Die Nachrichtennetzwerke berichten heute, daß im abgelaufenen Jahre in Deutschland die größte Zahl an Arbeitsplätzen gemessen in absoluten Zahlen seit Ende des zweiten Weltkrieges verlorengegangen ist. Insbesondere sei erstmals auch im Dienstleistungsgewerbe die absolute Zahl der Stellen zurückgegangen, was mit der angeblichen Entwicklung zur Dienstleistungsgesellschaft irgendwie nicht zusammenpassen will. Was aber sagt die volkswirtschaftliche Theorie dazu?
Die sogenannte Phillips-Kurve besagt, daß es eine inverse Beziehung zwischen Unterbeschäftigung und Inflation gibt, und zwar in der Weise, daß die Summe der Übel gleichsam konstant sei, und die Wirtschaftspolitik unter gegebenen Randbedingungen nur wählen könne, ob das Gesamtübel sich als Inflation oder als Unterbeschäftigung äußere.
Senke eine Regierung beispielsweise die Zinsen, so führe dies zu einer Belebung der binnenwirtschaftlichen Nachfrage, was auf den Arbeitsmarkt durchschlagen könne, wenn die Unternehmen zur Befriedigung der Nachfrage einstellen müßten, aber durch die Steigerung der Nachfrage eben auch zu einem Anziehen der Preise führe. Umgekehrt könne eine Regierung auch die Zinsschraube anziehen, was zu einer Drosselung der binnenwirtschaftlichen Nachfrage und damit des Preisanstieges, aber zugleich auch zu einer Einschränkung der Wirtschaftstätigkeit und damit zu Entlassungen führe.
Durch den EU-Vertrag ist die Preisniveaustabilität als oberste Aufgabe der Europäischen Zentralbank festgelegt. Konstatiert man, daß die EZB diese Aufgabe vergleichsweise gut erfüllt (wobei wir nicht über einzelne Prozente streiten wollen), dann wäre zu erklären, weshalb es dennoch zu einer so erheblichen Steigerung der Arbeitslosigkeit kommt. Eine mögliche Erklärung ist, daß die Randbedingungen eben nicht konstant sind – sie werden schlechter. Hält man unter diesen krisenhaften Bedingungen die Inflation mit geldpolitisch restriktiven Maßnahmen in der Nähe von null, so wirkt die generelle Krise sich nur auf den Arbeitsmarkt aus. Diese Auswirkung ist um so härter, je stärker der Geldmarkt durch die Politik der EZB geschützt ist. Genau das beobachten wir: Die volkswirtschaftliche Theorie spricht von einer sogenannten Stagflation.
Schon im vergangenen Jahr hieß es inoffiziell, daß es 7,2 Millionen Arbeitslose seien. Wieviele es heute sind, wird durch eine neue Methode der statistischen Erhebnung tunlichst unter der Decke gehalten. Kein Wunder, daß bei trotz angeblicher Steuerreform weiter steigenden Steuer- und Abgabenlasten die Schwarzarbeit blüht. Daß man aber bald den Zoll zur Verfolgung von Schwarzarbeiterneinsetzen will zeigt nur, daß die Politik nichtmal im Ansatz erkannt hat, was in diesem Lande schiefläuft – vielmehr werden weitereProgramme zum Export von Arbeitsplätzen aufgelegt. Nur der Bundeskanzler schwadroniert noch vom kommenden Aufschwung – und kürzt den Rentnern, Kranken und Arbeitslosen weiter die Gelder und Leistungen, die sie durch ihre Beiträge erworben haben.
Links zum Thema: Die reale Zahl: 7,2 Millionen Arbeitslose? | Die neue Arbeitslosenstatistik, oder vom Überlebenskampf des Tausendfüßlers | Steuerquote bei Arbeitnehmern 2004: kein nennenswerter Rückgang | Arthur B. Laffer und die Kleptokratie | Bald Gefängnisstrafen für Schwarzarbeit? | Kleine Vorausschau auf den kommenden Wirtschaftsaufschwung (interne Links)