IHK-Prüfungen: die neue »Hilfsmittelliste«

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Schon im Juli spekulierten wir an dieser Stelle, ob die Industrie- und Handelskammern bald wieder Prüfungen ohne erlaubte Hilfsmittel abnehmen. Seit einiger Zeit sind in den IHK-Prüfungen "Geprüfter Betriebswirt" und "Geprüfter Technischer Betriebswirt" nämlich Bücher, Skripte und andere nichtelektronische Hilfsmittel in beliebigem Umfang gestattet, was einige Kandidaten dazu verführt hat, mit einem fahrbaren Bücherregal zur Prüfung aufzulaufen. Die Erfahrungen damit waren also, eh, nicht wirklich optimal. Jetzt ist es also offiziell: ab 2009 werden wieder Prüfungen geschrieben, in denen nur noch wenige Hilfsmittel zugelassen sind: Rolle rückwärts bei der Kammer. Die Herbstprüfung 2008 ist aber nocht nicht betroffen.

Inzwischen sind auch erste Details aufgetaucht. Der Redaktion liegen die Hilfsmittellisten für eine Vielzahl von Fortbildungsprüfungen vor. Folgendermaßen schaut das in zwei beliebten Beispielen aus:

 

Geprüfter Betriebswirt

 

Geprüfter Technischer Betriebswirt

Zitat der offiziellen Hilfsmittelliste:

 

  • dokumentenechtes Schreibmaterial
  • Lineal
  • netzunabhängiger, nicht kommunikationsfähiger Taschenrechner
  • alle unkommentierten, unveränderten EU-Verordnungen, EU-Richtlinien, Gesetze, Rechtsverordnungen, Satzungen
  • ERA (Einheitliche Richtlinien für Dokumentenakkredetive)
  • ERI (Einheitliche Richtlinien für Dokumenteninkassi)
  • Incoterms (International Commercial Terms) jeweils in unkommentierter Original-Textfassung der Internationalen Handelskammer Paris
  • alle unkommentierten, unveränderten, gängigen wirtschafts- und finanzmathematischen Formelsammlungen

 

Diese Hilfsmittelliste gilt für alle sieben Prüfungsteile, also auch für die beiden Situationsaufgaben.

Zitat der offiziellen Hilfsmittelliste:

 

  • dokumentenechtes Schreibmaterial
  • Lineal
  • netzunabhängiger, nicht kommunikationsfähiger Taschenrechner
  • Gesetzestexte
  • handelsübliche Formelsammlungen

 

Diese Hilfsmittelliste gilt ebenfalls für alle Prüfungsteile.

 

Als verbindlicher Rechtsstand bei Gesetzestexten wird jetzt bei Frühjahresprüfungen der 31. Dezember des Vorjahres und bei Herbstprüfungen der 1. Januar des laufenden Jahres offiziell genannt. Das kann einen erheblichen Unterscheid ausmachen bedenkt man, daß in der Gesetzgebung zwischen dem 31. Dezember eines und dem 1. Januar des folgenden Jahres Welten liegen können.

Bei den zugelassenen Formelsammlungen wird ausdrücklich darauf verwiesen, daß Kommentierungen, Klebezettel, Lesezeichen, Unterstreichungen und Anmerkungen verboten sind. Zulässig sind jedoch Verweise auf andere Paragraphen. Wie man beides voneinander abgrenzen will, wird nicht ausgeführt. Wer also im Laufe der Lehrveranstaltung sein Gesetzeswerk mit bunten Reitern und vielen Kommentaren verziert hat, braucht möglicherweise für die Prüfung in jedem Fall eine neue Gesetzessammlung.

Loseblattsammlungen scheinen nicht verboten zu sein, solange sie jungfräulich bleiben.

Interessant ist die Formulierung "netzunabhängiger, nicht kommunikationsfähiger Taschenrechner". Bisher war lediglich von "nichtprogrammierbaren" Taschenrechnern die Rede. Es könnte sein, daß CAS-Rechner und solche mit Textfunktion jetzt gestattet sind, solange sie nicht kommunizieren können; das aber können sie schon nicht, wenn kein USB-Kabel vorhanden ist. Bluetooth-Taschenrechner gibt es meines Wissens nicht. Ob Taschenrechner mit eigenem Dateisystem jetzt als neuartige Spickzettel Verwendung finden können, bleibt abzuwarten; die Formulierung könnte ebenso Raum für Konfliktstoff enthalten wie Lösungsverfahren per CAS-Solver.

Soweit bisher zu sehen, wird es keine neuen Verordnungen geben, weil diese Änderung im Rahmen der bereits bestehenden Prüfungsordnungen möglich ist. Beispiele: Verordnung Geprüfter Technischer Betriebswirt und Verordnung Geprüfter Betriebswirt.

Bis zur Einladung zur ersten Prüfung nach diesen neuen Bedingungen vergeht noch einige Zeit. Änderungen sind daher noch möglich.

In Lerngruppen und Foren werden vielfach Ängste geäußert, die Prüfungen würden hierdurch schwerer. Diese Befürchtung können wir nicht teilen. Die Prüfungen werden erstmal eines: ruhiger. Rundum mit Büchern raschelnde und über nicht gefundene Fundstellen fluchende Prüfungsteilnehmer können einem den letzten Nerv rauben. Das hat ab 2009 offenbar ein Ende. Prüfungsaufgaben werden aber auf die erwartete, d.h. während der Prüfung herbeigeführte Situation hin kalibriert. Die Aufgabenersteller berücksichtigen also, daß Bücher, Zeitungen, Kammerskripte und vieles andere mehr nicht mehr verwendet werden dürfen. Dies muß also nicht automatisch bedeuten, daß es schwerer wird; dies könnte indes aus ganz anderen Gründen der Fall sein. Das wäre aber einen anderen Artikel wert…

Links zum ThemaAnscheinend kein Gerücht: IHK-Prüfungen bald wieder ohne Hilfsmittel! | Der geprüfte Taschenrechner, oder von mangelndem mathematischen Verständnis in Prüfungsaufgaben | IHK-Fortbildungen: warum bestehen kaum die Hälfte der Teilnehmer? | Technischer Betriebswirt: Erste Erfahrungen mit der neuen Verordnung | Geprüfter Betriebswirt: neue Verordnung, neue Prüfung – neues Spiel, neues Glück | Die neuen Verordnungen der Kämmerlinge, oder des Kaisers neue Kleider (interne Links)Verordnung Geprüfter Technischer Betriebswirt | Verordnung Geprüfter Betriebswirt (externe Links)

 

 

 

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