IHK-Fortbildungen: warum bestehen kaum die Hälfte der Teilnehmer?

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In Fortbildungen wie "Geprüfter Betriebswirt" oder "Geprüfter Technischer Betriebswirt", die derzeit die höchsten Abschlüsse darstellen, die die Industrie- und Handelskammern anzubieten haben, bestehen bisweilen gerade mal die Hälfte der Teilnehmer am Ende auch die Prüfung. Das mag damit zu tun haben, daß diese beiden Lehrgänge auf Master-Niveau plaziert werden sollen, also die Prüfungen deutlich heftiger werden. Man sollte sich aber von hohen Durchfallerquoten nicht schrecken lassen, denn man hat es weitgehend selbst in der Hand, was am Ende herauskommt.

Wie jedes andere Vorhaben im Leben auch sind die IHK-Lehrgänge ein kontrolliertes Wagnis mit ungewissem Ausgang. Dennoch ist dem damit verbundenen Risiko des Scheiterns nicht schutzlos ausgeliefert, und auch den Prüfern nicht, denn die Prüfungen sollten anonym durchgeführt werden. Und aus gutem Grund gibt es stets eine Erst- und eine Zweitkorrektur bei schriftlichen Prüfungen und stets mindestens drei mündliche Prüfer. Setzt man also eine willkürfreie Benotung voraus, so kann man die eigenen Erfolgschancen sehr wohl beeinflussen.

Lernen ist eine Daueraufgabe: wer meint, die Prüfung in zwei Jahren sei noch weit genug weg um es erstmal ein bißchen schleifen zu lassen, begeht einen schweren Fehler. Körperliche Anwesenheit bei den Lehrveranstaltungen alleine reicht nicht, man muß die Inhalte auch geistig durchdringen und immer am Ball bleiben. Wer den Urlaub über die Fortbildung stellt, ist selbst schuld – so einfach ist das. Ebenso muß man vorher wissen, daß nachher die Wochenenden nur noch eine theoretische Größe sind. Wer diese zeitliche Belastung nicht aushält, sei es aus persönlichen Gründen oder wegen des "normalen" Vierzehnstundentages, hat schlechte Karten. Kein Dozent und keine Kammer kann diese Last der berufsbegleitenden Fortbildung mindern.

Bilden Sie Lernzirkel! Ein ganz ähnlicher Rat ist, zwischen den Veranstaltungsterminen Skripte, IHK-Textbände und vom Dozenten ausgegebene elektronische Materialien gründlich durchzuschauen. Sie werden normalerweise nicht ohne guten Grund hergestellt und verbreitet. Das viele Material durchzuarbeiten und auch zu verstehen geht aber meist in Gemeinschaft besser. Selbst regelmäßige Lernstammtische in Kneipenhinterzimmern können nützen, wenn sie nicht im Bierdunst absaufen.

Vereinbaren Sie Lernen und Beruf! Es gibt tatsächlich Teilnehmer, die die Prüfung gegen den Willen des Arbeitgebers absolvieren. Von solchen Ausnahmefällen mal abgesehen sollte man versuchen, die berufliche und ggfs. familiäre Belastung mit der Fortbildung in Einklang zu bringen. Wer am Freitag todmüde und überarbeitet in der Lehrveranstaltung aufläuft kann kaum noch ein Tor schießen. Nur wer Kraft hat, auch wirklich geistig (und nicht nur körperlich) anwesend zu sein, kriegt den Ball auch ins Tor!

Wenden Sie an, was Sie lernen! Die Lehrgänge haben spezifische Inhalte, die auf das mittlere Management zielen. Zur Vereinbarung von Lehrgang und Beruf gehört auch zu versuchen, die gelernten Inhalte im Betrieb praktisch anzuwenden. Das erleichtert nicht nur die später zu verfassende Projektarbeit, sondern füllte die Theorie mit Leben – eine unerläßliche Voraussetzung, denn wenn es Spaß macht und Erfolg vermittelt, ist die Prüfung oft nur noch eine Formalie.

Wählen Sie den richtigen Veranstalter! Eine Bildungsfirma, die 95% Erfolgsquote möglichst noch ohne jede Anstrengung (sondern stattdessen per Meditation und "Alpha-Wellen") verspricht ist ebenso unseriös wie eine, die uralte Schulbänke aus der DDR und keinen einzigen Computer besitzt (beides selbst erlebt). An anderer Stelle haben wir Hinweise zur seriöser Veranstalter gegeben, die Sie beherzigen sollten. Schließlich kosten solche Fortbildungen meist mehrere Tausend Euro. Dafür möchte man schließlich auch Qualität haben. Es kann aber auch Sinn machen, vorher über Qualitätsmanagement im Bildungsbetrieb nachzudenken, denn viele der "traditionellen" Regeln sind hier nicht anwendbar.

