Der Plagiarius 2016 – wer hat am dreistesten kopiert?

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Auch dieses Jahr wurde der Negativpreis wieder an die Unternehmen verliehen, die besonders dreist bei der Konkurrenz abgekupfert haben. Die meisten „Gewinner“ stammen aus China; Silber und Gold gehen allerdings an deutsche Unternehmen.

1977 besuchte der als Industriedesigner tätige Rido Busse eine Messe in Frankfurt und entdeckte eine Brief- und Diätwaage der deutschen Firma Soehnle-Waagen – die allerdings am Stand eines Herstellers aus Hong Kong angeboten wurde. Was auf den ersten Blick erstaunliche Ähnlichkeit mit dem Originalprodukt hatte, erwies sich auf den zweiten Blick als qualitativ minderwertiges Plagiat mit einer beträchtlich höheren Wiegeungenauigkeit, das sich zu diesem Zeitpunkt allerdings schon mehr als 100.000 verkauft hatte – und zwar für weniger als die Hälfte des Originalpreises. Die Firma Soehnle erwirkte eine einstweilige Verfügung gegen den chinesischen Hersteller, nur um zwei Monate später festzustellen, dass das selbe Modell nun durch einen anderen Nachahmer aus Hong Kong auf dem deutschen Markt angeboten wurde.

aktion-plagiariusDurch diese Erfahrung sensibilisiert, stellte Rido Busse umfangreiche Recherchen über die Möglichkeit von Schutzrechten an und kam zu dem Ergebnis, dass die rechtliche Lage für Plagiatoren äußerst günstig war. Das brachte ihn auf die Idee, nicht nur die breite Öffentlichkeit, sondern vor allem auch den Gesetzgeber auf diese problematische Situation aufmerksam zu machen und die Unternehmen anzuprangern, welche aus den Innovationen und Produkten anderer Hersteller Profit schlagen. Das war die Geburtsstunde des Plagiarius-Preises, dessen Äußeres passend zur Thematik designt wurde: Er stellt einen schwarzen Gartenzwerg mit der sprichwörtlichen goldenen Nase dar, welche sich die Unternehmen durch das Kopieren anderer Produkte verdienen; schließlich sparen sie sich durch deren Nachahmung alle Kosten, die mit der Entwicklung und der entsprechenden Forschung einhergehen.

Das Plagiate nach wie vor ein großes Problem darstellen und auch im letzten Jahr wieder kopiert wurde, was das Zeug hält, beweist die diesjährige Preisverleihung, welche im Rahmen der Frankfurter Konsumgütermesse stattfand: Vom Möbelschuh und Standventilator über Tupperware und Winterkleidung bis hin zum Kronleuchter fand die Jury (welche aus Experten verschiedener Branchen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz besteht) wieder zahlreiche Produkte, die offensichtlich nicht aus den eigenen Kreativlabors der jeweiligen Hersteller stammten. Im folgenden stellen wir hier die Top Drei vor, die es in diesem Jahr aufs Siegertreppchen geschafft haben:

Platz 3: Pfannkuchen-Wender der Firma „Delicia“
Die Bronzemedaille hat sich ein Hersteller aus China verdient, der nicht nur das Produkt der tschechischen Firma Tescoma 1:1 übernommen hat, sondern sich parallel auch noch am Design der Verpackung bedient hat. Der einzige sichtbare Unterschied sind die verschiedenen Logos der Hersteller auf der linken Seite.

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Platz 2: Tortreibriegel „Deni Plano“
Den zweiten Platz belegt diesmal das deutsche Unternehmen Steinbach & Vollmann aus Heiligenhaus, welche den Tortreibriegel (der Teil des Verschlussmechanismus von Toren ist) der Konkurrenz von Niederhoff & Dellenbusch nahezu identisch kopiert und vertrieben hat. In diesem Fall stammen beide Hersteller sogar aus demselben Ort; die Firma Niederhoff & Dellenbusch erfuhr von der Kopie aber erst durch Kunden, welche sich über die nachlassende Qualität des Produkts beschwert hatten.

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Platz 1: Brillenfassung „Aries“
Wenig Weitblick besitzt offenbar auch das Unternehmen MOM Mechanische-Optische-Metallverarbeitung mit Sitz in Rathenow. Der Betrieb „orientierte“ sich bei der Herstellung seiner Brillenfassung am Produkt der Firma Meyer Brillenmanufaktur aus Saarbrücken – von der Farbe bis hin zu den Scharnieren. Ergebnis: Original und Plagiat sind kaum zu unterscheiden und brachten dem Unternehmen den ersten Platz auf dem Treppchen ein. In diesem Zusammenhang läuft aktuell übrigens ein gerichtliches Verfahren gegen MOM; um den laufenden Prozess nicht zu behindern, wird die offizielle Verleihung des Preises dementsprechend bis zu dessen Ende aufgeschoben. Daher gibt es auch kein Foto an dieser Stelle.

Fotos:
Tastatur: Anatolii Babii/ istockphoto
Produktfotos: Plagiarius

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