Bilanzierung von Webseiten, Teil 2 von 3: Die Webseite als Aufwendung

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Nachdem wir uns vorgestern an dieser Stelle über die Möglichkeiten zur Aktivierung von virtuellen Vermögenswerten ausgelassen haben, blieb ein fader Beigeschmack zurück: nicht nur durch §248 Abs. 2 HGB ist oft an eine Aktivierung nicht zu denken; selbst wenn ein Vermögensgegenstand wie eine Domain aktivierungspflichtig ist, fehlt es an der planmäßigen Abschreibung, und mit ihr an dem entsprechenden steuerlichen Effekt. Dem Bilanzierenden kann da leicht die Idee kommen, wenigstens die Webseite als solche insgesamt als Aufwendung zu erfassen. Das hätte nämlich steuerliche Vorteile…

Dies ist zulässig, wenn zur Erstellung des virtuellen Auftrittes Mittel verbraucht worden sind, was in aller Regel der fall sein dürfte. Steuerlich handels es sich dann um Betriebsausgaben, und die sind direkt abzugsfähig, wirken also unmittelbar steuermindernd. Die Behandlung als Aufwand bietet sich an, wenn eine Aktivierung unmöglich oder zweifelhaft ist. Webseiten, die primär der Produkt- oder Unternehmenswerbung dienen, sind i.d.R. als Aufwand zu qualifizieren, schon alleine aufgrund der Analogie zu herkömmlichen Werbefeldzügen, die auch stets "nur" als Aufwand behandelt wurden. Dieser Analogieschluß ist auch ein gutes Argument in Auseinandersetzungen mit Finanzbehörden, die auf einer Aktivierung bestehen könnten.

Selbst dann kann die Webseite noch zu einem Vermögenswert werden, wenngleich mit Verzögerung: nämlich indirekt im Wege desGeschäfts- oder Firmenwertes. Hierunter versteht man den Teil des realisierten oder erwarteten Verkaufspreises für ein Unternehmen, der die Summe der Werte der Aktiva abzüglich der Passiva, also das Reinvermögen (Eigenkapital) übersteigt. Der Firmenwert ("Goodwill") artikuliert damit die nicht bewerteten Vermögensgegenstände, die sich jedoch dennoch im Unternehmen befinden, und stellt den wirklichen Marktwert der Unternehmensgesamtheit dar. Selbst wenn eine Webseite zunächst als Aufwendung behandelt worden ist, also keinen bilanziellen Niederschlag gefunden hat, kann sie oft den Firmenwert steigern; sie wird damit indirekt zu einem Wirtschaftsgut, wenn das Unternehmen als Ganzes verkauft wird, etwa bei einer Übernahme. Die Webseiten teilen damit das Schicksal zahlreicher anderer immaterieller Wirtschaftsgüter. Bei Aktivierung nach IAS/IFRS fällt das Problem nur noch in "entschärfter" Version an, weil eine Bewertung zwar zuvor stattgefunden hat, aber durch den Geschäfts- oder Firmenwert eine Auf- oder Abwertung eintreten kann.

Wer dieser kleinen Serie von Artikeln weiter folgt, findet an gleicher Stelle bald einen dritten, besonders exotischen Vorschlag – der sich schon wegen seiner scheinbaren Abwegigkeit ganz besonders als Prüfungsfalle eignet.

Links zum ThemaBilanzierung von Webseiten, Teil 1 von 3: Virtuelle Vermögenswerte | Bilanzierung: Was ist eigentlich ein Geschäfts- oder Firmenwert? | Skript zu IAS/IFRS | Was nicht im Abschluß steht, Teil 2 von 3 – Stille Reserven (interne Links)

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