Technische Betriebswirtschaft: Statische und dynamische Maschinenersatzrechnung (Teil 3 von 3)

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Im ersten Beitrag dieser kleinen Serie haben wir untersucht, wie man für ein gegebenes Investitionsproblem eine Kostenvergleichsrechnung macht, und im zweiten Artikel, wie man auf der Basis dieser Ausgangsdaten ohne Vorliegen zurechenbarer Einzahlungsdaten doch eine Amortisationsrechnung zaubert. Diese Rechnung war aber eine rein statische Rechnung, die nur einen statistischen Durchschnittswert einer Amortisationszeit i.H.v. 5,1 Jahren ermittelt hat. Es wäre sinnvoll, dies um eine dynamische Rechnung zu erweitern. Alle dafür nötigen Informationen stehen bereits in den Ausgangsdaten. Eine dynamische Rechnung kann die Problemlösung erweitern und aussagekräftiger machen. Auch sie geht aufgrund von Einsparungen und setzt nicht immer zurechenbare Einzahlungen von außen voraus.

Die dynamische Methode

Zunächst ist bedeutsam, daß wir in jedem Jahr durch die Investition in eine automatische Anlage einen Zahlungsvorteil i.H.v. 25.300 Euro haben. Dieser Wert ist aufgrund der Kostenvergleichsrechnung entwickelt worden, enthält aber keine kalkulatorischen Kosten. Diese sind ja nicht zahlungsgleich. Daß eine Einsparung in der Amortisationsrechnung verwendet werden kann, haben wir im vorigen Artikel demonstriert.

In der dynamischen Rechnung wird aber der ganze Nutzungszeitraum betrachtet. Der beträgt zehn Jahre. Dynamische Methoden sind, im Gegensatz zu statischen Verfahren, zahlungsorientiert. Daß die andere Anlage nur eine Nutzungsdauer von acht Jahren hat, spielt heirbei keine Rolle: sie müßte im neunten Jahr ja ersetzt werden, so daß die berechneten Verhältnisse fortbestehen. Daß Prognosen über zehn Jahre problematisch sein können, ist eine ganz andere Frage, Die ist ein Nachteil aller dynamischer Methoden, und wird hier nicht weiter problematisiert.

Bedeutsam ist aber zu erkennen, daß künftige Zahlungswerte auf den Gegenwartszeotpunkt abgezinst werden müssen, um vergleichbar zu sein. Dieses Verfahren ist hier näher erläutert. Wenn wir das anwenden, erleben wir eine Überraschung:

Vorsicht, Falle!

In der linken Spalte stehen neben den Jahren null bis zehn zunächst die Nominaldaten. Die Investition i.H.v. 138.000 Euro (Auszahlung, negativ) erbringt 25.300 Euro Einsparung pro Jahr, was einer Einzahlung gleichkommt. Im letzten Jahr treten hier noch die 8.000 Euro Restwert der Anlage hinzu. So weit, so gut. Folgendermaßen sieht jetzt die dynamische Betrachtung desselben Problems aus:

t Zahlung nominal Barwert zu 12% Barwert zu 13,29080%
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
–138.000,00 €
25.300,00 €
25.300,00 €
25.300,00 €
25.300,00 €
25.300,00 €
25.300,00 €
25.300,00 €
25.300,00 €
25.300,00 €
33.300,00 €
–138.000,00 €
22.589,29 €
20.169,01 €
18.008,04 €
16.078,61 €
14.355,90 €
12.817,77 €
11.444,44 €
10.218,25 €
9.123,43 €
10.721,71 €
–138.000,00 €
22.331,91 €
19.712,02 €
17.399,49 €
15.358,26 €
13.556,49 €
11.966,10 €
10.562,29 €
9.323,16 €
8.229,41 €
9.560,88 €
Summe +123.000,00 € +7.526,43 € ±0,00 €

 

 

Zinsen wir die einzelnen Zahlungen jeweils mit den 12% p.a. Kalkulationszinsfuß (Mindestrentabilität) aus den Ausgangsdaten ab, so erhalten wie in der Summenzeile ein positives Ergebnis. Die Sache, die sich also im Bereich der Kostenvergleichsrechnung vorteilhaft darstellt, und in nur sechs Jahren amortisiert, ist jetzt also auch unter den Gesichtspunkten der Kapitalwertrechnung vorteilhaft.

