Prozeßgliederung: So bucht man die kalkulatorischen Kosten

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Kalkulatorische Kosten sind ein Phänomen des internen Rechnungswesens. Am bekanntesten sind die kalkulatorischen Zinsen und die kalkulatorischen Abschreibungen. Beide dienen, genau wie die übrigen kalkulatorischen Kosten, dem korrekten Ausweis der eingesetzten Produktionsfaktoren. Ihnen stehen neutrale Aufwendungen gegenüber, beispielsweise Schuldzinsen und bilanzielle Abschreibungen. Meistens wird dies nur tabellarisch abgebildet, aber es gibt auch ein auf Buchungssätzen und Kontierungen beruhendes Abrechnungsverfahren. Dieses ist in Prüfungen und Klausuren aller Art gefürchtet, nicht ganz ohne Grund.

Alles beginnt damit, daß der Zinsaufwand wie gewohnt gebucht wird. Wir betrachten in diesem Fall nur das Aufwandskonto (und nicht das Gegenkonto "Bank"). Wir erinnern uns, daß man Aufwendungen im Soll bucht – und daß die Zinsaufwendungen neutrale Aufwendungen sind, also in die Gewinn- und Verlustrechnung gehören, nicht aber in die Kostenrechnung:

Soll Zinsaufwand Haben
 
Bank 10.000 €          

Nun müssen die kalkulatorischen Zinsen gebucht werden. Im Beispiel betragen sie 30.000 Euro. Daß die kalkulatorischen Zinsen wesentlich höher als die Schuldzinsen sind, ist normal. Auch Kosten bucht man im Soll. Natürlich brauchen wir ein Gegenkonto: das nennen wir einfach "verrechnete kalkulatorische Kosten". So sieht also die Buchung bis hierher aus:

Soll Kalk. Zinsen Haben
 
VerrKK 30.000 €          

 

Soll Verr. K.Kosten Haben
 
          KZinsen 30.000 €

Das Problem ist, daß jetzt wzei Buchungen im Soll bestehen: der (neutrale) Zinsaufwand und die kalkulatorischen Zinsen. Letztere sollen gebucht werden, um im Betriebsabrechnungsbogen zu erscheinen, dürfen aber nicht in der Buchführugn auftgauchen. Sie müssen als wieder verschwinden, aber wie?

Der Schlüssel zum Verständnis dieses Problemes besteht darin, die grundlegenden Definitionen zu verstehen – wie so oft. Das Konto "verrechnete kalkulatorische Kosten" ist nämlich ein Neutrales Ergebniskonto. Es wird in die neutrale Ergebnisrechnung (NEK) abgeschlossen. Dort saldiert es sich mit den Zinsaufwendungen. Die kalkulatorischen Zinskosten landen in der Betriebsergebnisrechnung. Betriebsergebnis und Neutrales Ergebnis werden beide in die GuV abgeschlossen – wo sie sich gegenseitig aussaldieren.

Arghh!

Dabei ist das gar nicht so schwer, wenn man es sich mit allen Abschlußbuchungen aufzeichnet. Versuchen wir das mal. Zuerstschließen wir das Zinsaufwandskonto in das Neutrale Ergebniskonto (NEK) ab:

Soll Zinsaufwand Haben
 
Bank 10.000 €       NEK 10.000 €
         
  10.000 €     10.000 €

Das Zinskostenkonto wird nun in das Betriebsergebnis abgeschlossen und das Konto "verrechnete kalkulatorische Kosten" ebenfalls in das NEK:

Soll Kalk. Zinsen Haben
 
VerrKK 30.000 €       BEK 30.000 €
         
  30.000 €     30.000 €

 

Soll Verr. K.Kosten Haben
 
NEK 30.000 €       KZinsen 30.000 €
         
  30.000 €     30.000 €

 

Wir erinnern uns, daß das Betriebsergebniskonto im Soll die Kosten und im Haben die Leistungen enthält, während das Neutrale Ergebniskonto im Soll die neutralen Aufwendungen und im Haben die neutralen Erträge enthält. In unserem Beispiel gibt es aber nur und ausschließlich die Zinsbuchungen. Und so sieht das jetzt aus:

