Lohnkosten: was sind nichtpagatorische Lohnkosten?

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In der grundsätzlichen Theorie scheint es eine grundsätzliche Übereinstimmung der Lohnkosten und zugehörigen Auszahlungen zu geben. Anders als beispielsweise bei den Waren, wo die Auszahlung und die Kosten oft sogar in unterschiedlichen Geschäftsjahren liegen (wenn nicht der Fehler gemacht wird, den Kauf mit einer Kostenart zu verwechseln), sind die Abweichungen zwischen Kosten und Zahlungen im Lohnbereich gering. Doch sind sie das wirklich?

Nichtpagatorische Kostenarten sind Kostenarten, die nicht zugleich auch eine Zahlung darstellen. Grundsätzlich ist bedeutsam zu verstehen, daß dieses Phänomen bei vielen Kostenarten vorkommt, besonders häufig aber bei den kalkulatorischen Kosten. Die sind nahezu immer nichtpagatorisch. Auch die kalkulatorischen Unternehmerlöhne. Die scheinen ein wenig ergiebiges Feld zu sein, sind gleichwohl aber facettenreich schaut man nur etwas genauer hin.

Die Abrechnung mit dem Vollhafter

So wissen die meisten Lehrbücher, daß man kalkulatorische Unternehmerlöhne verrechnet, um mitarbeitende Vollhafter von Personengesellschaften abzurechnen, die gleichwohl keine Arbeitsverhältnisse führen. Meist werden hier nur Gelder entnommen und über das Privatkonto abgerechnet, erscheinen aber nicht als Kostenart in der Lohnkostenrechnung. Dorthin werden sie durch eine kalkulatorische Kostenrechnung gebracht, um den Produktionsfaktor Arbeit, der auch in der dispositiven Arbeit der Führungskräfte und Unternehmenseigner steckt, abzurechnen. So weit zur Theorie. Die aber ist heute schon weitgehend überholt. Eigentlich müßte man nämlich kalkulatorische Unternehmerlöhne längst vor manchen Arbeitnehmer rechnen.

Kalkulatorische stille Reserven

So unterliegt das Arbeitsverhältnis einem stetigen Verfall. Der drückt sich nicht nur in einem Rückgang der Arbeitnehmerrechte aus, sondern auch in einem Preisverfall. Über die Ursachen zu spekulieren würde den hier gegebenen Rahmen sprengen: wichtig ist aber zu erkennen, daß in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit, also zu Zeiten eines Überangebotes auf dem Arbeitsmarkt, ebenso wie zu Zeiten betonierter Sozialvorschriften und hoher Abgabenlast die Bruttolöhne sinken. Das aber ist ein schleichendes kostenrechnerisches Problem.

Die Kostenrechnung nämlich bewertet gerade die betrieblich eingesetzten Produktionsfaktoren, und nicht die Nichtmarkteingriffe des Staates. Dieser belastet einerseits den Faktor Arbeit so, daß ein Arbeitsverhältnis zu führen sich für den Arbeitnehmer nicht lohnt, subventioniert andererseits Umschüler, Praktikanten und Arbeitslose, die durch Transferzahlungen und Sozialleistungen dem Unternehmen oft nahezu kostenlos zur Verfügung stehen. Diese Billiglöhne sind aber keine Marktpreise, sondern faktisch eine Stille Reserve in der Gewinn- und Verlustrechnung. Für sie müßte der Kostenrechner eigentlich längst kalkulatorische Unternehmerlöhne rechnen, die gleichwohl besser "kalkulatorische Lohnkosten" heißen sollten, denn sie betreffen eben längst nicht mehr nur die Unternehmer: Die "Generation Praktikum" ist im Grunde eine Veranstaltung von Opportunitätslöhnen: Von Luft und Liebe kann der Mensch nicht leben, von Arbeit aber auch nicht mehr.

Ähnlich ist es mit Geschäftsführern und sogar schon mit leitenden Mitarbeitern in Kapitalgesellschaften. Suchten diese bisher Anstellungsverhältnisse abzuschließen, um sich in den Schoß der fürsorglichen Sozialversicherung zu begeben, flüchten diese heute meistens eher aus dem Arbeitsvertrag, um dem konfiskatorischen Zwangszugriff der eben doch nicht immer so fürsorglichen Zwangsversicherung zu entgehen. Werden solche Fälle als Beraterverträge ausgestaltet, entstehen immerhin pagatorische Kosten, die "normal" abgerechnet werden können. Geschäftsführer-Gesellschafter insbesondere kleiner GmbHs verhalten sich aber längst auch wie OHG-Gesellschafter und KG-Komplementäre, d.h. entnehmen kein Geld mehr, weil sie einfach keines haben, sind aber auch bei ihrer eigenen Gesellschaft nicht angestellt. Auch für sie müssen kalkulatorische Unternehmerlöhne gerechnet werden. Auch hier entstehen faktisch Stille Reserven in der Gewinn- und Verlustrechnung – wo sie nach der gängigen Lehrbuchtheorie nichts zu suchen haben.

Opportunitätskosten als Maß politischer Marktverzerrungen

Interessant ist, was uns die zu beobachtende Entstehung einer neuen Art von kalkulatorischen Lohnkosten in Wahrheit zeigt: werden alle Produktionsfaktoren nämlich marktbewertet, so gibt es eigentlich kaum oder keine kalkulatorischen Kosten. Diese entstehen meist (wenn auch nicht immer) erst aus dem Bedürfnis, politisch gewollte (und in der Buchhaltung ersichtliche) Planpreise mit dem wirklichen Faktoreinsatz abzugleichen. Nirgendwo ist das so deutlich wie bei den Lohnkosten, wo, wenn auch aus unterschiedlichen Motiven, die oberen Führungskräfte und in der Hierarchie ganz unten zu findende Billiglöhner immer mehr kostenrechnerisch auf einen ihnen nicht zur Verfügung stehenden Marktlohn korrigiert werden müssen. Das ist eigentlich ein Armutszeugnis für unsere grünsozialistische Planwirtschaft.

Links zum Thema: Lohnkosten: Grundmodell der Kosten, Aufwendungen und Zahlungsbestandteile | Buchungen der Warenkonten: wie man es nicht machen sollte | Rechtsgrundlagen: was ist eigentlich ein Arbeitsverhältnis? | Networking, oder der Niedergang klassischer Arbeitsverhältnisse | Abgabenquote bei Arbeitnehmern | Arbeitsverhältnis – Freiberuflichkeit – Gewerbe: die grundlegende Unterscheidung | Formelsammlung der BWL (u.a. mit aktuellen Beitragssätzen) (interne Links) Lohnkosten im Gründerlexikon erklärt (externer Link)

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