Bücher zu schreiben ist eine kreative Sache. Man kann Gedanken in Worte fassen, Worte in Sätze gießen und mit Seiten, Kapiteln und den zugehörigen Grafiken, Tabellen und Übersichten die Welt verändern. Oder, auch ein hohes Ziel, Studenten der Betriebswirtschaft durchs Studium helfen. Doch kann, wer im Selbstverlag auf CD publiziert es mit der Rechtschreibung und Interpunktion noch etwas locker sehen, also den Inhalt gleichsam über die Form stellen, ist dies nicht mehr möglich, wenn man, wie ich derzeit, in einem großen, international tätigen Verlag publizieren will. Der setzt vor den Druck den Kampf gegen Pilze und Schlangen.
Alles beginnt mit dem Paketbriefträger, der mein Werk als Päckchen anliefert, fein säuberlich ausgedruckt und von mehreren Korrektor(inn)en unter die Lupe genommen, und zwar mit deutscher Gründlichkeit. Diesen Leuten entgeht kein Fehler, und warum sie ihren Termin überzogen haben kann erahnen wer sieht, wieviele Korrekturen es manchmal in einer einzigen Zeile gibt. Oh, pardon, nicht "wieviele", sondern "wie viele". Scheiß-Duden! Bald frage ich mich, was mehr Arbeit war, das Werk zu verfassen oder es korrekturzulesen.
Immerhin schult diese wenig kreative Arbeit ungemein. So lerne ich, daß man Zahlen bis 12 ausschreibt ("zwölf") und vor dem %- und dem nach dem §-Zeichen einen Abstand setzen soll. Bald begegne ich der ersten Antenne und errate, daß hier etwas eingefügt werden soll, was beim Verfassen unterlassen wurde. Das rätselhafte "d" ist übrigens ein Deleatur-Zeichen, der Setzer möge löschen. Nein, nicht den Korrektoren, auch nicht den Autoren. Nur ein falsches Zeichen. Erbsenzähler, die!
Dann begegne ich der ersten Schlange, die mir zischt, daß hier doch kursiv zu setzen wäre:
Na schön, genehmigt. Und das Leerzeichen, gefolgt vom großen "B" bei "Begriff", das die Korrektur hier begehrt, liefere ich gleich nach. Im Laufe der Stunden finden sich aber eine ganze Menge Reptilien, die mir bald den letzten Nerv rauben. Und Pilze fressen die auch nicht, denn der Pilz will sagen, daß hier etwas zu entfernen sei. Pilze sind Gegensätze zu Antennen, wer hätte das gedacht. Und Leerzeichen, auf die verzichtet werden soll, werden von zwei niedlichen Halbkreischen umgeben. Auch ich fühle mich bald eingekreist, aber gar nicht niedlichen.
Am meisten Spaß macht es, den Index zu korrigieren. Den habe ich nämlich automatisch von meiner Software einfügen lassen, was sehr nervensparend war, aber das rettet mich jetzt nicht davor, daß englische Begriffe, die im Text kleingeschrieben werden sollen, jetzt auf einmal alle in Großschreibung stehen sollen. Das kann der Computer natürlich nicht. Der unterscheidet peinlich zwischen "cash flow statement" und "Cash Flow Statement", so daß eine Unzahl solch doppelter Nennungen zusammengefügt werden müssen. Manuell, natürlich, und bei der nächsten Auflage erneut, denn solche Fehler tauchen wieder auf, sobald bei einer neuen Fassung des Werkes der Index neu eingefügt wird. Na prima…
Auch ist es nicht einfach einzusehen, weshalb es im Fließtext "cash flow" heißen soll (kursiv und klein), im Index aber "Cash Flow" (nicht kursiv und mit zwei großen Anfangsbuchstaben), in Zusammensetzungen mit deutschen Wörtern aber stets nur mit einem großen Anfangsbuchstaben, teilweise kursiv und durchgekoppelt ("Cash-flow-Rechnung"). Ich hätte Korrektor werden sollen, das ist gewiß eine viel größere Herausforderung als die ca. 2.500 Seiten IFRS Bound Volume zu lesen und zu verstehen.
Einige Stunden und Tausende Flüche später bin ich um die Erkenntnis reicher, daß der "Substance over Form"-Grundsatz, daß eine Sache nach ihrem Gehalt und nicht ihrer äußeren Erscheinung zu begutachten sei, sich aus dem IFRS-Framework (Oops, sorry: IFRS-framework, ja, klein!) noch nicht bis zu den Korrektoren herumgesprochen hat. Man soll, so heißt es, Bücher nicht nach ihrem Einband beurteilen, aber Autoren auch nicht nach ihren Schreibfehlern. Seufz!
Ich freue mich aber, dem geneigten Leser gleich drei neue Buchprojekte ankündigen zu können, von denen das erste, wie oben zu besichtigen, unmittelbar vor der Publikation steht. Für Freiheit von Satzfehlern ist diesmal in professioneller Weise gesorgt. Ja, keine Satzfehler – Druckfehler gibt es nämlich nicht, weil Druckmaschinen keine Fehler machen. Nur Setzer und Autoren… Thema und Verlag mag der geneigte Leser nach dem Genuß dieses Artikels selber raten 😉 Alles weitere wird an dieser Stelle zu gegebener Zeit angekündigt werden.
Links zum Thema: Umfangreiches Skript zu IFRS (interner Link) Volltextpublikationen des BMJ | Aktuelles BGBl | International Accounting Standards Board | Deutsches Rechnungslegungs Standars Committee e.V. | Wiley-VCH Homepage (externe Links)
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