Alle Jahre wieder kommt es zu den bekannten Auseinandersetzungen mit den Finanzämtern über die eingereichten Steuererklärungen. Da wollen die Beamten etwas nicht anerkennen, was der Steuerpflichtige unbedingt angeben will, oder bewerten Sachverhalte anders, als es der Steuerpflichtige tut. Doch der Steuerzahler ist nicht machtlos: dieses Dokument faßt die wichtigsten Rechtsbehelfe zu sammen, d.h., die Mittel, die ein Steuerpflichtiger hat, sich gegen Entscheidungen (oder auch gegen Untätigkeit) der Finanzbehörden zu wehren. Die folgende Übersicht zeigt die wichtigsten Rechtsmittel ("Rechtsbehelfe), die in der Abgabenordnung [AO] und der Finanzgerichtsordnung [FGO] vorgesehen sind. Einspruch und Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand sind dabei als sogenannte Vorverfahren kostenlos. Bitte beachten Sie auch wie weiteren Hinweise am Schluß des Dokuments:
Antrag oder Rechtsbehelf oder Rechtsmittel | Fristen | Adressat, Beteiligte(r) | Gegenstand des Verfahrens | Rechtsquelle | |
Beginn | Dauer | ||||
Einspruch | Bekanntgabe bzw. Zustellung des Verwaltungsaktes | 1 Monat | Die den Verwaltungsakt erlassende oder ablehnende Finanzbehörde | Alle in §347 Abs. 1 AO genannten Verwaltungsakte, insb. Steuerbescheide, sowie deren Aufhebung oder Änderung bzw. Ablehnung (§365 Abs. 3 AO) | §§347, 355, 356, 357 Abs. 2 AO |
Antrag auf Erlaß eines Verwaltungsaktes | keine Frist | Nichtentscheidende Finanzbehörde | Nichtentscheidung der Finanzbehörde nach Antrag auf Erlaß eines Verwaltungsaktes ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes binnen angemessener Frist | §§347 Abs. 1 Satz 2, 355 Abs. 2 AO | |
Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand | Wegfall des Hindernisses zur Einhaltung der gesetzlichen Frist/Ende der versäumten Frist | Bis zu 1 Jahr | Zuständige Finanzbehörde | Unverschuldete Nichteinhaltung einer gesetzlichen Frist | §110 AO |
Anfechtungsklage | Bekanntgabe der außergerichtlichen Rechtsbehelfsentscheidung, sonst Bekanntgabe des VA | 1 Monat; 1 Jahr wenn Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben ist oder unrichtig war | Zuständiges Finanzgericht gegen die Finanzbehörde, die den ursprünglichen VA abgelehnt oder erlassen hat, oder die Finanzbehörde, wenn Klage dort erhoben oder zur Niederschrift gegeben wird (§47 Abs. 2 FGO) | Aufhebung, Änderung eines VA (Einspruchsentscheidung) der Finanzbehörde | §§47 Abs. 1, 40 FGO, §55 Abs. 2 FGO |
Verpflichtungsklage | Ablehnung des beantragten VA und Bekanntgabe der außergerichtlichen Rechtsbehelfsentscheidung | Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen VA durch die Rechtsbehelfsbehörde | |||
Sprungklage | Bekanntgabe des angefochtenen VA oder der Ablehnung des beantragten VA | 1 Monat | Zuständiges FG gegen die Finanzbehörde, die den VA abgelehnt oder erlassen hat | Die in §348 AO bezeichneten Verwaltungsakte (z.B. Steuerbescheide) und ihre Ablehnung | §§45, 47 Abs. 1 FGO |
Untätigkeitsklage | Einlegung des außergerichtlichen Rechtsbehelfes; Antrag auf Vornahme eines VA | Nicht vor 6 Monaten | Zuständiges FG | Nichtentscheidung in angemessener Frist über außergerichtliche Rechtsbehelfe ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes | §46 FGO |
Revision | Zustellung des Urteils oder Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Revision (§115 Abs. 5 FGO) | 1 Monat | Zuständiges Finanzgericht | Urteile der Finanzgerichte bei Verletzung von Bundesrecht, ausnahmsweise im Fall des §33 Abs. 1 Nr. 4 FGO auch von Landesrecht | §§120 Abs. 1 Satz 1 FGO |
Nichtzulassungsbeschwerde | Zustellung des Urteils des Finanzgerichts | 1 Monat | Finanzgericht, dessen Entscheidung angefochten werden soll (nicht der BFH) | Die Nichtzulassung der Revision durch das Finanzgericht | §115 Abs. 3 FGO |
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Nur der Einspruch hat große praktische Bedeutung, schon alleine wegen seiner Unentgeltlichkeit. Bitte beachten Sie daher auch die folgenden Tips und Ratschläge zur Durchführung von Einspruchsverfahren:
Ein Einspruch führt nur dann zu dem gewünschten Ergebnis, wenn er zulässig ist; daneben muß er auch begründet sein, das heißt das Vorbringen muß somit den Steuergesetzen entsprechen. Die Kriterien der Zulässigkeit sind:
- Statthaftigkeit (§347 AO)
- Form nach §357 AO: schriftlich, erkennbar, wer Einspruch einlegt (nicht unbedingt Unterschrift), unrichtige Bezeichnung schadet nicht, Telefax möglich.
