FIFO, LIFO und die SGD: veraltete Aufgaben, falsche Lösungen

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Nachdem wir schon vor einiger Zeit über zweifelhafte Aufgaben im BWL-Studium der SGD berichtet haben, ist wieder eine sehr seltsame Aufgabe von diesem Anbieter aufgetaucht. Diesmal ist die Aufgabe, die ein Leser im Forum für Betriebswirtschaft gepostet hat (hier), nicht nur sachlich falsch erklärt, sondern auch um Jahrzehnte veraltet. Ist das die Qualität, die zahlende Kunden von der Studiengemeinschaft Darmstadt erwarten können?

Altertumsforschung mit der D-Mark-Frage?

Dieses Ärgernis kommt auffällig daher, schon auf den ersten Blick ist zu erkennen, daß diese Übungsfrage veraltet ist, aber aus zweierlei Gründen, was schon weniger offensichtlich ist:

Ein Mineralgroßhändler hat zu Beginn des Geschäftsjahres 6.000.000 Liter Heizöl zu 0,60 DM/Liter = 3.600.000 DM vorrätig. Im Laufe des Jahres hat er folgende Posten eingekauft:
05.02.: 1.000.000 l 0,40 DM/l = Wert 400.000 DM
10.05.: 1.500.000 l 0,50 DM/l = Wert 750.000 DM
15.07.: 2.000.000 l 0,60 DM/l = Wert 1.200.000 DM
20.09.: 1.200.000 l 0,50 DM/l = Wert 600.000 DM
25.11.: 1.800.000 l 0,70 DM/l = Wert 1.260.000 DM
Am Ende des Geschäftsjahres sind 1.500.000 Liter Heizöl in den Tanks. Wie hoch ist der Wert des Endbestandes (Bilanzausweis) bei Anwendung des
a) (gewogenen) Durchschnittsverfahrens
b) Lifo-Verfahrens
c) Fifo-Verfahrens
d) Hifo-Verfahrens
e) Lofo-Verfahrens

Daß die DM am 1. Januar 2002 durch den Euro ersetzt wurde, ist gewiß auch den Aufgabenlyrikern der SGD bekannt, ebenso wie daß schon 1999 der Euro als Buchgeld eingeführt worden ist. Hätten also solche Aufgaben schon seit 1999 umgestellt werden können, so wäre spätestens 2002 jede DM-Frage veraltet gewesen. Das hindert die SGD aber nicht, noch in 2004 solche Fragen herauszugeben.

Was zum Teufel ist LOFO?

Noch schlimmer ist aber die inhaltliche Seite: so werden Verbrauchsfolgeverfahren ausdrücklich von §256 HGB erlaubt; §6 Abs 1 Nr. 2a EStG macht schon weitergehende Einschränkungen. Insgesamt sind neben der Durchschnittsbewertung nur FIFO (First In First Out) und LIFO (Last In First Out) zulässig, und das ist schon seit vielen Jahren so – selbst zu meiner Studentenzeit, die 1983 begann und 1988 endete, also vor so ungefähr zwanzig Jahren, waren HIFO (Highest In First Out) und LOFO (Lowest In First Out) schon Museumsstücke und steuerrechtlich nicht mehr erlaubt. Wie kommt es aber, daß sowas noch im Jahre des Heils 2004 in einer Prüfungsfrage steht?

