Maut-Desaster: eine unkonventionelle Analyse der Diskussion

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Daß Manfred Stolpe, der Verkehrsminister mit intensiver DDR-Vergangenheit, gestern den Vertrag mit dem TollCollect-Konsortium gekündigt hat, berichten wir an dieser Stelle nicht weiter, denn es ist hinreichend aus allen möglichen Massenmedien bekannt. Vielmehr untersuchen wir an dieser Stelle diejenigen Aspekte, die in der Debatte in den Massenmedien unterschlagen werden, und forschen den Gründen für diese Unterschlagung nach, was bekanntlich eine der Kernkompetenzen des BWL-Boten ist.

Interessant ist nämlich nicht, was diskutiert wird, sondern was verschwiegen wird. So fordern zwar alle möglichen Diskussionsteilnehmer alle möglichen neuen Vertragsgestaltungen, Vertragspartner oder Mautsysteme, aber keiner fordert, die Abzocke- und Überwachungsveranstaltung ganz zu unterlassen, obwohl der Einsturz des bisherigen Vertrages dafür eine Gelegenheit geradezu auf dem Silberteller serviert. Das deutet darauf hin, daß wir schon so gleichgeschaltet sind, daß wir es als selbstverständlich hinnehmen, daß der Schwerverkehr (und später der gesamte motorisierte Verkehr) wiedermal herhalten soll. Daß der Autofahrer der Esel ist, der den ganzen Karren zieht, scheint niemandem in den Sinn zu kommen. Ein internalisiertes Denkverbot?

Ebenso verlogen ist auch die immer wieder gehörte Behauptung, man könne ohne Maut den Straßenbau nicht mehr finanzieren: Alleine die Kfz- und die Mineralölsteuer, von denen die mautpflichtigen Fahrzeuge ja nicht befreit sind (oder werden sollen), erbringt weitaus mehr Einnahmen, als der Staat für den Straßenbau aufwendet. Würden also die Steuermittel des Autofahrers auch nur für den Straßenbau ausgegeben, kämen Worte wie "Stau" oder "zähfließender Verkehr" im Vokabular des motorisierten Mitbürgers nicht mehr vor.

Ferner höchst interessant ist, daß sich keiner gegen die schon stehenden Mautbrücken und die an ihnen montierten Überwachungskameras zu wehren scheint. Während über Videoüberwachung in Innenstädten beispielsweise breite Debatten geführt werden, und sich die Öffentlichkeit ereifert, wenn ein Auge des großen Bruders den Eingang der Lokalzeitung im Blick hat, so wie in einer Stadt hier in Thüringen, scheint es niemanden zu interessieren, daß Tausende von Augen des großen Bruders alle Fahrzeugkennzeichen auf Autobahnen im Blick haben, also offensichtlich zwar die Mauterhebung (vorerst) gescheitert ist, möglicherweise aber nicht die Totalüberwachung jeglicher Mobilität.

Und schließlich wundert auch, was nicht geschieht, denn während bei Castor-Transporten stets das gleiche Spiel mit Sabotage an Verkehrswegen und entsprechenden massiven Polizeieinsätzen abläuft, habe ich noch nichts von Äxten an Mautbrücken oder wenigstens schwarzer Sprühfarbe an Kameraobjektiven gehört, und das, wo doch an jeder Hausecke solche häßlichen Großstadtrunen zu sehen sind. Nicht daß wir hier gewalttätige Aktionen gleich welcher Art propagieren oder gutheißen wollen – es fällt nur deren recht ungleiche Verteilung auf. Oder die hochwirksame Zensur in den Medien, hierzu nichts zu berichten.

Die seit Jahren auf uns hereinprasselnde Ökopropaganda war also wirksam, so oder so. Gut gemacht, ihr regimetreuen Berater und PR-Leute!

Links zum Thema: Maut-Kostenrechnung: es ist noch viel teurer | Nach der Maut für alle: was ist das nächste Projekt? | LKW-Maut: Soll Stolpe zurücktreten? | Europaweites Mautsysteme für alle Fahrzeuge wird schon vorbereitet | Öko-Gleichschaltung: so weit sind wir schon gekommen (interne Links)

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