Betriebswirt/IHK: Verbesserungsvorschlag Nr. 4: Die Teilnehmer

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Während wir uns in den vergangenen drei Beiträgen dieser Serie mit Verbesserungsvorschlägen für die IHK-Textbände, die Prüfungen und die IHK-Dozenten befaßt haben, schließen wir in diesem Artikel die Serie mit Tips und Hinweisen für die Teilnehmer der IHK-Veranstaltungen ab. Die Ratschläge resultieren aus meiner langjährigen Lehrerfahrung in diesem Bereich für die IHK Erfurt und zahlreiche Bildungsfirmen und sind auf den technischen Betriebswirt (den ich auch unterrichte) und andere IHK-Lehrgänge übertragbar.

Unterschiede zu Maßnahmen des Arbeitsamtes

Im Gegensatz zu den Veranstaltungen des Arbeitsamtes, die oft von Leuten besucht werden, die zu einer Teilnahme mehr oder weniger durch Drohung des Entzuges irgendwelcher Mittel gezwungen werden, scheinen die Teilnehmer von IHK-Maßnahmen stets gut, d.h., intrinsisch motiviert zu sein: sie wollen selbst, was sie tun. Das ist eine gute Voraussetzung.

Das Problem mit dem Zeitmanagement

Viele Teilnehmer unterschätzen aber den erforderlichen Zeitaufwand. Im Gegensatz zu Lehrlingen haben die Lehrgangsteilnehmer der IHK nämlich meistens Familie, oft Kinder, manchmal ein Haus oder Garten, Hobbies und natürlich einen anstrengenden Job, in dem man das Wort "Überstunde" zumeist sehr gut schreiben kann – und machen dann den Fehler, den IHK-Lehrgang hintenanzustellen. Doch dann wird aus einem Lehrgang ein Leergang – und sowas endet fast immer im Mißerfolg, zwei Jahre ohne Wochenenden und ohne Ergebnis. Glauben Sie mir, ich habe gute Leute durchfallen sehen, die es einfach aus Zeitgründen nicht geschafft haben: Sie müssen sich vorher überlegen, ob Sie die Zeit und Willenskraft aufbringen können, sowas zwei Jahre durchzuhalten – unter Umständen ohne Urlaub und ohne Feiertage. Wenn Sie meinen, das nicht zu schaffen, ist es von Anfang an vergeblich!

Langfristige Kampagnentätigkeit

Gemäß der (Ihnen sicher bekannten?) Definition des Projektes und der Kampagne, ist die Neuheit kennzeichnend für die Lehrinhalte – und das (jedenfalls zu Anfang) relativ ferne Ziel der Prüfung. Wenn Sie glauben, sich die zum erfolgreichen Bestehen erforderlichen Inhalte in zwei oder vier Wochen vor der Prüfung aneignen zu können, dann begehen Sie einen schweren Fehler – das funktioniert nicht. Sie müssen kontinuierliche am Ball bleiben. Wenn Sie ein Mal fehlen, dann können Sie den verpaßten Stoff noch nachholen, wenn es zwei oder drei Mal waren, dann müssen Sie schon ein guter Autodidakt sein, wenn es mehr ist, was Sie versäumt haben, dann ist der Zug vermutlich abgefahren.

Bilden Sie Lernzirkel

In den Prüfungsausschüssen, in denen ich seit Jahren mitarbeite, scheint sich herauszukristallisieren, daß Lernzirkel ein Erfolgsfaktor sind: Regelmäßige Treffen der Teilnehmer in privater Runde – nicht in der Kneipe, weil da zu viel Ablenkung besteht -, um die Lehrinhalte der letzten Veranstaltung zu wiederholen. Selbstverständlich sollte bei solchen Treffen ein Computer in Reichweite sein, und ich versuche, Ihre Bemühungen mit der berüchtigten CD und dem Forum für Betriebswirtschaft zu unterstützen, aber ich kann das Pferd immer nur zur Tränke führen. Saufen muß es von alleine.