Das Bild vertieft sich noch, denn mit Hilfe der Zielwertsuche haben wir den internen Zinsfuß (d.h. die Effektivverzinsung) i.H.v. 13,39080361% bestimmt (rechte Spalte). Dies ist der präzise Wert und keine Näherungsmethode. Was aber sagt uns das?

Betriebswirtschaft als Kunst

Die aus statischer Sicht vorteilhafte Anlage ist auch aus dynamischer Perspektive eine "gute" Investition. Der Kapitalwert ist bei Mindestrentabilität (bzw. beim Kalkulationszinsfuß) von 12% positiv, und die effektive (tatsächliche) Verzinsung des investierten Kapitals liegt über der Mindestrentabilität, d.h. im betrachteten Fall bei bei 13,2908%. Der Investor sollte also auch aus dynamischer Sicht sein Geld in diese Investition anlegen.

Jetzt wird aus der mechanischen Anwendung quantitativer Verfahren aber eine Kunst, denn was hier so schön übereinstimmende Ergebnisse erzielt, muß nicht immer so gut passen. Es ist durchaus möglich, und in der praxis häufig, daß was in der Kostenrechnung vorteilhaft erscheint, in der dynamischen Investitionsrechnung unvorteilhaft ist (oder umgekehrt). Das liegt daran, daß die in den beiden Methodenklassen verwendeten Ausgangsdaten nicht dieselben sind. Wer dann eine überzeugende Lösung findet, der kann etwas, denn "Kunst" kommt von "Können", und nicht von "Wollen" – dann nämlich hieße sie "Wullst". Verschiedene Methoden beleuchten die Wirklichkeit von verschiedenen Seiten, nämlich aus der pagatorischen Sicht (dynamische Verfahren) und der Faktorsicht (Kostenvergleich). Eine Methode kann aus einer Sicht vorteilhaft sein, nicht aber aus der anderen: hier ist genau das der Fall. Die Faktorverwertung ist vorteilhaft, aber es kommt zu wenig Geld dabei rum.

Hier ist keine allgemeine, nur durch Rechnen herbeizuführende Lösung mehr möglich. Wer so ein Ergebnis erreicht, hat keinen Fehler gemacht, sondern eine Herausforderung angenommen: die Herausforderung, den Unterschied zwischen Zahlungs- und Kostengrößenaus dem Sinn heraus zu interpretieren. Das ist, was ich in meinen Büchern und sonstigen Publikationen immer wieder tue. Wer hier angekommen ist, muß einen wirklichen Waffengang mit der betriebswirtschaftlichen Theorie fechten. Ein paar Hinweise, wie das gehen könnte, finden sich hier. Das genau ist die Kunst der Unternehmensführung, die nämlich über das Zahlenrechnen hinausweist. Wer das schafft, der hat die rote Kirsche auf dem Sahnehäubchen. Aber keine Garantie, daß die Prüfer bei den Industrie- und Handelskammern die Argumentation auch verstehen, denn es gibt Prüfer, die Arbeiten benoten, ohne sie gelesen zu haben. Wer an so einen gerät, hat Pech gehabt.

Ich danke Helmut K. für einen wertvollen Hinweis auf einen kleinen aber folgenreichen Fehler, der sich in die Berechnung geschlichen hatte. Ja, der Fehlerteufel ist überall 🙁 Wir haben dieses Problem beseitigt.

Links zum ThemaTechnische Betriebswirtschaft: Statische und dynamische Maschinenersatzrechnung (Teil 1 von 3) | Technische Betriebswirtschaft: Statische und dynamische Maschinenersatzrechnung (Teil 2 von 3) | Grundkonzepte im Rechnungswesen: von der Dynamik der Zahlen, oder dem Sinn der Süßigkeiten | Interner Zinsfuß: eine Methode, die man nicht benutzen sollte (aber dennoch können muß) | Mindestrentabilität und die Grundlagen der Zinstheorie (interne Links)

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