Aber es kommt noch besser

Hier sind wir aber nicht am Ende der SGD-Fahnenstange angekommen: Zu der LIFO-Aufgabe gibt es nämlich eine ziemlich seltsame offizielle Lösung: Das LIFO-Verfahren wird nämlich so erklärt, daß der in der Aufgabe gegebene Anfangsbestand 6.000.000 l mal 0,60 DM (Einzelpreis des Anfangsbestand) plus die Menge der Zugänge 7.500.000 l mal 0,40DM (Einzelpreis des 1. Zugangs) minus die Menge der Abgänge 12.000.000 l mal 0,40 DM (Einzelpreis des 1. Zugangs) gerechnet werden solle, was auf 0,48 DM/l kommen soll. Hier sträuben sich mir aber alle Nackenhaare: was hat das denn mit LIFO zu tun? Wenn die zuletzt eingegangenen Vermögensgegenstände zuerst verbraucht wurden, dann besteht der Endbestand von 1.500.000 l nur noch aus einem Teil des Anfangsbestandes von 6.000.000 l und muß also wie dieser mir 0,60 DM/l bewertet werden. Ein ganz offensichtlicher gravierender Fehler in der Lösung macht dem Lernenden das Verstehen der an sich übersichtlichen LIFO-Methode unnötig schwer!

Schlechte Prüfer, faule Leerkörper

Es ist förmlich mit Händen zu greifen, daß hier eine Uralt-Prüfungsfrage durch die Generationen tradiert wird – sehr zum Nachteil der Studenten, die so einen Unsinn pauken sollen. Und ganz offensichtlich hat nicht nur ein fauler Leerkörper Aufgaben-Recycling betrieben, sondern sogar selbst auch den Lösungsmechanismus der gelehrten Methode nicht verstanden – ein Trauerspiel, das. Und daß die künftigen Entwicklungen, wie die gegenwärtige Behandlung von FIFO und LIFO in IAS 2 oder gar die geplante Abschaffung von LIFO im Handelsrecht durch die Bilanzrechtsreform ab 2005 bei der SGD noch keine Spuren hinterlassen haben, versteht sich von selbst. Die ohnehin schon kurze Halbwertszeit des Wissens im Rechnungswesen ist dabei für SGD-Absolventen schon abgelaufen, bevor sie eigentlich begonnen hat.

Kein Einblick in Zusammenhänge

Wäre es noch selbstverständlich, wenigstens aktuelle Rechtskenntnis bei der SGD voraussetzen zu können, so wäre es gewiß ein Sahnehäubchen, auch die betriebswirtschaftlichen Querverbindungen in deren Material wiederzufinden. So ist beispielsweise der Zusammenhang zwischen Bewertung und Kosten gewiß auch der SGD bekannt, und hoffentlich auch der zwischen Bewertungsmethode und Lagerdauer: steigt man beispielsweise von Durchschnittsbewertung (§240 Abs. 4 HGB) auf FIFO ($256 HGB) um, so verdoppelt sich die durchschittliche Lagerdauer, was schon manchem Verwalter verderblicher Waren ein böses Erwachen verschafft hat. Das in die Lehre und auch in die Aufgaben einzubauen, würde praxisnahes anwendbares Wissen vermitteln – was man der SGD ganz offensichtlich aber nicht zumuten kann. Hierfür braucht es nämlich Praxiserfahrung (und viel Fleiß). Beides scheint bei der SGD Mangelware zu sein.

Kleine Hilfen an die SGD zur Entwicklung bessere Aufgaben

Liebe Prüfungslyriker von der SGD (und auch alle SGD-Fernstudenten), ich emfehle Euch die Lektüre meines Inventur-Skriptes und die Benutzung meines FIFO-LIFO-Modellrechners. Beides ist kostenlos aber hoffentlich nicht umsonst!

Links zum Thema

Forum für Betriebswirtschaft | Posting mit der ursprünglichen Aufgabe | Inventur, Inventar, Bilanz | FIFO-LIFO-Modellrechner (Excel ab Version 97) | »Donald Dick«: Porno-Sprache in Übungsaufgaben! | Kleine Typologie unfairer Prüfungsfragen | Kundenzufriedenheit und Qualitätsmanagement im Bildungsbetrieb (interne Links) | Studiengemeinschaft Darmstadt (SGD) (externer Link).

Literatur

Zingel, Harry: "Handbuch für Prüfungsteilnehmer. Schriftliche und mündliche Prüfungen erfolgreich überstehen", ISBN 3-937473-06-8, 14,80 EUR

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