Dieses Dokument richtet sich primär an Teilnehmer an Aus- und Fortbildungsmaßnahmen privater Bildungsfirmen. Es ist nicht gedacht für Studenten an Fachhochschulen oder Universitäten, da dort ganz andere Gesetzmäßigkeiten bestehen. Es beruht neben meiner jahrzehntelangen Erfahrung mit solchen Bildungsveranstaltungen auch auf den zahlreichen Diskussionen im Forum für Betriebswirtschaft, an denen sich zu beteiligen Sie recht herzlich eingeladen sind. |
Veranstalter von Bildungsmaßnahmen |
Auf dem privaten Bildungsmarkt tummeln sich eine ganze Zahl von Firmen sehr unterschiedlicher Qualität. Es ist unbedingt ratsam, sich vor Einstieg in eine Veranstaltung von der Reputation des jeweiligen Veranstalters zu überzeugen. Ich unterrichte seit über 15 Jahren für solche Firmen und kenne etliche schwarze Schafe, die ich hier jedoch nicht mit Namen nenne, um rechtliche Probleme zu vermeiden. Ich gebe aber Tips, die Ihnen hilfreich sein können: |
Mindestanforderungen an den Vertrag |
Darauf sollten Sie beim Vertragsinhalt achten: Allgemeine Geschäftsbedingungen sollten vorhanden sein. Diese sollten Sie lesen und auch verstehen. Der Vertrag muß Regelungen zu den Kosten, zu Rücktritt und Kündigung, zur Dauer, zu den Inhalten und zur Teilnehmerzahl enthalten. besonders letzteres ist wichtig, weil Sie sonst vielleicht in einer Riesen-Veranstaltung ohne persönliche Betrgeuung landen. Bedenken Sie, daß der Bildungsanbieter aus Umsatzgründen ein Interesse an gutgefüllten Klassen hat, für Sie als Teilnehmer aber kleine Gruppen besser sind! Auch die Zulassungsvoraussetzungen der Teilnehmer und Verfahren bei Unregelmäßigkeiten (z.B. ein Beschwerdeweg) sollten vereinbart werden. |
Materielle Äußerlichkeiten |
Sehen Sie sich vor Vertragsschluß die Räumlichkeiten und die Ausrüstung an: gibt es angemessene technische Einrichtungen? Sind die Computer auf aktuellem Stand, oder Marke uralt? Gibt es auch außerhalb der eigentlichen Unterrichtszeit Übungsmöglichkeiten, wenn Geräte benötigt werden, die Sie nicht selbst besitzen? |
Das QM-Handbuch und andere Dokumentationen |
Man kann zu formalem Qualitätsmanagement stehen, wie man will (und im Bildungsgewerbe herrschen in dieser Hinsicht ohnehin ganz andere Gesetzmäßigkeiten), aber viele Firmen haben inzwischen ein zertifiziertes Qualitätsmanagementsystem. Das bedeutet, daß man nicht nur mit einem schönen Zertifikat Werbung macht, das Sie vielleicht im Büro hängen sehen, sondern daß es auch ein Qualitätsmanagementhandbuch geben muß, das kundenöffentlich ist. Lassen Sie es sich also zeigen: die darin festgelegten Verfahren und Abläufe sind bindend. Sie können sich später u.U. darauf berufen! Auch sonst sollten ordentlich gemachte Dokumentationen vorliegen: funktionierende Webseiten, graphisch ansprechend aufbereitete Handzettel und Flyer zeugen zumindest äußerlich von einer gewissen Mühe, die sich der Anbieter gegeben hat. Unseriöse Bildungsanbieter vermeiden oft solchen Aufwand! |
Planung und Zahlung |
Schwarze Schafe erkennt man als Dozent schnell an ihrer meist schlechten Vertragstreue und/oder Zahlungsmoral, und wenn man nicht unbedingt drauf angewiesen ist, wird man als Dozent solche Unternehmen meiden oder die Lehre dort möglichst schnell beenden. Wenn also die Fluktuation der Dozenten hoch ist, dann ist die Qualität der Bildungsfirma meist schlecht: fragen Sie also, wie lange die Dozenten, denen Sie im Rahmen einer Bildungsveranstaltung begegnen werden, schon dabei sind. Können Bildungsanbieter vor Lehrgangsbeginn einen Dozenten noch nicht namentlich benennen, dann ist das ein Negativmerkmal! Versuchen Sie herauszufinden, wie lange im voraus verbindliche Pläne gemacht werden – ich kenne Fälle, wo praktisch von Tag zu Tag neu geplant wird. Kein Wunder, daß das nichts taugt! Fragen Sie auch, ob die eingesetzten Dozenten Sprechzeiten haben oder anderweitig außerhalb der eigentlichen Unterrichtszeit zur Verfügung stehen. Auch Freiberufler sollten Sie betreuen! |
Anerkennung in der Wirtschaft |
Betriebswirtschaft studiert man, um einen besseren Job zu finden. Im Rahmen von Arbeitsverhältnissen setzt das aber oft auch voraus, daß der Veranstalter eines Lehrganges oder Studiums entsprechend anerkannt wird. Wenn Sie sich später mit einem Abschlußzeugnis bewerben wollen, dann versuchen Sie also vorher herauszufinden, welchen Ruf dieses Zeugnis und sein Aussteller bei den relevanten Arbeitgebern hat – nicht nur im Forum für Betriebswirtschaft wird oft darüber diskutiert. Bedenken Sie: selbst die beste Bildungsmaßnahme ist wertlos, wenn die Personaler der Firmen, bei denen Sie sich bewerben, ein negatives Urteil (oder Vorurteil) haben! Beachten Sie auch, daß Aus- oder Fortbildungen, die mit einem anerkannten Abschluß (und damit fast immer einer Prüfung vor einer öffentlichen Stelle wie der IHK) enden, ein (zumeist durch eine Verordnung) festgelegtes Berufsbild zugrundelegen, während manche Bildungsfirmen sich auch selbst eigene Abschlüsse zurechtzimmern, von denen in den Personalabteilungen keiner etwas weiß! |
