Das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) wird, wenn es denn 2009 kommt, auch die Buchführungspflicht neu regeln. Das ist wünschenswert, denn die bisherige handelsrechtliche Regel ist wie aus Gummi. Leider macht der Gesetzgeber dabei alte Fehler neu. Anscheinend hat man noch immer nichts dazugelernt. Schauen wir mal etwas genauer hin:
Seit 1977 ist die steuerrechtliche Buchführungspflicht in der Abgabenordnung (AO) geregelt. Demnach sind (Sachstand 2008) Gewerbetreibende buchführungspflichtig, deren Umsätze 500.000 Euro pro Jahr oder deren Gewinn aus Gewerbebetrieb 50.000 Euro pro Jahr übersteigt. Für Land- und Forstwirte gibt es zudem die Grenze, des Gewinnes aus Land- und Forstwirtschaft i.H.v. ebenfalls 50.000 Euro und eine Wertgrenze der selbstbewirtschafteten land- und forstwirtschaftlichen Fläche i.H.v. 25.000 Euro. Wer eine dieser Grenzen überschreitet, wird steuerrechtlich buchführungspflichtig.
Im Handelsrecht dagegen ist die Buchführungspflicht an die Kaufmannseigenschaft gekoppelt, die seit dem 01.07.1998 ebenfalls nur noch von der Gewerbetätigkeit abhängt. "Kaufmann im Sinne dieses Gesetzbuchs ist, wer ein Handelsgewerbe betreibt" heißt es zwar noch in §1 Abs. 1 HGB, aber "Handelsgewerbe ist jeder Gewerbebetrieb, es sei denn, daß das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert". Diese Art-und-Umfang-Greenze ist bisher weitgehend undefiniert. Das soll sich ändern.
Grenzwert | Steuerrecht §141 AO | Handelsrecht (2009) |
Umsatz pro Jahr | 500.000 Euro | 500.000 Euro |
Gewinn aus Gewerbe pro Jahr | 50.000 Euro | 50.000 Euro |
Gewinn Land- u. Forstwirtsch. pro Jahr | 50.000 Euro | |
Wert selbstbewirtschaftete Fläche | 25.000 Euro | (kein Grenzwert) |
Bisherige steuerrechtliche Buchführungspflicht (links) und Neuregelung der handelsrechtlichen Buchführungspflicht durch das BilMoG ab 2009 (rechts)
So fällt auf, daß nach wie vor keine Vereinheitlichung der beiden Rechtsgebiete erreicht wird. Zwar werden die Grenzen hinsichtlich Umsatz/Jahr vereinheitlicht, nicht aber nach Gewinn pro Jahr: jemand kann mit 40.000 Euro Gewinn pro Jahr aus allgemeinem Gewerbe und weiteren 40.000 Euro Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft steuerrechtlich buchführungsfrei, handelsrechtlich aber buchführungspflichtig sein, denn außerhalb des Steuerrechts ist die Landwirtschaft ein "normaler" Gewerbebetrieb. Auffangvorschriften wie §140 AO bleiben uns also erhalten. Eine wirkliche Rechtsvereinfachung wird das nicht.
Ohnehin ist die Einführung solcher starrer Grenzen im neuen §241a HGB umstritten, denn anders als in §141 Abs. 1 Satz 1 AO gibt es im Handelsrecht keine Feststellungsbescheide. Ein gewerblicher Unternehmer, dessen Gewinn gerade um die 50.000 Euro und/oder dessen Umsatz so um die halbe Millionen pendelt, könnte daher mal buchführungspflichtig werden, und im nächsten Jahr wieder aus der Buchführungspflicht herausfallen – Rechtsunsicherheit wäre die Folge. Eine Berufung der handelsrechtlichen Buchführungspflicht auf die steuerrechtliche Regelung wäre sinnvoller, fehlt aber gerade im Referentenentwurf.
Zudem ist unklar, ob mit Blick auf Basel II der kleinere Mittelstand überhaupt eine Befreiung von der Buchführungspflicht wünscht, denn eine ordnungsgemäße Bilanz bietet objektivere und leichter auswertbare Kennzahlen und daher oftmals bessere Kreditkonditionen. Die Situation könnte also eintreten, daß was als Entbürokratisierung gemeint wurde, gar nicht wirklich gewünscht wird.
Oder die Situation tritt ein, daß das Ende Mai noch immer nicht von der Bundesregierung aufs parlamentarische Parkett geschickte BilMoG ein zweites Mal im Rohr stecken bleibt. Wie schon einst am Ende von Rot-Grün. Dann werden die Karten wieder neu gemischt…
Links zum Thema: BilMoG: Neuregelung der Bilanzierung der immateriellen Vermögensgegenstände | BilMoG: Übersicht über geplante Neuregelungen im Handelsrecht | Skript zum Jahresabschluß nach HGB | Skript zur Rechnungslegung nach IAS/IFRS(interne Links) Buchführungspflicht im Gründerlexikon nachschlagen (externer Link)