Spielverderber: Warum Lotto sich lohnt, und für wen

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Derzeit grassiert wieder das Lottofieber, um so mehr je größer der Jackpot ist. Natürlich wissen wir alle, daß das Lottospiel sich lohnt. In diesem kleinen Beitrag können Sie aber auch herausfinden, für wen – und gleich einige weitergehende betriebswirtschaftlich verallgemeinerungsfähige Ratschläge mitnehmen.

Zur Mathematik des Lottospiels

Mathematisch gesehen ist die Lottoziehung einer der bei den Statistikern so beliebten Urnentests. Aus der rotierenden Lottourne werden dabei nacheinander Kugeln entnommen und nicht zurückgelegt. Wir müssen also berechnen, wieviele Anordnungen es bei Bildung von Untermengen geben wird, was in meinen Lehrveranstaltungen zumeist ein sehr beliebtes Thema ist: Werden 6 Kugeln von insgesamt 49 entnommen, so gibt bei der ersten Kugel 49 Möglichkeiten, bei der zweiten aber nur noch 48, denn die erste wurde ja nicht zurückgelegt, bei der dritten Kugel nur noch 47 Möglichkeiten undsoweiter. Die Anzahl der möglichen Anordnungen aus 6 Kugeln ist aber 1 x 2 x 3 x 4 x 5 x 6 die Fakultät aus 6. Die Anzahl der möglichen Untermengen für 6 aus 49 wäre also "49 über 6" oder immerhin 13.983.816:
Die Berechnung n über s auf das Lottospiel angewandt
Es sei dem Leser überlassen herauszufinden, wie sich diese Zahl ändert, wenn auch die Zusatzzahl noch richtig getippt werden soll, denn ohne Zusatzzahl kein Jackpot.

Mathematik und Entscheidungstheorie

Minimalprinzip und Maximalprinzip bilden als sogenanntes Rationalprinzip die zwei Basisannahmen der Wirtschaftswissenschaften: Jeder werde versuchen, ein gegebenes Ziem mit minimalem Einsatz zu erreichen und den Nutzen des Ergebnisses möglichst zu maximieren. Ein Maß hierfür ist der Erwartungswert. Dieser ist als Nutzen mal Wahrscheinlichkeit minus Kosten mal Wahrscheinlichkeit definiert. Während die mit Sicherheit eintretenden Kosten des Lottotickets bekannt sind, fällt es dem mathematisch begabten Lottospieler nicht schwer, die Wahrscheinlichkeit des Hauptgewinnes (oder überhaupt irgendeinesGewinnes) mit Hilfe der Kombinatorik zu bestimmen. Es ergibt sich, daß der Erwartungswert des Lottospieles stets negativ ist. Man soll aber, so eine Grundaussage der Entscheidungstheorie, nie etwas machen, was einen negativen Erwartungswert hat.

Lottospiel und Steuerrecht

Wie so Vieles unterliegt auch das Lottospiel der Besteuerung, und ich meine nicht die Ertragssteuer der Veranstalter, sondern die Rennwett- und Lotteriesteuer. Diese beträgt gemäß §17 des Rennwett- und Lotteriegesetzes 20% vom Preis des Spielscheines. Ganz ohne Kombinatorik wird also klar, daß kein Lotterieveranstalter mehr als 80% seiner Einnahmen ausschütten und damit niemals einen positiven Erwartungswert produzieren kann. Aber hatten wir nicht schon im Titel behauptet, daß es sich dennoch lohnt?

Für wen Lotto sich lohnt

Der gegenwärtige Mega-Jackpot lohnt sich also zuerst für den Lottoveranstalter, der natürlich nichtmal die maximal möglichen aber dennoch mageren 80% seiner Einnahmen ausschüttet, sondern einen u.U. erheblichen Gewinn einbehält. Daß es so ist sieht man auch an den aggressiven Werbemethoden der Lottoveranstalter, die ich erst mit massiven rechtlichen Mitteln davon abhalten konnte, mich mit ihren entnervenden (und zudem rechtswidrigen) Werbeanrufen zu belästigen. Lotto lohnt sich aber auch für den räuberischen Parasiten, den hierzulande jeder Unternehmer im Fell hat, nämlich den Staat. Der kassiert nämlich die besagten 20% vom Ticketpreis ganz ohne Risiko, also mit dem höchsten Erwartungswert, den es nur geben kann – von der gewiß auch zunehmenden Ertragsteuer auf die ganz gewiß zunehmenden Gewinne der Lottoveranstalter ganz zu schweigen.