Soll NEK Haben
 
Zinsaufw 10.000 €       VerrKK 30.000 €
GuV 20.000 €          
         
  30.000 €     30.000 €

 

Soll BEK Haben
 
KZins 30.000 €       GuV 30.000 €
         
  30.000 €     30.000 €

Betriebsergebniskonto (BEK) und Neutrales Ergebniskonto (NEK) werden beide in die Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) abgeschlossen. Hier kommt die Sache zu ihrem wohlverdienten Ergebnis:

Soll GuV Haben
 
BEK 30.000 €       NEK 20.000 €

Die beiden in die GuV gebuchten Teilbeträge, die 30.000 Euro Zinskosten und die 20.000 Euro NEK-Saldo, verrechnen sich zu einem Zinssaldo von nur noch 10.000 Euro. Natürlich darf man im vorstehenden Beispiel die beiden Buchungen in der GuV nicht einfach verrechnen, denn in der Wirklichkeit sind ja noch viele andere Buchungsfälle erfolgswirksam zu berücksichtigen, die in diesem vereinfachenden Beispiel nicht betrachtet wurden. Allerdings übersteigt der ausgebuchte BEK-Saldo um genau 10.000 Euro den NEK-Saldo; das entspricht genau der Summe der Zinsaufwendungen. Aus dem Betriebsergebniskonto (BEK) hingegen kann die Kostenartenrechnung des Betriebsabrechnungsbogens abgeleitet werden. Sie enthält die 30.000 Euro Zinskosten im eigentlichen Sinne. Beides wurde gebucht, und kostenrechnerische Ergebnisse des internen Rechnungswesens sind durch eine trickreiche Buchungstechnik kompatibel mit der Einhaltung der steuer- und handelsrechtlichen Vorschriften des externen Rechnungswesens.

Diese Buchungstechnik setzt einen Kontenplan voraus, der auf dem Prozeßgliederungsschema basiert. Urahn aller prozeßgegliederten Kontenrahmen ist der Pflichtkontenrahmen von 1937, später besser als Gemeinschaftskontenrahmen der Industrie (GKR) bekannt. Noch heute bauen eine Zahl der diversen DATEV-Kontenpläne auf diesem Gliederungsprinzip auf. Allgemein gesagt müssen in dem Kontenplan, mit dem das hier gemacht werden soll, die folgenden Bedingungen erfüllt sein:

  • Es muß eine Kontenklasse für neutrale Aufwendungen und Erträge geben (im GKR ist das Kontenklasse 2),
  • es muß eine Kontenklasse für Kosten vorhanden sein (im GKR Kontenklasse 4) und
  • es muß über das NEK und das BEK in die GuV abgerechnet werden, wie vorstehend dargestellt.

Kontenpläne, die nach dem Bilanzgliederungsschema aufgebaut sind, wie z.B. die auf dem Industriekontenrahmen (IKR) aufbauenden Kontenpläne, eignen sich für diese Methode nicht. Dann wird ein ganz anderes Verfahren empfohlen, über das der BWL-Bote sich in den nächsten Tagen an gleicher Stelle verbreiten wird.

Beim Klausur- und Prüfungsteilnehmer setzt diese Methode ein weitreichendes Verständnis der Buchungsregeln und der jeweiligen Abrechnungsverfahren voraus. Das erreicht man nur durch viel Übung. In meinem neuen Buch "Kosten- und Leistungsrechnung" ist die Sache im einzelnen beschrieben, ebenso in meinem Lexikon für Rechnungswesen und Controlling. Wer sich damit ausgiebig befaßt hat, und das hier in die Tiefe hinein verstanden hat, den schrecken entsprechende Klausurfragen aber nicht mehr.

Links zum ThemaKostenrechnung: Die häufigsten Fehler bei der Berechnung der kalkulatorischen Zinskosten | Kostenrechnung: Rechenmethoden und Rechenfehler bei der kalkulatorischen Abschreibung | Grundlagen der Buchhaltung | Die wichtigsten Geschäftsbuchungen | Die wichtigsten Abschlußbuchungen | Internationale Rechnungslegung (interne Links)

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