Geprüfter Technischer Betriebswirt: noch ein Fehler im »Rechnungswesen«

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Nachdem wir uns gestern an dieser Stelle über die beiden teils schwerwiegenden Fehler in Aufgabe 6 der Prüfung im Fach "Rechnungswesen" vom 12. März des Jahres verbreitet haben, nehmen wir uns heute mal Aufgabe 1 derselben Prüfung vor. Gleich am Anfang findet sich nämlich ein nicht minder heftiger Hauer:

 

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Der Prüfungsteilnehmer soll hier das Niederstwertprinzip bei Umlaufvermögen gemäß §253 Abs. 3 Satz 1 HGB anwenden. Die Aufgabe konstruiert einen Einkauf von 1.000 Stück einer Ware zu insgesamt 50.000 Euro im Laufe eines Geschäftsjahres. Am Ende dieses Geschäftsjahres sei erst die Hälfte des Postens verbraucht und der Marktpreis des Produktes sei "aufgrund der wirtschaftlichen Lage" um 20% gefallen. Die Bilanzierung am Stichtag soll steuer- und handelsrechtlich entwickelt werden, eigentlich ganz einfach.

Der Prüfungsteilnehmer vermindert also die Hälfte des Warenpostens, also 25.000 Euro, um 20% oder 5.000 Euro, denn §253 Abs. 3 Satz 1 HGB schreibt eine Teilwertabschreibung bei Börsen- oder Marktpreisverfall verbindlich vor. Der Warenposten ist daher handelsrechtlich mit 20.000 Euro zum Stichtag zu bewerten.

Steuerrechtlich ist schon seit 1999 nach §6 Abs. 1 Nr. 2 EStG eine Teilwertabschreibung bei vorübergehender Wertminderung verboten, so daß mit 25.000 Euro weiterhin zu bewerten wäre, eigentlich eine klare Sache.

Doch der Mensch denkt und die Kammer lenkt, oder der Prüfungsteilnehmer dachte und die Kammer lachte: obwohl ausdrücklich von der wirtschaftlichen Lage als Grund des Wertverlustes die Rede ist, steht in derselben Aufgabe etwas weiter unten, daß der Bilanzierungspflichtige von einer dauernden Wertminderung ausgegangen sei, ein Widerspruch in der Aufgabe: Marktwertschwankungen sind niemals endgültig und berechtigen niemals zu einer steuerrechtlichen Teilwertabschreibung, weil sie nicht zu einer dauernden Wertminderung führen. Genau davon soll hier aber ausgegangen werden, der offizielle Lösungsvorschlag geht von einer Einheitsbilanzierung aus!

Die Wertansätze sollen sowohl steuerlich als auch handelsrechtlich entwickelt werden, und der Prüfungsteilnehmer, der das Gesetz richtig anwendet, verliert hier 50% der Punkte. Ein offensichtlicher Fehler, wieder eine echte Prüfungsknallschote. Risiken und Nebenwirkungen in unsachgemäß gestellten Prüfungsfragen machen die Vorbereitung auf kommende Prüfungen aber nicht eben leichter, und erhöhen nicht das Vertrauen in die Arbeit der Ausschüsse.

Links zum Thema: Geprüfter Technischer Betriebswirt: gravierende fachliche Fehler in Prüfung »Rechnungswesen« (interner Link)

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