Anbindung an Prüfungsausschüsse |
Wenn am Schluß eine Prüfung vor einer öffentlichen Stelle stehen soll, dann ist es unerläßlich, daß der Bildungsanbieter an diese Prüfung selbst angebunden ist – zum Beispiel durch Mitgliedschaft in den jeweiligen Prüfungsausschüssen. Auch die Bereitstellung "offizieller" Lehrmaterialien wie der Textbände, die die IHK für manche Veranstaltungen ausgibt, ist keine Selbstverständlichkeit, für Ihren Prüfungserfolg unter Umständen aber absolut entscheidend. Klären Sie das vor Vertragsunterzeichnung! |
Teilnehmer von Bildungsmaßnahmen |
Seit das Arbeitsamt Bildungsgutscheine verteilt, anstatt Teilnehmer zwangsweise auf Bildungsmaßnahmen zu verteilen, hat sich die Motivation der Teilnehmer von Arbeitsamtsmaßnahmen im Durchschnitt verbessert, weil zumeist Leute in einer Veranstaltung sitzen, die sich diese selbst ausgesucht haben. Dennoch ist es immer noch vergleichsweise häufig, daß in Lehrveranstaltungen für Arbeitslose Leute sitzen, die die Zeit bis zur Rente überbrücken oder die bis zur Sozialhilfe verkürzen wollen. Während beide Motive zwar menschlich verständlich sind, neigen solche Teilnehmer dennoch oft mehr oder weniger zu Leistungsverweigerung und Bummelei. Das kann das Niveau der gesamten Veranstaltung (und auch den Ruf ihres Ergebnisses in der Wirtschaft) dauerhaft verschlechtern. |
Die bisherige Vermittlungsquote |
Diese ist bei öffentlich geförderten Maßnahmen die vermutlich relevanteste Erfolgszahl, und Sie sollten sie unbedingt herausfinden. Wenn Ihr Verhandlungsführer bei dieser Frage anfängt herumzueiern, dann sollten Sie sich gleich ein anderes Institut suchen, denn die Bildungsfirmen müssen diese Zahl den Fördermittelgebern gegenüber nachweisen und Statistiken führen: wenn man Ihnen also definitive Auskünfte verweigert, dann hat man etwas zu verbergen! |
Die Zielgruppen der Bildungsfirma |
Ein langjähriger Erfahrungswert ist es, daß solides Marketing eine vorherige Marktsegmentierung braucht. Das bedeutet, daß auch Bildungsfirmen den Markt in Segmente einteilen, und dann nur bestimmte Zielgruppen bedienen. Versuchen Sie diese Zielsegmente vor Unterzeichnung eines Vertrages herauszufinden, denn wenn eine Firma sich beispielsweise auf "Arbeit statt Sozialhilfe" als Zielsegment spezialisiert, und dann plötzlich ein Führungskräfteseminar anbietet, ist Ihr Risiko qualitativer Mängel weitaus größer. |
Vollzeit oder berufsbegleitend? |
Eine traurige aber kontinuierliche Erfahrung ist, daß die Qualität von Lehrveranstaltungen, in denen Berufstätige sitzen, weitaus besser ist als die von Veranstaltungen für Arbeitslose. Während wir jetzt lange über die Grund streiten können, kann ich aber den pragmatischen Ratschlag geben unbedingt zu versuchen, nicht in eine "Arbeitslosen-Veranstaltung" zu gehen, weil diese vermutlich viel weniger leistet als eine berufsbegleitende Veranstaltung – wenn Sie die Wahl haben. Das gilt um so mehr, je schwerer die aktuelle Krise auf dem Arbeitsmarkt und je größer daher die Hoffnungslosigkeit ist. Übrigens wissen das auch die Bildungsfirmen, und pflegen ihre besten Pferde nicht in solche Rennen zu schicken – was auch schon mit den ständig gekürzten Mitteln der Arbeitsverwaltung zu tun hat! |
Wundermethoden und Psychotricks |
Bismarck soll gesagt haben, man müsse die Menschen nehmen, wie sie nun mal sind, weil man keine besseren kriegen könne. Auch alle möglichen Diktaturen sind am Versuch der Umerziehung gescheitert. Wenn ein Bildungsunternehmen Ihnen also weismachen will, daß man die absolute Hyper-Super-Schnellernmethode entwickelt habe, dann ist äußerstes Mißtrauen angebracht: während eine seriöse Didaktik durchaus von qualifizierten Dozenten richtig angewandt den Lernerfolg steigern kann, hat noch keiner den sogenannten Nürnberger Trichter erfunden. Wer immer behauptet, Sie könnten mit Spaß und ohne Last schnell alles lernen, ist mit fast hundertprozentiger Sicherheit ein Scharlatan. Übrigens: die Lüge verbirgt sich gerne in vielen Worten. Je mehr Gelaber Sie also über tolle Lernmethoden finden, desto weniger steckt vermutlich dahinter! |
Links zum Thema |
Forum für Betriebswirtschaft | Kundenzufriedenheit und Qualitätsmanagement im Bildungsbetrieb | Ausbildungs- und Umschulungsmaßnahmen des Arbeitsamtes: ein Insider packt aus | Handys, Quake und BMW: Erfahrungsbericht eines Dozenten | Gehälter und Berufsaussichten der Betriebswirte nach der Ausbildung (interne Links) | Datenbank für Aus- und Weiterbildung vom Arbeitsamt (externer Link) |