Bundesregierung plant eine Bilanzpolizei

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Bundesjustizministerin Brigitte Zypries und Bundesfinanzminister Hans Eichel haben gestern den Referentenentwurf eines Bilanzkontrollgesetzes vorgestellt. Ziel dieses Gesetzgebungsbvorhabens sei es, ein sogenanntes "Enforcement-Verfahren" zur Kontrolle der Rechtmäßigkeit von Unternehmensabschlüssen einzuführen. Die Bundesregierung reagiert damit auf zahlreiche Bilanzskandale im letzten Jahr. Um das Vertrauen der Anleger in den Kapitalmarkt zu fördern, setzt die Bundesregierung das im Februar vorgestellte "10-Punkte-Programm zur Stärkung des Anlegerschutzes und der Unternehmensintegrität" um (wir berichteten), das insgesamt die deutschen Rechnungslegungsbvorschriften IFRS/IAS-kompatibler machen und internationalen Gepflogenheiten annähern soll.

Gegenwärtig werden Unternehmensberichte in Deutschland von Abschlußprüfern und Aufsichtsräten geprüft. Die Erfahrungen der letzten Jahre mit Bilanzskandalen wie bei Flowtex oder Comroad haben aber gezeigt, daß dies nicht immer ausreicht. Deswegen soll ein neues, zweistufiges Enforcement-Verfahren eingeführt werden, das Bilanzmanipulationen präventiv entgegenwirkt. Die Neuregelung favorisiert eine Selbstregulierung der Wirtschaft. Nur dort, wo es erforderlich ist, wird der Staat hoheitlich eingreifen.

Erste Stufe: Ein von den Fachministerien anerkanntes privatrechtliches Gremium soll die Bilanzen kapitalmarktorientierter Unternehmen prüfen. Dieses Gremium wird sowohl stichprobenartig als auch bei Verdacht auf Unregelmäßigkeiten tätig. Die Zusammenarbeit der Unternehmen mit dem privaten Gremium ist freiwillig. Ziel ist es, Bilanzmanipulationen präventiv entgegenzuwirken.

Zweite Stufe: Kooperiert das Unternehmen nicht mit dem Gremium, wird die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht eingeschaltet. Sie kann die Rechnungslegungsvorschriften notfalls mit hoheitlichen Mitteln durchsetzen.

Das Enforcement-Verfahren wird von den Unternehmen finanziert, deren Unternehmensberichte überprüft werden sollen. Inwieweit dieses offensichtlich an der US-Börsenaufsicht orientierte Verfahren helfen wird, Bilanzmanipulationen zu verhindern, bleibt abzuwarten.

Links zum Thema: Reformen des Handelsrechts im Vorfeld der IAS-Einführung (interner Link)

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