Die Tortilla-Krise: was wir von Mexiko lernen könnten (wenn wir nur wollten)

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Die Preise für Grundnahrungsmittel sind in Mexiko stark gestiegen und besonders die ärmeren Bevölkerungsschichten hungern. Grund ist, daß immer mehr Anbauflächen für Ökoalkohol als Treibstoff verwendet werden und daher für den Getreideanbau nicht mehr zur Verfügung stehen. Ein Lehrstück über menschenfeindliche Umweltpolitik, und eine Warnung an Europa, denn hier werden dieselben Fehler gemacht.

Wer schon einmal in Mexiko war, der kennt diese leckeren Fladenbrote aus Mais oder Weizen, die man überall kriegt, zahlreich und billig: die Tortillas, auf Nahuatl Tlaxcalli, sind ein Grundnahrungsmittel und zugleich ein Nationalsymbol. Bald aber könnten sie auch ein Statussymbol sein, jedenfalls wenn der Preisanstieg für Getreide so ungebremst weitergeht wie bisher. Betroffen von der Preisexplosion sind, wie bei jeder Teuerung, am stärksten die ärmsten Schichten der Bevölkerung, die kaum was anderes als Tortillas essen und mittlerweile an der Grenze zum Hunger leben müssen. Kein Wunder, daß es besonders in den südlicheren (und ärmeren) Provinzen aber auch schon in der Hauptstadt zu gewalttätigen Hungerdemonstrationen gekommen ist, die der konservative Präsident Calderón mit Gewalt unterdrücken ließ. In den grünen Medien unseres Landes war darüber bisher wenig zu lesen, was indes nicht verwundert, ist die Tortilla-Krise doch ein Lehrbuchbeispiel für den menschenverachtenden Öko-Imperialismus. Das soll der umweltselige deutsche Ökosteuerzahler möglichst gar nicht wissen.

Der Grund für den Hunger in Mexiko ist nämlich in den USA zu suchen, denn auch dort ist inzwischen der Öko-Wahn ausgebrochen. Immer mehr Menschen finden es schick, mit pflanzlichem Öko-Alkohol Auto zu fahren, aber der "nachwachsende Rohstoff" muß irgendwo herkommen. Das ist, wo Mexiko ins Spiel kommt. Dort nämlich ist der Anbau weitaus günstiger, und der Freihandel in der North American Free Trade Association (NAFTA), zu der auch Mexiko gehört, macht einen zollfreien Export in die USA möglich.

Interessant ist, daß in diesem Zusammenhang vielfach gegen den Freihandel argumentiert wird. Dabei liegen mit ökonomischer Freiheit kompatible Lösungen auf der Hand, denn im Golf von Mexiko findet man eine Menge Öl, das zu fördern die Technik seit Jahrzehnten vorhanden ist. An Treibstoff mangelt es also eigentlich nicht. Aber selbst wenn man mit Blick auf das noch weit in der Zukunft liegende Ende der natürlichen Ölvorräte, oder wegen der politisch nicht erwünschten Abhängigkeit vom Öl arabischer Schurkenstaaten auf "alternative" Treibstoffe umsteigen will, gäbe es eine offensichtliche Lösung in der gentechnischen Optimierung der Maispflanzen. Das nämlich steigert den Ertrag und vermindert den Hunger. Öko-Organisationen stemmen sich aber mit aller Gewalt gegen den Einsatz der Gentechnik. Sie fördern damit direkt den Hunger in Mexiko und üben strukturelle Gewalt gegen das eigene Volk aus.

Man solle, so sagen die Ökologisten, global denken und lokal handeln. Wir sollten, so sage ich, die Ökologisten endlich bei ihrem eigenen Wort nehmen und aufgrund des Elends in Mexico lokal handeln, denn die Sache betrifft beiweitem nicht nur ein fernes Land, das uns egal sein kann. Sie betrifft uns ganz direkt, denn hier werden die gleichen Fehler gemacht. In Deutschland gibt es nämlich seit Anfang des Jahres eine Zwangsbeimischung von "Biokraftstoff" (die Zwangsernährung an der Zapfsäule). Von derzeit 4,4% Biosprit bei Diesel und 1,2% bei Benzin soll der Anteil teuren Ökosprits bis 2015 auf 8% ansteigen, die merkelsche Version der Jahr für Jahr ansteigenden Ökosteuer. Und, schlimmer noch, wir verbrennen sogar schon Weizen als Heizmaterial, eine Perversion. Doch auch für diese Geschmacklosigkeit muß irgendwo der Riohstoff herkommen, d.h. er wird angebaut – und auch hier fehlen die Anbauflächen für die Nahrungsmittelversorgung.

Das aber ist dem Grunde nach dieselbe Situation wie in Mexiko, denn auch innerhalb der Europäischen Union gibt es bekanntlich Freihandel – so daß die Ökospritproduzenten ihre teuer nachwachsenden Rohstoffe nicht in Deutschland anbauen, sondern nur hier verkaufen. Hergestellt wird in Osteuropa. Das aber zum Nachteil der dortigen Bevölkerung, denn der Balkan ist Europas Hinterhof wie Mittelamerika der Hinterhof der USA ist. Und auch hier werden Felder mit "Genmais" sabotiert, auch hier trifft die Teuerung zuerst die Ärmsten.

Wir können nicht nur aus der Geschichte lernen, sondern auch aus den Fehlern unseres Großen Bruders, aber wir müssen lernen wollen. Bisher aber ist der Ökowahn hier genauso blind wie drüben, blind für den biotechnischen Fortschritt, der die Öko-Träume einer wohlhabenden grünen Oberschicht überhaupt erst möglich macht, und blind für das durch absurde Staatseingriffe in eigentlich funktionierende Märkte entstehende Leiden hungernder Menschen. Der Markt, so die einfache Wahrheit, ist die beste Umweltpolitik, denn die Wirtschaft ist der Stoffwechsel der des Volksorganismus mit der Natur. Wer immer in den Markt eingreift, darf sich über die Riesigen Nebenwirkungen nicht wundern. Solange wir das nicht begreifen wollen, nehmen wir den Hunger billigend in Kauf. Solange aber ist der sogenannten "Umweltschutz" in Wirklichkeit ein menschenverachtender Imperialismus, eine neue Form der Hungerwaffe.

Links zum ThemaBiokraftstoffquote: die Zwangsernährung an der Zapfsäule | Heizen mit Weizen, oder von Grenzen, die man nicht überschreiten sollte | Öko-Narrenhaus: »Projektbezogene Mechanismen«, oder was ein Schweinefurz »wert« sein kann (interne Links)

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