Lottospiel und Krise

Fragt man die Menschen, dann ist den meisten klar, daß Lotto sich nicht für sie lohnt. Dennoch wird gespielt – weil die meisten Spieler die Mathematik ignorieren und hoffen, es werde sie dennoch erwischen. "Wenn es überhaupt passieren kann, warum passiert es dann nicht dieses Mal bei mir?" oder so ist die Logik jedes Spielers. Wir postulieren hier, daß das Lottospiel dabei gleichzeitig einKrisenindikator ist: je mehr Menschen keine Perspektive mehr durch Arbeit und Anstrengung sehen, desto mehr greifen sie zum letzten Strohhalm, dem Glücksspiel. Wer merkt, daß Arbeit Erfolg und Wohlstand bringen kann, der spielt nicht, sondern der klotzt ran. Das hat nämlich einen viel höheren Erwartungswert – aber eben nur in einer funktionierenden Wirtschaft.

Verallgemeinerung der Lottoregeln

Wenn eine Grundregel ist, daß man bei negativem Erwartungswert jede Lotterie gewinnen kann, wenn man sie nicht spielt, so läßt sich dies auf alle Fälle mit negativem Erwartungswert verallgemeinern. Und das betrifft insbesondere die Versicherungen. Daß hier der Erwartungswert negativ sein muß, ergibt sich aus einer genau gleichen Argumentation, denn auch hier zahlt der Versicherte eine Lotteriesteuer, die aber Versicherungssteuer heißt, und die Glaspaläste der Versicherungsgesellschaften beweisen weiter, daß viel von dem Geld, das die Versicherten einzahlen, ihnen nie zurückgegeben wird. Und daß die Wahrscheinlichkeit, daß die Versicherung im Versicherungsfall auch zahlt, ist nicht immer sehr groß, wie wir alle wissen. Sich also zu versichern ist ebenso falsch, weil im Zweifel immer mehr Geld eingezahlt als zurückgegeben wird.

Angst und Krise

Ist die Krise der Treibstoff der Lotterie, so ist die Angst das Geschäftsmodell der Versicherungen. Sie verdienen an der Angst des Versicherten vor einem Schadensfall, und bauen auf die Hoffnung des Versicherten auf Auszahlung, ganz wie die Lotteriegesellschaften, wobei die hier anwendbaren Wahrscheinlichkeiten vermutlich sogar vergleichbar sind. Wer sich aber rational verhält, also nach dem Minimal- und dem Rationalprinzip handelt, der spielt nicht Lotto, und der spielt nicht Versicherung. Das ist ein Kennzeichen solider Entscheidungen: man tut nur, was einen positiven Erwartungswert hat. Was man so alles von einem Jackpot lernen kann…

Links zum Thema

Was ist eigentlich Versicherungsbetrug? | Zwangssozialbeiträge auf Direktversicherungen: Massive Kürzung durch die Hintertür |Bürgerversicherung: Die Leitbilder der Zwangsmentalität (interne Links)

 

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3 Antworten

  1. Diessner Michael sagt:

    Hallo erst einmal. Ich bin nicht so firm darin übers Internet was zu schreiben. Ist nicht ganz so meine Welt. Finde zwar das was ich suche, aber nur einmal.
    Eure Mathematische aufstellung bezieht alle Zahlen mit ein. Einige Zahlen werden aber nicht soooo oft gezogen wie viele andere Zahlen.
    Bei mir geht es nicht darum den Jackpott zu Knacken, in meiner oder unserer Finanzielen lage reicht es für einen kleinen Gewinn um Klar zu kommen, schilder gern per Mail warum wir ( meine Lebenspartnerin und Ich ) in dieser Lage geraten sind.
    Würde mich freuen wenn ein Rechengenie mir 12 x 6 Zahlen sendet, also einen Kompletten Schein im Ausschußverfahren.
    Vielen Dank für euer einsatz.
    Diessner Michael

  2. Gerben sagt:

    Was noch nicht eingeflossen ist, ist der emotionale Wert des Geldes. Was die Rechnung zu Versicherungen sagt, ist dass man sich niemals versichern soll gegen Risiken, die man selbst tragen könnte. Was ist aber mit den Risiken, die man nicht selbst tragen kann? Milliardäre brauchen keine Versicherung. Sie können alles finanziell verkraften. Für Normalverdiener sind aber einige Risiken, wie z.B. das Risiko dass das noch nicht abbezahlte Haus abfackelt, untragbar. Denn jetzt hat man plötzlich €200.000 Schulden ohne Gegenwert. In so einem Fall ist man dann doch lieber versichert. In Prinzip haben Sie aber recht, die Vollkasko-Kultur mit Garantieverlängerung usw. ist ein Unding.

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