Vom Wochenende in den Opportunitätskosten, oder die Zeitnöte der berufsbegleitenden Fortbildungen

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Schon vor längerer Zeit verbreiteten wir uns an dieser Stelle über die sogenannte Alpen-Methode im persönlichen Zeitmanagement. Was als Prüfungsstoff taugt reicht hingegen nicht, den Berg zu besteigen auf den kein bequemer Sessellift fährt, nämlich den Gipfel des Erfolges. Können sich "traditionelle" Studenten noch den ganzen Tag aufs Studieren konzentrieren, müssen die Teilnehmer berufsbegleitender Fortbildungen mit ganz eigenen Zeitnöten rechnen.

Dabei war es immer ein offenes Geheimnis, daß ohne Zusatzeinsatz die Chancen schlecht stehen. Die Dozenten der Kammer sollten nicht als Vollversorger gesehen werden, sondern als eine Art Trainer: sie üben und leiten an. Lernen muß man alleine. Dafür reicht die Zeit, die berufsbegleitend eingeplant wird, in aller Regel ohnehin nicht aus. Wer sich also den stets schwerer werdenden Prüfungen stellt sollte wissen, daß die nächsten zwei Jahre die Wochenenden in den Opportunitätskosten verschwinden. Wer das ignoriert, belügt sich selbst.

Dabei sind selbst paukende Familienväter und Formelsammlungen auf dem Frühstückstisch nur die halbe Wahrheit, denn Aufstiegsfortbildungen macht man ja gerade, um aufzusteigen. Und schon das erfordert in aller Regel erhöhten Einsatz. Was man erreichen will braucht aber viel Zeit, sowohl im Klassenraum als auch außerhalb, denn man kann sich mit allem beeilen nur nicht mit dem Einschlafen oder dem Lernen. Es gibt keinen Lift zum Erfolg. Doch gerade Zeit wird durch die aufstiegsbedingt größere berufliche Belastung immer knapper. Viele machen sich das nicht klar und scheitern. Andere erkennen es auf halber Strecke und geben mittendrin auf.

Die neuen Prüfungsverordnungen machen es nicht leichter, denn sie setzen in der Regel nicht mehr auf auswendig gelernten Paukstoff, sondern auf kreative Lösungsansätze. Das erfordert nicht Wissen, sondern Können und Erkennen, und also einen noch höheren zeitlichen Einsatz, die Dinge bis zum Grund zu durchdringen. Es scheint daher, jedenfalls hier, daß die Fluktuation zunimmt. Mehr Teilnehmer geben vorzeitig auf, aber auch mehr versuchen, mitten im Lehrgang einzusteigen. Das erschwert es den Dozenten, auf die Leute individuell einzugehen. Wie sich das insgesamt auf den Prüfungserfolg auswirkt, ist noch nicht endgültig festzustellen. Daß die Bandagen härter geworden sind, ist indes kaum zu leugnen.

Und das finanzielle Risiko ist und bleibt hoch, denn ein Fortbildungslehrgang kostet in aller Regel mehrere Tausend Euro. Die will keiner in den Sand setzen, weder ein hochgradig abgezockter Arbeitnehmer noch sein nicht minder besteuerter Arbeitgeber. Wer also schon mit 16-Stunden-Tagen, Rufbereitschaft oder ständigen Überstunden rechnen muß kann in aller Regel nicht davon ausgehen, an Wochenenden und im Urlaub noch die Kraft und den Willen aufzubringen, sich mit den verzwickten und bisweilen etwas theoretischen Aufgabengestaltungen herumzuschlagen, die an dieser Stelle immer wieder veröffentlicht wurden. Die persönliche Nutzenfunktion des Zertifikates muß um eine Kosten- und Risikoabwägung diskontiert werden. Das schaffen viele nicht, und die scheitern dann nur allzuoft am negativen Erwartungswert. Bei den Infoveranstaltungen kriegt man das meist nicht gesagt, dafür aber vom BWL-Boten. Den Gipfel des Erfolges besteigt man nicht mit der Alpen-Methode, sondern mit viel Zeit und Willenskraft. Arbeitgeber, Familie und die eigene Ausdauer müssen damit in Zielharmonie stehen. Sich dessen vorher zu versichern, ist eine unerläßliche Pflicht vor Beginn des Lehrganges. Due diligence des Teilnehmers, sozusagen.

Links zum Thema: Über die Alpen zum Lernerfolg, oder wie Betriebswirte Berge besteigen | Erstens kommt es anders zweitens als man denkt: warum Prüfungen immer schwerer werden | Wissen, Können und Erkennen, oder von der Treppe, die zum Prüfungserfolg führt | Der heimliche Betriebswirt: über die Weitsichtigkeit einiger Arbeitgeber (interne Links)

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