Tun Sie es aus innerer Überzeugung

Bei der Entscheidung zur Teilnahme an einem solchen Lehrgang scheint ihre innere Überzeugung von Anfang an über den Erfolg zu entscheiden: wenn Sie es tun, nur um ein Papier zu bekommen, dann ist die Prognose schlecht. Sie müssen es selber wollen, Sie müssen mit dem Lehrgang eigene, persönliche Ziele und Interessen verbinden – dann sind Sie auch entsprechend motiviert. Wer von einem Vorgesetzten geschickt oder von irgendeiner Karrierenotwendigkeit gezwungen wird, ist oft nur unzureichend motiviert – und knallt am Ende durch.

Lieben Sie also, was Sie tun

Um eine theoretische Veranstaltung jahrelang durchzuhalten, und in einer oft noch theoretischeren Prüfung am Ende auch noch Erfolg zu haben, kann es wichtig sein, zu lieben, was man tut, denn eine bessere Motivation gibt es nämlich nicht. Gehen Sie also vorher in sich, und seien Sie zu sich selbst ehrlich: sind Sie Betriebswirt, weil Sie damit andere Ziele finanzieren wollen (Reisen, Auto, Haus, Familie, Hobby, Karriere), oder interessiert Sie die Wirtschaft als solche? Von der Frage hierauf kann Sein oder Nichtsein des Prüfungsdiplomes abhängen, denn wer etwas nicht gerne tut, der tut es auch nicht gut, und zumeist nicht lange (genug). Dieser Rat gilt übrigens generell, und nicht nur für IHK-Veranstaltungen!

Praktizieren Sie neue Fertigkeiten

Den Lehrgangsinhalten der IHK wird oft nachgesagt, Sie seien realitätsfern und abstrakt. Das stimmt nur zum Teil – sie lassen sich durchaus anwenden, aber von der Theorie zur Praxis ist es oft ein langer Weg. Versuchen Sie also, präsentierte Theorien, Methoden und Konzepte in ihrem eigenen Arbeitsumfeld anzuwenden – und zwar nicht erst bei der Projektarbeit -, dann trägt dies dazu bei, aus Wissen Fähigkeiten und Fertigkeiten zu machen. Das ist der Sinn des Lehrganges. Auch hier müssen Sie aber selbst mitziehen – der Dozent kann es Ihnen nur vorführen; machen müssen Sie es immer selbst. Nur so können Sie aus Lernen Erfolg machen!

Schülerleistung ist nicht Lehrerleistung

Der Glaube, daß Schüler nur können, was die Lehrer beherrschen, war ein verbreiteter Irrglaube in der DDR – davon sollten Sie sich freimachen, wenn sie diesem sozialistischen Irrtum noch unterliegen sollten. Aussprüche wie "Das müssen Sie uns jetzt beibringen" oder gar "warum diktieren Sie uns nicht einfach etwas?", beides allen Ernstes von Erwachsenen (!) gehört, zeugen von einer gänzlich falschen Einstellung zur Sache: ein Dozent ist nur ein Coach, eine Art Katalysator, der etwas anstoßen kann, was dann in Ihrem Kopf abgehen sollte – nicht mehr und nicht weniger. Ich kenne persönlich Universitätsabsolventen und erfolgreiche Freiberufler ohne zusammenhängende Schulausbildung: so weit kann einen ein eisenharter Wille tragen! Ein altes kanadisches Sprichwort sagt, man solle stets das eigene Bott rudern – das gilt auch in solchen Lehrgängen!

Große Selbstdisziplin erforderlich

Ein gutes Zeichen für wachsende Probleme mit dem Zeitmanagement ist dauerndes Zuspätkommen und Zufrühgehen: in einer Veranstaltung, die von 14:00 bis 20:15 Uhr geht, um 17:00 der letzte kommt, aber schon um 16:00 der erste geht, dann ist klar, daß etwas nicht stimmt. Manche Dozenten sehen darüber hinweg – ich nicht, denn ich bin letztlich an Ihrem Erfolg interessiert. Ich nehme mir daher das Recht, mich in Ihre Angelegenheiten zu mischen, und mehr Pünktlichkeit und Tgeilnahme zu empfehlen – schon alleine weil es den Lehrbetrieb erheblich stört, wenn ein Kommen und gehen herrscht wie in einer Straßenbahn. Daß ich mich natürlich mit solchen Aufrufen in Ihre "Privatangelegenheiten" mische, was mir in der Spaßgesellschaft nicht mehr zugestanden wird, ist mit bewußt – aber auch egal, womit wir beim bereits dargestellten Widerspruch zwischen Qualität und Kundenzufriedenheit im Bildungsbereich wären.

