Spieltheorie: wenn die Summe im Sattel sitzt…

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Im Studium gilt die Entscheidungstheorie als abstrakt und realitätsfern, und ist entsprechend unbeliebt. Seit den neuen Prüfungsverordnungen "Geprüfter Technischer Betriebswirt" und "Geprüfter Betriebswirt" müssen sich aber auch die Teilnehmer von IHK-Prüfungen damit herumschlagen. Dabei ist es gar nicht so schwer, wenn man es sich erstmal klargemacht hat, und dann auch höchst praxisrelevant wie wir unten sehen werden. Eines der häufigsten Beispiele: das Nullsummenspiel.

Als "Spiel" bezeichnet man eine Situation, in der mindestens zwei Personen in Zielausschluß oder Zielwiderspruch zueinander stehen. Zielwiderspruch ist die Situation, in der die Zielerreichung der einen Person die gleichzeitige Zielerreichung der anderen Person vermindert, und Zielausschluß heißt, daß wenn einer sein Ziel erreicht, der andere sein Ziel gar nicht erreichen kann. Die Theorie, die sich mit solchen im Management offensichtlich häufigen Situationen befaßt, ist die Spieltheorie.

Die wahrscheinlich häufigste Situation ist das sogenannte Nullsummenspiel: was eine Person gewinnt, das verliert zuvor ein anderer. Alles, was ich besitze, habe ich vorher jemand anders vom Butterbrot genommen: Brot für die Welt, aber die Wurst bleibt hier. Das ist das Nullsummenspiel: die Ressource ist endlich, oder wird ideologisch beschränkt, und nur über die Verteilung wird Wettbewerb betrieben, nicht aber über die Ausdehnung des Spielraumes insgesamt. Nullsummenspiele sind daher nicht nur häufig, sondern meist auch heftig. Sie eignen sich daher besonders, einige Grundkonzepte zu demonstrieren.

Im nachstehenden Zahlenbeispiel gibt es einen Entscheider und einen Gegenspieler, die um eine knappe, in der Summe insgesamt konstante Ressource wie etwa den insgesamt pro Periode vorhandenen Kundenumsatz konkurrieren. Jeder Spielteilnehmer hat vier Entscheidungsalternativen, E1E4 bzw. G1G4. Die Zahlen in der Matrix symbolisieren das Resultat, z.B. die Gewinn- oder Deckungsbeitragsveränderung, die sich aus den einzelnen Entscheidungen ergibt. Da das Resultat dabei stets von beiden Entscheidungen gleichzeitig abhängt, gibt es aus Sicht eines jeden Entscheidungsträgers pro Handlungsalternative stets vier verschiedene mögliche Resultate, d.h., eines pro jeweilige Handlung des Gegners:

 
  G1 G2 G3 G4 Min.
E1 40 30 –10 –25 –25
E2 30 20 0 10 0
E3 –80 60 –30 –100 –100
E4 50 35 –5 30 –5
Max. 50 60 0 30  

Bedeutsam ist hierbei, daß die positiven Werte des einen Spielteilnehmers negative Werte für den anderen darstellen, d.h., ein Vorzeichenwechsel stattfindet: Gewinnt einer der Spielteilnehmer beispielsweise 30, so ist dies zugleich ein Verlust in gleicher Höhe für den anderen Teilnehmer. Die Gesamtsumme bleibt also stets konstant, nur die Verteilung ändert sich.

Eine rationale Entscheidung ist möglich, wenn ein Nullsummenspiel einen sogenannten Sattelpunkt hat. Wählt im vorliegenden Beispiel beispielsweise der Entscheider die Alternative E2, kann er nicht mehr als null verlieren (30, 20, 0, 10). Die ungünstigste Entscheidung des Gegenspielers führt also zu keinem Verlust; gleichwohl besteht die Chance, bei einer entsprechenden Entscheidung des Gegners bis zu 30 zu gewinnen.

Unterstellen wir dem Gegenspieler gleichartiges (ja lediglich im Rationalprinzip begründetes) Denken, sind die positiven Werte der Tabelle für ihn negative und umgekehrt. Für ihn werden deshalb Spaltenmaxima gebildet: 50, 60, 0, 30. Wählt er die Alternative G3, so kommt er ebenfalls stets ohne Verlust davon. Die Alternativenkombination E2 und G3, die durch das Maximum der Zeilenminima und das Minimum der Spaltenmaxima bestimmt ist, stellt also den Sattelpunkt des Nullsummenspieles dar:

 
  G1 G2 G3 G4 Min.
E1 40 30 –10 –25 –25
E2 30 20 0 10 0
E3 –80 60 –30 –100 –100
E4 50 35 –5 30 –5
Max. 50 60 0 30  

Für beide Seiten gibt es keine bessere Alternative, weil jeder, wenn ihn der andere in seiner Absicht durchschauen würde, einen höheren Verlust machen würde.

Diese Situation ist außerordentlich häufig, denn nicht nur das materielle Wachstum der Wirtschaft insgesamt wird unter politisch-ideologischem Vorwand eingeschränkt. Es wird also kaum mehr Wettbewerb und neue Ressourcen betrieben, sondern nur noch gewonnen, was jemand anders zuvor verloren hat. Es gibt, in einem Wort, kaum jemals eine sogenannte "Win-Win-Situation", sondern überall nur Nullsummenspiele. Das gilt aber auch die innerhalb eines Unternehmens, einer Ehe oder in einem Arbeitsverhältrnis: auch dort sind die insgesamt vorhandenen materiellen oder potentiellen Ressourcen sind oft konstant, so daß Verteilungskämpfe nach dem hier gegebenen Win-Loose-Nullsummenmuster geführt werden.

Links zum Thema: Entscheidungstheorie: wie funktioniert eigentlich die Nutzwertanalyse? (interne Links)

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