BilMoG: Übersicht über geplante Neuregelungen im Handelsrecht

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Nachdem das Bilanzrechtsmodernisierunsgesetz (BilMoG) schon 2004/05 unter Rot-Grün im Rohr steckengeblieben ist, steht nunmehr eine neue Version des Reformvorhabens an. Sollte die gegenwärtige schwarz-rote Koalition bis zum Herbst halten, wird es das BilMoG diesmal auch ins Bundesgesetzblatt schaffen – und damit voraussichtlich 2009 in Kraft treten. Wir bringen einen Überblick über die richtigsten Neuregelungen:

Das Handelsrecht war wegen seiner zahlreichen Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechte zunehmend in die Kritik geraten. Das BilMoG verfolgt daher die Absicht, viele dieser angeblich nicht mehr zeitgemäßen Rechte abzuschaffen oder einzuschränken. Das Handelsrecht nähert sich dabei in einigen Punkten an das vielfach schon seit 1999 viel restriktivere Steuerrecht an, aber eine Einheitsbilanzierung wird nach wie vor weitgehend unmöglich sein. Zudem wird eine Entbürokratisierung verfolgt, die insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen entlasten soll. Eine Abschaffung des III. Buches des Handelsgesetzbuches zugunsten der vollumfänglichen Einführung der IAS/IFRS scheint derzeit vom Tisch zu sein.

Die folgende Übersicht beruht ausschließlich auf dem seit November 2007 bekanntgemachten Referentenentwurf. Die endgültige Gesetzesversion kann hiervon noch abweichen. Auf der BWL CD wird das BilMoG erst in der endgültigen Fassung berücksichtigt sein.

Buchführungspflicht

§241a Abs. 1 HGB-E Einzelkaufleute, die an den Abschlußstichtagen zweier aufeinanderfolgender Geschäftsjahre nicht mehr als 500.000 Euro Umsatz und nicht mehr als 50.000 Euro Gewinn erzielen, brauchen die §§238 bis 241 HGB nicht anzuwenden. Das entspricht faktisch einer (teilweisen, aber weitreichenden) Befreiung von der Buchführungspflicht. Leider entspricht diese Regelung nicht genau der steuerrechtlichen Buchführungspflicht nach §141 AO.

 

Bilanzierungsvorschriften

§246 Abs. 1 Satz 2 HGB-E Aktivierungspflicht für entgeltlich erworbene (derivative) Geschäfts- und Firmenwerte im Einzelabschluß.
§248 Abs. 2 HGB-E Aktivierungspflicht für selbstgeschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, also Aufhebung des bisherigen Aktivierungsverbotes. Dies widerspricht dann im wesentlichen der bisher mit dem Handelsrecht harmonierenden steuerrechtlichen Regelung aus §5 Abs. 2 EStG. Vorbild für die Neuregelung dürfte IAS 38 sein, insbesondere hinsichtlich der Abgrenzung von Forschung, Entwicklung udn Vertrieb udn Verwaltung.
§249 HGB-E Abschaffung des Passivierungswahlrechtes für Rückstellungen für unterlassene Instandhaltungen und Abraumbeseitigung sowie für Aufwandsrückstellungen. Die Rückstellungsbildung ist damit aber noch keineswegs mit der steuerrechtlichen Regelung aus §5 Abs. 2a bis 4b EStG deckungsgleich.
§250 Abs. 1 Satz 2 HGB-E Anschaffung des Aktivierungswahlrechtes für als Aufweand berücksichtigte Zölle, soweit sie auf ausweispflichtige Vermögensgegenstände entfallen.
§269 HGB Aktivierungspflicht für Bilanzierungshilfen für die Ingangsetzung und Erweiterung des Geschäftsbetriebes bei Kapitalgesellschaften, also Aufhebung des bisherigen Wahlrechtes.
§274 HGB-E Aktivierungspflicht für latente Steuern aus temporären Differenzen, Verlustvorträgen und Steuergutschriften.