Fordern Sie die Dozenten! Viele Dinge, die Ihnen in solchen Fortbildungen über den Weg laufen, sind zunächst eher schwer verdaulich – zum Beispiel, warum Bankzinsen nix in der Kostenrechnung verloren haben oder veränderliche Kosten noch lange nicht variabel sind. Auf solchen Spitzfindigkeiten bauen aber die Prüfungen auf. Es macht also Sinn, die Dozenten gnadenlos auszufragen. Das hilft den unterrichtenden Kollegen übrigens auch, ihr Fachgebiet zu vermitteln, denn wenn nur fleißig mitgeschrieben und nicht gefragt wird fällt es auch dem Vortragenden schwer zu erkennen, ob nur auswendig gepaukt oder wirklich verstanden wird. Prüfungen setzen aber immer mehr auf Transferwissen, also auf die Treppe, die dahin führt wo kein Lift hinfährt, nämlich zum Erfolg. Denken Sie immer daran daß Unterricht keine Einbahnstraße ist, sondern von beiderseitiger Beteiligung lebt. Das hat die Lehrveranstaltung übrigens mit gutem Sex gemein: auch hier müssen alle Seiten mitmachen, damit es Spaß macht 🙂

Trainieren Sie mit alten Prüfungen! Auf Aufgabenlyriker sind nur Menschen, aber solche mit bestimmten Vorlieben. Die sollten sich schon im Unterricht wiederspiegeln und auch in Ihrem persönlichen Übungsprogramm eine Rolle spielen. Welche Steckenpferde die Dichter und Denker der Aufgabenausschüsse gerade reiten, ist aus dem genauen und eingehenden Studium der früheren Prüfungen der jeweiligen Fortbildung meist ganz gut ersichtlich. Der jeweiligen Aufgaben samt zugehöriger Lösungsvorschläge möglichst lückenlos habhaft zu werden gehört also zur obersten Pflicht eines jeden Teilnehmers. Leider sind die Kammern oder sonstigen Veranstalter des jeweiligen Lehrganges dabei nicht immer hilfreich.

Und schließlich: Benutzen Sie das Netz! Der BWL-Bote wurde aus gutem Grund (und mit inzwischen über 20 Jahren Erfahrung) ins Netz gestellt und ist schließlich ebenso kostenlos wie das Forum für Betriebswirtschaft.

Ich weiß, daß ich bisweilen die "Kämmerlinge" mit meinen Artikeln ärgere, aber ein bißchen Klappern gehört schließlich zum Handwerk. Und ich weiß auch, daß viele Dinge sich in den letzten Jahren verbessern, z.B. die Textbände. Ist das eigentlich ein Zufall? Jedenfalls unfair ist es, die Aus- und Fortbildungsabteilungen der Kammern als Behörden zu sehen, denn sie finanzieren sich aus Teilnehmergeldern (und nicht aus Zwangsbeiträgen). Sie kriegen ihre Kunden nicht auf dem Silberteller serviert, wie etwa die Zwangsversicherungen, sondern müssen selbst Akquise betreiben. Darum sitzen dort auch keine "IHK-Rentner", wie jemand kürzlich behauptete.

Ich mache immer wieder die Erfahrung, daß diejenigen, die etwas konsequent wollen und mit Energie und Ausdauer verfolgen, ihr Ziel auch erreichen. Der starke Charakter findet, was er sucht. Das ist eine einfache Wahrheit. Es gibt Leute, die dutzende solche Prüfungen bestanden haben, es ist also möglich. Aber es erfordert eine Menge Ausdauer und Willenskraft. Ohne Fleiß kein Preis, so einfach ist das. No Risk, No Fun!

Links zum Thema: Anonymisierung von Prüfungen: Von der Namenlosigkeit des Opfers, oder dem Vertrauen in die Täter | Vom Wochenende in den Opportunitätskosten, oder die Zeitnöte der berufsbegleitenden Fortbildungen | Der heimliche Betriebswirt: über die Weitsichtigkeit einiger Arbeitgeber | Schwarze Schafe: Hinweise zur Wahl der richtigen Bildungsfirma | Kundenzufriedenheit und Qualitätsmanagement im Bildungsbetrieb | Wissen, Können und Erkennen, oder von der Treppe, die zum Prüfungserfolg führt | Forum für Betriebswirtschaft (interne Links)

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