Wirtschaftspolitische Leitsätze des Widerstandes gegen den Nationalsozialismus wieder aktuell

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Der sogenannte "Kreisauer Kreis" war eine der wichtigsten Widerstandsgruppen gegen Hitler und das nationalsozialistische Regime. Benannt nach dem Ort seines Zusammentreffens, dem Gut Kreisau in Niederschlesien, bestand die Gruppierung aus sehr unterschiedlichen Persönlichkeiten christlichen und sozialdemokratischen Hintergrundes. Nach dem gescheiterten Attentat auf Hitler am 20.07.1944 wurden zahlreiche Mitglieder des Kreisauer Kreises vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und hingerichtet.

Die wirtschaftspolitischen Ideen des Kreisauer Kreises basierten auf einer in der französischen Revolution ebenso wie im Christentum wurzelnden Naturrechtslehre und liefen auf eine Art dirigistischer Marktwirtschaft hinaus. Geprägt von der Erfahrung der Weltwirtschaftskrise der 30er Jahre und der nationalsozialistischen Herrschaft wird dem Staat eine subsidiäre Rolle zugewiesen, und die Wirtschaft soll durch den Austausch nützlicher Güter im Rahmen eines fairen Wettbewerbes den Bürgern und dem Gesamtvolk dienen. Das war einst ein Text des Widerstandes – und ist heute in einer Welt der Finanzwetten und der staatlich organisierten Abzocke durch sogenannte Sozial"versicherungen" von geradezu erschreckender Aktualität. Jetzt, da nicht nur im Energie- und im Gesundheitswesen der Sozialismus erfolgreich wieder eingeführt wurde, sollten nicht nur der Terroristenanwalt, der die Rolle des Innenministers gibt, und der berufslose Taxifahrer und Bücherdieb, der Außenminister und Stellvertreter des Bundeskanzlers spielt, sondern auch andere derzeit Herrschende sich die Thesen des Kreisauer Kreises zur Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik gründlich zur Kenntnis nehmen:

 