 

Bewertungsvorschriften

§246 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. §285 Nr. 13 HGB-E Planmäßige Abschreibung auf erworbene Geschäfts- oder Firmenwerte. Dies ist bedauerlich, denn das Verbot planmäßiger Abschreibung solcher Werte bei gleichzeitiger Pflicht zu regelmäßigen Werthaltigkeitsprüfungen aus IFRS 4 ist die einzig wirklich realistische Bewertung. Eine Annäherung an die internationale Regelung scheint also verpaßt zu werden.
§253 Abs. 1 Satz 2 HGB-E Einführung einer Pflicht , Pensionsrückstellungen nach "vernünftiger kaufmännischer Beurteilung" zu bewerten. Dies führt praktisch zu einer Pflicht, Trendannahmen zugrundezulegen. Für viele Unternehmen kann dies eine erhebliche Erhöhung der Rückstellung mit sich bringen.
§253 Abs. 1 Satz 3 HGB-E Fair-Value-Bewertung ("beizulegender Zeitwert") für zu handelszwecken erworbene Finanzinstrumente.
§253 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 und 5 HGB-E Pflicht zur außerplanmäßigen Abschreibung bei voraussichtlich dauernder Wertminderung und Beschränkung des Wahlrechtes zur außerplanmäßigen Abschreibung auf Finanzanlagen. Zudem Einführung eines Wertaufholungsgebotes.
§254 HGB-E Bildung von Bewertungseinheiten, nicht aber ein Übergang zum Component Approach wie in IAS 16.
§255 Abs. 2 Satz 2 HGB-E Aktivierungspflicht von Material- und Fertigungsgemeinkosten in den Herstellungskosten und damit eine erhebliche Annäherung an das Steuerrecht und die IAS/IFRS-Vorschriften.
§256 HGB-E Beschränkung der Verbrauchsfolgeverfahren auf FIFO und LIFO. Die LIFO-Bewertung entspricht damit dem Steuerrecht (R 6.9 Abs. 1 EStR) und die FIFO-Bewertung IAS 2.25. Bisher mindestens handelsrechtlich zulässige Methoden wie HIFO und LOFO sind damit endgültig tot; tatsächlich wurden sie aber schon seit vielen Jahren kaum noch praktiziert, so daß diese Neuregelung kaum praktische Auswirkungen haben dürfte. Die Durchschnittsbewertung nach §240 Abs. 4 HGB bleibt unverändert, ebenso die Gleichbewertung nach §240 Abs. 3 HGB.
§265a HGB-E Umrechnung von Fremdwährungen künftig per Devisenkassakurs, damit also weitgehende Abkehr vom bisherigen strengen Niederstwertprinzip für Fremdwährungsforderungen und Höchstwertprinzip für Fremdwährungsschulden.

 

Sonstiges

§264 Abs. 1 Satz 2 HGB-E Pflicht zur Aufstellung einer Kapitalflußrechnung für kapitalmarktorientierte Unternehmen, die jedoch nicht konzernrechnungslegungspflichtig sind, sowie Einführung eines Wahlrechtes, eine Segmentberichterstattung aufzustellen. Da die meisten kapitalmarktnahen Unternehmen aber schon von §315 a HGB erfaßt sind und nach IAS/IFRS Rechnungslegung betreiben, wo diese beiden Rechenwerke ohnehin verlangt werden, hat diese Neuregelung vermutlich keine große Auswirkung. "Kapitalmarktnah" ist ein Unternehmen, dessen Anteilsscheine (z.B. Aktien) an einem geregelten Markt, d.h. an der Börse gehandelt werden.
§264 e HGB-E Einführung eines generellen Wahlrechtes für Kapitalgesellschaften, nach HGB oder nach IAS/IFRS Rechnungslegung zu betreiben. Der Kreis der IFRS-Anwender wird damit über die bisherige Vorschrift des §315 a HGB auch auf nicht-kapitalmarktnahe Unternehmen ausgeweitet. Die Ausübung dieses Wahlrechtes stellt damit faktisch das internationale Rechnungswesen zur "Abstimmung". Allerdings muß auch bei Option für IAS/IFRS noch immer ein HGB-Abschluß angefertigt werden, was dieses Wahlrecht vermutlich stark beschränkt.
§267 HGB-E Erhöhung der Größenklassengrenzen, so daß in einigen Fällen Unternehmen (wieder) in eine geringere Größenklasse klassifiziert werden. Dies erleichtert (vermindert) die Offenlegungspflichten. Die Neuregelung soll der Entbürokratisierung dienen.

 

Das HGB nähert sich damit der internationalen Rechnungslegung an, und erbt auch deren Probleme – wir zum Beispiel die oftmals schwer nachvollziehbare Bewertung immaterieller Vermögensgegenstände. Ein Totalumstieg auf die internationale Rechnungslegung ist derzeit offensichtlich nicht geplant, auch wenn der Anwenderkreis weiter ausgedehnt wird. Inwieweit das Handelsrecht aber eine langfristige Zukunft hat, bleibt abzuwarten.

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