Zuschlagskalkulation, Teil 1 von 4: Wie richtig zugeschlagen wird

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Schon früher haben wir uns an dieser Stelle über die Vollkostenrechnung ausgelassen, insbesondere auch über dieÄquivalenzziffernkalkulation. Aufgaben zur Zuschlagsrechnung bauen jedoch oft auf dem grundlegenden Schema des Rechnens mit Zuschlagssätzen auf. Solche Fallgestaltungen beziehen sich eher auf Produktions- als auf Dienstleistungsbetriebe, sind aber beispielsweise auch in vielen Handwerksberufen (und damit in der Meisterausbildung) anwendbar. In dieser vierteiligen Serie lassen wir uns über das diesen Aufgabengestaltungen zugrundeliegende Schema aus, und natürlich über seine Fallstricke. Im ersten Teil geht es, wen wundert es, um die zugrundeliegenden Definitionen. Ohne die geht nämlich gar nix – wie immer.

Das Grundmodell der Kostenartendefinitionen

Begriffliche Grundlage der Zuschlagsrechnung ist zunächst die Kostendefinition – die, wie immer in Prüfungen, zu großer Komplexität getrieben werden kann. Beispielsweise muß dem Prüfungsteilnehmer klar sein, warum die Zinsen, die man an eine Bank zahlt, ebensowenig in der Kostenrechnung verloren haben wie Abschreibungen nach Steuerrecht. Diese essentielle Voraussetzung kann in dem vorliegenden Artikel nicht mehr weiter vertieft werden.

Ebenso wichtig ist das nebenstehende Kostenportfolio. Es bildet die Grundlage nahezu aller kostenrechnerischer Verfahren, wie wir in dieser Gesamtübersichtdemonstriert haben. Kerngedanke hierbei ist die Unterteilung der Kosten in vier grundlegende Kostenarten.

Da aber schlagen schon wieder die Definitionen zu, denn nicht alles, was veränderlich ist, ist deshalb auch variabel. Während aber die Unterscheidung in fixe und in variable Kosten die Grundlage der Teilkostenrechnung bietet, und eine Vielzahl von Verfahren von der Deckungsbeitrags- und Break Even Rechnung bis hin zur Sortimentsoptimierung und zur Transportrechnung ermöglicht, interessiert uns aber hier nur die Unterscheidung in Einzel- und in Gemeinkosten.

Einzelkosten sind alle die Kosten, die einem Kostenträger, also einem Produkt direkt zurechenbar sind. Alle anderen Kostenarten sind stets Gemeinkosten. Im Handel ist beispielsweise in der Regel nur und ausschließlich der Wareneinsatz eine Einzelkostenart, und die wollen wir nicht mit dem Wareneinkauf verwechseln, denn ein Wareneinkauf ist natürlich keine Kostenart, sondern eine Ausgabe (und dann eine Auszahlung). In Produktionsbetrieben ist der Produktivlohn eine Einzelkostenart, also die Summe der Löhne direkt am Werkstück (aber keinesfalls die im Lager oder anderswo) und natürlich auch nicht die Urlaubslöhne und Lohnfortzahlungen. Hinzu kommt der Rohstoffverbrauch als Einzelkostenart. Zudem sind die meisten Vertreterprovisionen Einzelkosten, und Ausgangsfrachten können Einzelkosten sein, wenn ein Produkt einzeln verschickt wird, aber sie sind keine, wenn ein Fahrzeug zu vielen Kunden fährt, die Kosten also nicht einem einzelnen Produkt zurechenbar sind.

Dies bedeutet, daß beispielsweise in einer Gaststätte die Kellnerlöhne natürlich keine Einzelkosten sind, weil sie sich dem Produkt (der Leistung am Gast) nicht zurechnen lassen, sondern nur der Einsatz an Speisen und Getränken ist es. In einem Hotel beispielsweise gibt es gar keine Einzelkosten, weil nichts der einzelnen Übernachtung (!) direkt zurechenbar ist. Man muß sich also vor Beginn der Kalkulation für jede einzelne Art von Unternehmen (!) genau darüber Klarheit verschaffen, was Einzelkosten sind und was nicht. Leider sind einige Aufgaben in dieser Hinsicht etwas unterbelichtet und manche Lehrbücher eigentlich in dieser Frage eher Leerbücher.

Der Zuschlagssatz ist aber nichts als das Verhältnis der Einzel- und Gemeinkosten in einer Kostenstelle, weshalb er von den Prüfungslyrikern oft auch als "Gemeinkostenverhältnis" bezeichnet wird. Man kann den Zuschlagssatz also nur berechnen, wenn man sich über Einzel- und Gemeinkosten Klarheit verschafft hat. Dann ist die folgende Rechnung möglich:

    Materialeinzelkosten   200,00 €
+ Materialgemeinkosten 8,00% 16,00 €
= Materialkosten   216,00 €

Beträgt das "Gemeinkostenverhältnis" beispielsweise 8%, so müssen die Einzelkosten pro Euro noch 8 Cent Gemeinkosten decken. Auf 200 Euro Einzelkosten kommen also 16 Euro Gemeinkosten.

Auf dieser Grundlage wollen wir in den nächsten Tagen versuchen, einige elementare Methoden der Zuschlagsrechnung darzustellen – einfache, grundlegende Schemata und ein paar eher heftige Aufgabengestaltungen und Fragestellungen. Wie immer werden wir auch dabei Fragestrategien und Prüfungsfallen offenlegen – sehr zur Freude der hier gewiß mitlesenden Prüfungslyriker. Dieser Artikel muß dem Leser aber klar sein, sonst geht es hier nach nicht weiter.

Links zum ThemaAufgabengestaltungen der Vollkostenrechnung, Teil 2 von 2: Wo zugeschlagen wird | Aufgabengestaltungen der Vollkostenrechnung, Teil 1 von 2: Wer nichts wird… | Gesamtübersicht zum betrieblichen Rechnungswesen (interne Links)

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