Technische Betriebswirtschaft: Rentabilitätsrechnung bei Ersatz eingebetteter Maschinen

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In den vier Artikeln über Amortisationsrechnung bei eingebetteten Maschinen (Teil 1, Teil 2, Teil 3 und Zusammenfassung) haben wir uns darüber Gedanken gemacht, wie man eine Amortisationsrechnung durchführt, wenn dem Investitionsobjekt keine Zahlungszuflüsse zuzurechnen sind. Das ist in der Regel der Fall bei sogenannten "eingebetteten" Maschinen, also Anlagen, die Teil eines Maschinenparks sind, der nur insgesamt Umsatzerlöse erwirtschaftet. Der einzelnen Anlage können dann keine Einzahlungen, in der Regel aber doch Auszahlungen zugerechnet werden. Das genügt schon für eine statische und eine dynamische Amortisationsrechnung. Wie aber macht man in diesem Fall eine Rentabilitätsrechnung?

Um den folgenden Artikel zu verstehen, benötigen Sie die dem Rechengang zugrundeliegenden Ausgangszahlen des Problems. Sie können diese auch in einem separaten Fenster hier anzeigen lassen (Popups müssen zugelassen sein).

Das Problem

Rentabilität ist das Verhältnis zwischen einer Ergebnisgröße und einer eingesetzten Ressource. Die Ergebnisgröße ist normalerweise ein Gewinnmaß, wobei es bekanntlich eine Vielzahl verschiedener Gewinndefinitionen gibt. Wie so oft muß auch hier eine richtige Gewinndefinition angewandt werden. Die Standardmöglichkeiten sind aber nicht anwendbar, weil der eingebetteten Anlage ja keine Umsätze oder Zahlungszuflüsse zuzurechnen sind. Wie kann man dieses Problem lösen?

Kosteneinsparung als Gewinnmaß

Die einfache Antwort: durch die Investition werden die Kosten reduziert. Dies kann als Maßzahl für die Rentabilität verwendet werden. Es ist ein spezielles Gewinnmaß. Um das zu verstehen, schauen wir uns zunächst nochmal die zu den Ausgangsdaten gehörende Kostenauswertung an, die wir schon im ersten Artikel berechnet hatten:

  Posten Manuelle Lösung Automatische Anlage
21 Kalkulatorische Zinsen 720,00 €/Jahr 8.760,00 €/Jahr
22 Kalkulatorische Abschreibungen 1.250,00 €/Jahr 15.400,00 €/Jahr
22 Zahlungsgleiche (pagatorische) Fixkosten 300,00 €/Jahr 600,00 €/Jahr
23 = Fixkosten insgesamt 2.270,00 €/Jahr 24.760,00 €/Jahr
24 + Variable Kosten 51,00 €/Stunde 35,00 €/Stunde
25 = Gesamtkosten 83.870,00 €/Jahr 80.760,00 €/Jahr

Bei der angestrebten Auslastung des Produktionssystems i.H.v. 1.600 Stunden pro Jahr entsteht also eine Kosteneinsparung in Höhe von 83.870 – 80.760,00 = 3.110 Euro pro Jahr. Das ist zwar kein Betriebsergebnis im eigentlichen Sinne, aber doch in der Rentabilitätsformel nutzbar. Es ist ein spezielles Gewinnmaß.

Die Rentabilitätsrechnung

Die eingesetzte Faktorsumme ist der durchschnittliche Kapitaleinsatz, der für die Investition in die automatische Anlage notwendig ist. Im einfachsten Fall wäre dies

 

Durchschnittliche Kapitalbindung

Jetzt kann man die Rentabilität dieses (durchschnittlichen) Kapitaleinsatzes aus der Verhältnisrechnung mit der Kosteneinsparung ermitteln:

 

Kapitalrentabilität

Die bisher erreichten Ergebnisse werden damit facettenreicher: war die Investition aus statischen und allgemeinen dynamischen Gesichtspunkten heraus vorteilhaft, so kann man Vorteilhaftigkeit Sicht der Rentabilitätsrechnung bezweifeln. Das erreichte Ergebnis liegt weit unter der Mindestrentabilität des Betriebes i.H.v. 12%. Auch aus dieser Sicht wäre die Investition, die bisher so vorteilhaft erschien, also in jedem Fall zu unterlassen.