- Beschwer §350 AO: bei festgesetzter Steuer i.H.v. 0,- DM grds. keine Beschwer
- Frist: §§355 Abs. 1, 122 Abs. 2, 108 Abs. 1 AO, §§187, 188 BGB
Begründet ist ein Rechtsbehelfsverfahren bei materieller Rechtmäßigkeit; Insbesondere ist hier die Rechtmäßigkeit aus den Einzelsteuergesetzen gemeint.
Der Einspruch ist nach §347 Abs. 1 Nr. 1 AO in allen Abgabenangelegenheiten, auf denen die AO anwendbar ist, statthaft. Hierunter fallen beispielsweise folgende Verwaltungsakte:
- Steuerbescheide (auch Vorauszahlungsbescheide)
- Steueranmeldungen
- Feststellungsbescheide
- Steuermeßbescheide
- Ablehnung von Stundungs- und Erlaßanträgen
- Festsetzung von Verspätungszuschlägen
- Ablehnung eines Antrags auf Aussetzung der Vollziehung
Der Einspruch muß schriftlich, zur Niederschrift oder telegraphisch (auch per Telefax) eingelegt werden. Daß die Finanzbeamten Einsprüche schon per EMail entgegennehmen, würde ich nicht beschwören, obwohl das mE nach von der Formerfordernis "telegraphisch" gedeckt sein müßte. Eine eigenhändige Unterschrift ist nicht erforderlich (§357 AO). Telefonische Einsprüche sind unzulässig. Ob der Einspruch als solcher bezeichnet ist, ist unschädlich. Aus dem Einspruch muß sich ergeben, wer den Rechtsbehelf einlegt, d.h., es muß nicht "Einspruch" drüberstehen. Allerdings muß immer erkennbar sein, welche Entscheidung der Behörde angegriffen wird (Aktenzeichen/Steuernummer/Datum oder ähnlich angeben!).
Der Einspruch muß innerhalb der Einspruchsfrist von einem Monat nach Bekanntgabe (§122 Abs. 2 AO) des Verwaltungsaktes beim zuständigen Finanzamt eingelegt sein (§355 AO). Um die Einspruchsfrist zu wahren, kann der Steuerpflichtige den Einspruch zunächst auch ohne Begründung einlegen. Wird die Begründung nicht innerhalb einer vom Finanzamt festgesetzten Frist nachgereicht, kann der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen werden (sog. "Präklusionsfrist", §364b AO).
MERKE: Sollte der Steuerpflichtige – unverschuldet – die Einspruchsfrist versäumt haben, so hat er noch die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§110 AO), wenn ihn kein Verschulden trifft.
ABER: Erkennt das Finanzamt beispielsweise Werbungskosten nicht an und begründet dies aber nicht, so liegt kein Verschulden vor (§126 Abs. 3 AO).
Über den Einspruch entscheidet die Finanzbehörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, durch Einspruchsentscheidung (367 Abs. 1 AO). Die Behörde muß den angefochtenen Verwaltungsakt stets in vollem Umfang neu überprüfen. Keine förmliche Entscheidung ist erforderlich, wenn dem Einspruch stattgegeben wird; in diesem Fall kann die Finanzbehörde den angefochtenen Verwaltungsakt zurücknehmen oder in vollem Umfang ändern (Abhilfebescheid).
Die Überprüfung des Verwaltungsaktes kann auch hinsichtlich eines Sachverhaltes zu einem Nachteil für den Steuerpfl. führen, gegen den dieser gar kein Rechtsmittel eingelegt hat, der aber bei der auf das Rechtsmittel hin durchgeführten erneuten Überprüfung des gesamten Sachverhaltes erst aufgefallen ist (allen Ernstes als sogenannte „Verböserung“ bezeichnet). Allerdings muß die Behörden den Steuerpflichtigen auf diese Möglichkeit aufmerksam gemacht haben und ihm Gelegenheit geben, sich zu äußern (§367 Abs. 2 AO). Der Einspruch kann in diesen Fällen zurückgenommen werden.
Durch das Einlegen des Einspruchs wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes nicht gehemmt (§361 Abs. 1 AO), d.h. inbesondere, daß der Steuerpflichtige trotz Einspruch bezahlen muß. Wird dagegen die Vollziehung ausgesetzt, so wird die angeordnete Rechtsfolge nicht vollzogen. Die Finanzbehörde, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, ist auch für die Aussetzung der Vollziehung zuständig (§361 Abs. 2 AO). Die Aussetzung soll erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige Härte darstellt. Die Aussetzung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden, soweit eine Gefährdung der Steuerforderung besteht. Hat der Steuerpflichtige mit dem eingelegten Einspruch keinen Erfolg, so ist der geschuldete Betrag zu verzinsen (§237 AO).
Aktuell zum Thema: Das vorstehende Dokument ist ein Auszug aus dem Skript über die Abgabenordnung aus der BWL CD | www.elster.de: die elektronische Steuererklärung (Externer Link)