Nicht mitschreiben

Das ist meines Erachtens nach ein besonders großer Fehler: hektisches Mitschreiben jedes Dozentenwortes, manchmal finde ich in den Aufzeichnungen meiner Teilnehmer sogar meine kleinen Witzchen, die ich zwischendurch erzähle, um Sie ein wenig aufzulockern. Der Mitschreiber offenbart, daß er meint, was er auf den Papier habe, auch im Kopf zu haben – was praktisch nie der Fall ist. Solche Leute bringt man zu Fall, indem man eine bekannte Sache in der Prüfung etwas anders fragt – wer den Stoff geistig durchdrungen hat, kommt mit einer solchen Frage locker klar. Wer aber mitschreibt und auswendig lernt, der scheitert schon an einer anderen Schriftart, weil es dann nicht mehr so aussieht, wie das Gelernte. Besonders die Break Even Rechnung ist ein gutes Beispiel für solche Prüfungsfragen – denken Sie dran, hören Sie zu, hinterfragen Sie, löchern Sie den Dozenten – wenn er gut ist, weiß er viel mehr, als er Ihnen im Unterricht präsentiert, schon aus Zeitgründen – und wiederholen Sie das Gehörte mit der Literatur, die übrigens über die Textbände hinausgehen sollte (die aber leider dennoch notwendig sind), und in den Lernzirkeln, aber schreiben Sie nichts mit, oder höchstens die Stichpunkte.

Ein abschließender Rat

Im BWL-Boten werden immer wieder Beiträge zu Prüfungen und über Aus- und Fortbildungen veröffentlicht. Lesen Sie diese, auch dann, wenn Sie nicht den Betriebswirt/IHK machen wollen – viele Erkenntnisse sind übertragbar. Klicken Sie oberhalb der Liste auf "Thematisches Verzeichnis" für eine Übersicht über alle Beiträge zu Didaktik und Prüfung. Ich nehme übrigens für mich in Anspruch zu leben, was ich hier schreibe, und insbesondere die BWL und ihre technische Umsetzung in elektronischer Form (was mein Spezialgebiet ist) zu lieben, denn sonst wäre dieser Beitrag sehr unehrlich. Immerhin hoffe ich also, Ihnen mit dieser kleinen Reihe (und den vielen anderen Artikeln im BWL-Boten) ein wenig genützt zu haben, aber natürlich tue ich das nur aus ganz eigennützigen Motiven, denn die wenigen Gelangweilten können oft eine ganze Veranstaltung stören und den Notenschnitt in der Prüfung versauen 😉 Ach ja, ein letztes Fakt: der Ergebnisschnitt "meiner" Veranstaltungen ist überdurchschnittlich.

Links zum Thema

Forum für Betriebswirtschaft | Betriebswirt/IHK: Verbesserungsvorschlag Nr. 1: Die IHK-Textbände | Betriebswirt/IHK: Verbesserungsvorschlag Nr. 2: Die Prüfungen | Betriebswirt/IHK: Verbesserungsvorschlag Nr. 3: Die Dozenten | Kundenzufriedenheit und Qualitätsmanagement im Bildungsbetrieb | Wie aus Lernen Erfolg gemacht wird | Prüfungsstrategie: Warum der Mitschreiber durchfällt | Break Even Rechnung: so versuchen die Prüfungslyriker Euch zu kippen! | Die IHK-Textbände: Warum sie schlecht sind, weshalb man sie dennoch braucht und wo man sie herkriegt | Skript zu Projektmanagement | Viel mehr kostenlose Downloads zur BWL | Die BWL CD (interne Links)

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