Interpretation und Kritik des Ergebnisses

Dieses Ergebnis ist aber problematisch. Wer eine Studien-, Projekt- oder Diplomarbeit schreibt, sollte das problematisieren und die wichtigsten Kritikpunkte kurz darstellen. Nur so zeigt ein Prüfungsteilnehmer, daß er das Problem wirklich verstanden (und nicht nur mechanisch eine Rechnung durchgeführt hat).

Zunächst könnte argumentiert werden, daß nicht die ganze Investitionssumme i.H.v. 138.000 Euro in die Berechnung der durchschnittlichen Kapitalbindung gehört, sondern nur die Differenz zur Alternativinvestition. Die hier einzubringende durchschnittliche Kapitalbindung soltle daher auch nur die Differenz zwischen beiden Investitionen darstellen – ganz so, wie im Zähler ja auch eine Kostendifferenz verwendet wurde. Das führt zu einer (geringfügig) höheren Rentabilität, ist aber nur anwendbar, wenn der Investor eine Wahl hatte. Es kann also kritisch hinterfragt werden.

Ferner wäre einzuwenden, daß die berechnete Rentabilität nur bei einer Jahresleistung von genau 1.600 Stunden gilt. Ein Arbeitsjahr hat aber ohne Mehrschichtbetrieb meist so um die 2.000 Stunden. Bei einer Steigerung der Leistung erhöht sich auch die Rentabilität. Bei einem Rückgang hingegen sinkt sie – um bei einer Leistung von 1.405,625 Stunden pro Jahr, also bei der kritischen Leistung, genau null zu erreichen und darunter in den negativen Bereich abzugleiten. Auch das müßte problematisiert werden, denn eigentlich kommt hier nicht eine Rentabilität heraus, sondern ein Rentabilitätsbereich, der von 0% (bei der kritischen Leistung) bis zu 13,0274% (bei 2.000 Stunden/Jahr) reicht. Dieses Ergebnis wäre aber deutlich oberhalb der Mindestrentabilität von 12%: der Investor kann also durchaus auch aus Rentabilitätsgesichtspunkten investieren, muß aber seine Auslastung steigern. "Sich regen bringt Segen", das ist die ganze Wahrheit, die hier auf formalem Weg ermittelt wurde.

Die Probleme der Techniker

Insbesondere aus dem Bereich der IHK-Teilnehmer hatten wir sehr viele Anfragen zu diesem Thema. Das verwundert nicht, denn die Qualität der Kammerkurse scheint zu verfallen. Das gilt auch für die Bildungsfirmen, unter denen sich leider immer mehr unseriöse Geschäftemacher finden. Wer es in einem Zweitages-Schnellkurs versucht hat, wird an sowas gewiß scheitern. Leider gibt es immer noch Leute, die auf sowas hereinfallen – obwohl gerade die Techniker oft wegen ihrer völlig anderen Denkweise grundlegende Verständnisschwierigkeiten haben. Wir werden aber auch weiterhin an dieser Stelle und im kostenlosen Forum für Betriebswirtschaft die Kammerteilnehmer unterstützen.

Links zum Thema: Technische Betriebswirtschaft: Statische und dynamische Maschinenersatzrechnung (Teil 1 von 3) | (Teil 2 von 3) | (Teil 3 von 3) | Technischer Betriebswirt: Nachlese zur Amortisationsrechnung | Unausrottbare Fehler: Wie fehlerhafte Gewinndefinitionen zu undurchdachten Praktikerlösungen werden | Bildungspolitik: warum die Kammer-Kurse so drastisch verfallen | Der Techniker zwischen Barwert und Bilanz, oder die kreative Inkompatibilität der Technischen Betriebswirte | Forum für Betriebswirtschaft (interne Links)

Literatur:
Zingel, Harry, "Investitionsrechnung", Weinheim 2009, ISBN 978-3-527-50468-8, Amazon.de
Zingel, Harry, "Kosten- und Leistungsrechnung", Weinheim 2008, ISBN 978-3-527-50388-9, Amazon.de

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