  • Die Wirtschaft dient der sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Wohlfahrt und Erhöhung des Volkes.
  • Sinn der Wirtschaft ist die Deckung des echten Bedarfs, Ermöglichung eines menschenwürdigen Daseins der Bürger und Sicherung der wirtschaftlichen Existenz des Gesamtvolkes.
  • Die Wirtschaft ist nicht über oder vor dem Staat. Die Wirtschaft ist für das Volk da, aber nicht das Volk für die Wirtschaft.
  • Die Wirtschaft wird vom Staat gelenkt, aber nicht schablonisiert oder mechanisiert.
  • Die Wirtschaft des kommenden sozialen Staates wird eine gebundene Wirtschaft sein. Die Aufgabe des Staates wird sich auf die große Planung, die Überwachung und die Durchsetzung der allgemeinen Grundsätze beschränken.
  • Das Grundprinzip der Wirtschaft ist der geordnete Leistungswettbewerb.
  • Träger des wirtschaftlichen Gebarens ist der Unternehmer; der Staat ist grundsätzlich nicht Unternehmer.
  • Freie Entschlußkraft und Selbstverantwortung des Unternehmers werden anerkannt.
  • Soweit der am Markte – unter Mitwirkung eines volkswirtschaftlich orientierten, aber freien Handelns – auszutragende Leistungswettbewerb und die darauf fußende Preisbildung zur Wahrnehmung der volkswirtschaftlichen Interessen nichtgenügt, hat der Staat für die erforderliche Ergänzung zu sorgen.
  • Einkünfte, die in ihrer Höhe und ihrer Art dem volkswirtschaftlichen Ziele nicht dienen, sind grundsätzlich zu bekämpfen. Vordringlich ist Neubildung von volkswirtschaftlichem Kapital. Soweit Lins und Renten als Einkommenskategorien diese Aufgabe zweckmäßig lösen helfen, sind sie – unbeschadet 2.1. [der Aussage des ersten Satzes] – zu billigen.
  • Die Arbeit muß so gestaltet werden, daß sie
  • die persönliche Verantwortungsfreudigkeit fördert und nicht verkümmern läßt."
  • Ziel der Volkswirtschaft ist nachhaltige Steigerung des realen Arbeitseinkommens unter Förderung der moralischen und körperlichen Kräfte des Volkes…
  • Statt "Expropriation der Expropriateure" muß das Ziel lauten: Entproletarisierung des Proletariats.
  • Aller Besitz ist sozial gebunden, d.h. Verwendung, Art der Verwaltung und Verwertung aller materiellen Güter werden primär durch die allgemeinen Anliegen der Sicherung der wirtschaftlichen Existenz des Gesamtvolkes und der Garantie des Existenzminimums für alle bestimmt. Diese soziale Bindung kann in bestimmten, genau zu prüfenden und vorsichtig abzuwägenden Fällen bis zur Vergesellschaftung führen.
  • Die Betriebe der öffentlichen Hand sind nach den allgemeinen für die Wirtschaft geltenden Grundsätzen zu führen und zu beaufsichtigen.
  • Arbeitgeber und Arbeitnehmer bilden in jeden Betrieb zur Förderung der Betriebe und der kameradschaftlichen Zusammengehörigkeit eine Arbeitsgemeinschaft.
  • Die innerbetriebliche Lebens- und Rechtsordnung regelt die Stellung aller am Unternehmen beteiligten Menschen im Unternehmen … Kurz, auf alle Fragen der innerbetrieblichen Lebensweise hat die Arbeiter- und Angestelltenschaft grundsätzlich einen rechtlich begründeten Einfloß.
  • Die Organe der Arbeiter- und Angestelltenschaft werden in innerbetrieblicher Wahl direkt festgestellt.
  • Die wirtschaftliche und technische Geschäftsführung untersteht zwei indirekten Kontrollorganen: einmal der allgemeinen Wirtschaftsüberwachung des Reiches und alsdann den Organen, die für die Einhaltung der innerbetrieblichen Lebens- und Rechtsordnung zuständig sind.
  • Eine dauerhafte Eigentumsbildung muß für alle Schichten des Volkes möglich sein und darf nicht durch Überbelastung des Einkommens durch den Staat dauernd gefährdet werden.
  • Garantie eines Minimaleinkommens für alle Familien, das sich aus Lohn und allgemeinen Leistungen zusammensetzt … 1) er verheiratete Arbeiter genießt rechtliche Garantie eines höheren Existenzminimums, da die Familie allgemeines Anliegen ist.
  • Dies alles bedingt neben Durchsetzung der Forderungen ausgleichender und sozialer Gerechtigkeit die Pflege echten Gemeinschaftsgeistes (Solidarität), und zwar durch Erhebung in die Ordnung der christlichen Liebe und Brüderlichkeit, wie das ja schon stark in rerum novarum [Sozialenzyklika von Papst Leo XIII, Anm. d. Hrsg.] betont wird.
  • Wenn auch heute- nicht zuletzt infolge der notwendigen Einordnung der einzelnen Betriebe in die Gesamtwirtschaft von umfassenden Großräumen – das Gemeinwohl mehr als früher eine staatliche Lenkung der Wirtschaft erfordert, so sollte doch nach Möglichkeit die freie Selbstbetätigung und die recht verstandene Selbstverwaltung der Wirtschaftskörper gewahrt bleiben.
  • Analog zum politischen Aufbau wird der Aufbau der wirtschaftspolitischen Selbstverwaltung gegliedert in die unterste Einheit der Betriebes (Gemeinde), die mittlere Einheit des regionalen Wirtschaftsbereiches (Kreis), die höhere Einheit des Wirtschaftgebietes (Land), die höchste Einheit der Volkswirtschaft (Reich). Auch hier gilt der [Subsidiaritäts-]Grundsatz, alles was möglich ist, durch die jeweilige untere Einheit erledigen zu lassen.
  • Alle in der Wirtschaft tätigen Menschen haben gleiche Mindestpflichten zu erfüllen. Zu diesen Mindestpflichten gehören Ehrlichkeit und Sauberkeit in der Wirtschaftsführung, Vertrags- und Arbeitstreue im Rahmen der abgeschlossenen Verträge.

Quellenangaben:

  • "Dossier: Kreisauer Kreis, Dokumente aus dem Widerstand gegen den Nationalsozialismus", aus dem Nachlaß von Lothar König SJ, Frankfurt/M. 1987
  • Liebig, Michael: "Christentum, Staat und Wirtschaft. Die Aktualität grundsätzlicher Überlegungen des deutschen Widerstandes", in: "Ibykus", Nr. 82/2003, S. 42ff.

 

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