Knallharte Prüfungsfragen zur Break Even Rechnung, Teil 3 von 3

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Haben wir uns in den Artikeln von vorgestern und gestern Gedanken darüber gemacht, wie man aus Gesamtkostenvariationen oder, etwas kerniger, aus Stückkostendaten zu einem Break Even Punkt kommt, so überlegen wir heute, wie man eine Break Even Rechnung ohne jegliche Mengendaten aufstellt. Weil nicht sein kann was nicht sein darf, hat Ihnen Ihr Dozent das möglicherweise verschwiegen, was aber sehr unvorsichtig war, denn dieser Aufgabentyp wurde bereits mehrfach in Kammerprüfungen entdeckt. Warnen Sie also lieber Ihren Dozenten (oder lassen Sie ihn knallhart auflaufen, ganz nach Vorliebe oder Abneigung):

Auch hier ist die Aufgabengestaltung richtig knackig: Sie werben einem Konkurrenten erfolgreich einen Verkäufer ab, und im Einstellungsgespräch verrät Ihnen dieser, daß Ihr Konkurrent bei einem Umsatz von 300.000 € genau kostendeckend gearbeitet hat. Weiterhin habe es bei einem Umsatz von 360.000 € eine Umsatzrentabilität von 5% gegeben, mit der der Konkurrent sehr unzufrieden gewesen sei. Wie hoch liegen die Fixkosten des Konkurrenten, wenn keine Änderungen von Faktorpreisen oder Produktionsmitteln eingetreten sind, und, noch schlimmer, bei welchem Umsatz erreicht Ihr Konkurrent eine Umsatzrentabilität von 15%? Au weia…

Das Hauptproblem besteht hier offensichtlich darin, daß keine Mengendaten genannt sind. Das alleine verwirrt, denn jeder (naive) Dozent predigt, daß die Gewinnschwelle (der Break Even Punkt) eine Mengenzahl sei. Wie also kommt man dorthin, wenn Mengendaten fehlen? Als kleine Belohnung gibt es hier sogar zwei Lösungswege.

Die vermutlich anschaulichere Lösung geht über den Dreisatz, weil alle Kostenverläufe ja stets linear sind. Die erste Größe ist gerade schon der Break Even Punkt denn dort wurde nach dem Aufgabentext ja gerade genau kein Gewinn und kein Verlust erzielt, und die zweite liegt im Gewinnbereich. Die Differenz zwischen beiden beträgt 360.000 – 300.000 = 60.000 € und setzt sich aus Gewinn und variablen Kosten zusammen.

Der Gewinnanteil in dieser Differenz beträgt bei einer Umsatzrentabilität von 5% genau gerade 360.000 x 0,05 = 18.000 €. Die Differenz von 60.000 – 18.000 = 42.000 €, und ist eine variable Kostengröße, womit wir wieder bei unserer bekannten Denkweise wären. Wie aber kommt man aber von diesen 42.000 € variablen Kosten bei 60.000 € auf die fixen Kosten bei 300.000 Euro? Ganz einfach, man nehme den Dreisatz! 42.000 : 60.000 = X : 300.000 ergibt die variablen Kosten; Lösung durch Kvar = 42.000 / 60.000 x 300.000 = 210.000 €. Aus der Differenz dieses Ergebnisses zu den Gesamtkosten kann man nun ganz einfach die Fixkosten bestimmen: Kfix = 300.000 – 210.000 = 90.000 €.

Noch schwieriger ist die Frage nach der Umsatzrentabilität, und hier ist eine kreative Lösung vermutlich die bessere: wer keine Mengendaten hat, der macht sich einfach welche. Ja, so einfach ist das: es geht nämlich mit jeder willkürlich angenommenen Mengenzahl, aber am besten setzt man einfach daß der Verkaufspreis 1 €/Stück betrage. Das steht zwar nirgends, aber solche Erweiterungen sind ja auch nirgendwo verboten. Aus der obigen Dreisatzrechnung ergibt sich dann, daß die variablen Stückkosten 70% des Verkaufspreises oder 0,7 € betragen (aus 42.000 / 60.000 = 0,7). Der Rest ist dann rein mechanisch:

 

G = 15% vom Umsatz = 0,15 P X
0,15 P X = U – Kges
0,15 X = 1 X – 0,7 X – 90.000
0,15 X = 0,3 X – 90.000
90.000 = 0,15 X
X = 600.000 = 600.000 €

Für diese Aufgaben ist es äußerst fundamental, die zugrundeliegenden Definitionen verstanden zu haben, insbesondere die der fixen und variablen Kosten. Alles steht und fällt mit diesen Definitionen! Aufgaben dieses Typs erfordern außerdem Denken in Zusammenhängen, d.h., bekannte Probleme erscheinen in veränderter Form, sind aber auf gewohnte Art lösbar, wenn man nur die Grundstruktur erkennt. Nachsehen in Lehrbüchern oder in den eigenen Unterlagen bringt daher vermutlich ohnehin nichts. Es ist sehr wohl bekannt, daß wer in Schule oder Ausbildung auf Auswendiglernen gedrillt wurde, hier einen Nachteil hat, denn jetzt müssen verdeckte Ähnlichkeiten durchschaut werden, und das ist bekanntlich schwer – und das ist auch der Grund, weshalb so viele es bei diesen Aufgaben nicht schaffen.

Ach ja, wer fragt, ob dies denn eine realistische Aufgabengestaltung sei, hat im Vorfeld einer Prüfung vermutlich die falsche Frage gestellt. Aber eine Antwort bekommt er dennoch: natürlich ist das realistisch, aber nur in manchen Branchen: so prüfen Banken und Fördermittelgeber, ob ihre Schützlinge eine bestimmte (z.B. vertraglich oder von Kapitaleignern) geforderte Mindestrentabilität erreichen können, ohne daß sie hierfür detaillierte Kostendaten vorliegen haben müssen, denn die können viele Gründer und Kleinunternehmer – im Gegensatz zu steuerlichem Datenmaterial – nicht vorlegen. Also muß man es auf eine solche Art versuchen, was in der Praxis zwar ungenau, oft aber der einzige Weg ist.

Links zum Thema: Knallharte Prüfungsfragen zur Break Even Rechnung, Teil 1 von 3 | Knallharte Prüfungsfragen zur Break Even Rechnung, Teil 2 von 3 | Prüfungsrelevant: Grundgedanken und Kostenverläufe der Break-Even-Rechnung | Economy of Scale und der Ökologismus | Break Even Rechnung: eine echte Prüfungs-Knallschote | Warum nicht alles, was Verlust erwirtschaftet, auch abgeschafft werden sollte(interne Links)

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