn Jahren erneut verschenkt, der erhält die Freibeträge erneut. Es ist also nach wie vor sinnvoll, auch wenn das gegen gesellschaftliche Konventionen verstößt, mit potentiellen Erblassern rechtzeitig vor ihrem Erblassen über den künftigen Erbfall zu sprechen – und bei großen Vermögensübertragungen diese scheibchenweise in Zehn-Jahres-Tranchen durchzuführen.

Neue Grundstücksbewertung und Übertragung von Wohneigentum

Die Übertragung von Wohneigentum bleibt bei Erbschaften an Ehegatten erbschaftsteuerfrei, wenn der Erbe die Immobilie zehn weitere Jahre als Erstwohnsitz nutzt. Das gilt unter Ehegatten in jedem Fall, also auch bei einer Millionenvilla. Bei Erbschaften an Kinder gilt das nur, wenn die Wohnfläche 200 m² nicht überschreitet. Für sonstige Immobilien gilt die folgende Regelung:

Grundstücksart Ausgangswert Abschläge Zuschläge
Unbebaute
Grundstücke
bis 2006 Fläche x Bodenrichtwert zum 01.01.1996; ab 2007 Fläche x aktueller Bodenrichtwert 20% keine
Unbebaute
Grundstücke
Durchschnittliche Jahresmiete (Kaltmiete) der letzten 3 Jahre bzw. die übliche Jahresmiete x 12,5 Altersabschlag pro Jahr 0,5% jedoch max. 25% 20% bei Wohngebäuden mit nicht mehr als zwei Wohnungen
Bewertung jedoch mindestens wie für ein vergleichbares unbebautes Grundstück, vgl. oben. In teuren Lagen kommt bei Einfamilienhäusern und kleineren Gebäuden regelmäßig dieser Mindestwert zum Ansatz.
Andere Fälle (z.B. Gewerbefläche) Fläche x Bodenrichtwert zum 01.01.1996 zuzüglich Gebäudewert gemäß Bilanz 30% des Ansatzes für Grund und Boden keine

Unternehmensnachfolge durch Erbschaft

Ein besonderes Problem ist das Vererben eines ganzen Unternehmens, was eine häufige Form der Unternehmensnachfolge ist. Bisher richtete sich die Bewertung von Immobilien nach den Bodenrichtwerten und die sonstige Bewertung nach den Buchwerten. Es galt ein Freibetrag von 256.000 Euro sowie ein Bewertungsabschlag. Durch die Reform wird es ab 2009 zwei Optionen geben:

Variante 1: Firmenerben, die den Betrieb zehn Jahre lang fortführen, zahlen keine Erbschaftsteuer, wenn die Lohnsumme in diesen zehn Jahren das Zehnfache des Wertes der Lohnsumme zum Zeitpunkt der Erbschaft erreicht oder übersteigt und das Produktionsvermögen des Betriebes mindestens 90% des ganzen Betriebsvermögens ausmacht.

Variante 2: Wird der Betrieb nur sieben Jahre lang fortgeführt, dann zahlen die Erben 15% Erbschaftsteuer, wenn die Lohnsumme in diesen sieben Jahre 650% der Lohnsumme zum Erbschaftszeitpunkt beträgt und das Produktionsvermögen mindnestens 50% des Betriebsvermögens ausmacht.

Diese beiden Regelungen sind in jedem Fall problematisch, weil sie einen Anreiz zu Arbeitsplatzabbau und Kürzung der Lohnsumme bei bevorstehendem Erbfall darstellen und sehr bürokratisch sind. Zudem liegt die Aufrechterhaltung der Arbeitsplätze nicht alleine am Unternehmer: werden Arbeitsplätze aus Marktnotwendigkeit abgebaut, dann kann dies zu einer Erbschaftsbesteuerung führen – und den Betrieb nachträglich versenken.

Höhere Steuersätze

Während in manchen Fällen eine deutliche Erbschaftsteuerentlastung herauskommt, faßt der Fiskus ab 2009 in anderen Fällen deutlich härter zu. Die Steuersätze, die nicht von Freibeträgen erfaßte Erbschaftsteile betreffen, sind deutlich erhöht worden:

 
Zustand 1996 bis 2008
Wert der Erbschaft Steuerklasse
I II III
bis 52.000 Euro 7% 12% 17%
bis 256.000 Euro 11% 17% 23%
bis 512.000 Euro 15% 22% 29%
bis 5.113.000 Euro 19% 27% 35%
bis 12.783.000 Euro 23% 32% 41%
bis 25.565.000 Euro 27% 37% 47%
über 25.565.000 Euro 30% 40% 50%

Dem stehen Steuererhöhungen gegenüber, die bis an den Anschlag gehen, denn nach ständiger Rechtsprechung darf die Erbschaftsteuer 50% nicht überschreiten. Diese Grenze wird jetzt bei großen Erbschaften fast zum Regelfall. Ein wenig tröstet aber, daß die Erhöhung nicht die Steuerklasse I betrifft:

 
Neuregelung durch die Erbschaftsteuerreform ab 2009
Wert der Erbschaft Steuerklasse
I II III
bis 75.000 Euro 7% 30% 30%
bis 300.000 Euro 11% 30% 30%
bis 600.000 Euro 15% 30% 30%
bis 6.000.000 Euro 19% 30% 30%
bis 13.000.000 Euro 23% 50% 50%
bis 26.000.000 Euro 27% 50% 50%
über 26.000.000 Euro 30% 50% 50%

Links zum Thema: Urteil: bisherige Erbschaftsteuer mit unterschiedlichen Steuersätzen ist grundgesetzwidrig | Erbschaftsteuer: So uneins ist Europa! (interne Links)

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