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Gesetzentwürfe zum Bilanzrecht

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Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

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Artikel

Veröffentlicht am: 21.04.2004

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Bundeskabinett
Bilanzrecht modernisieren
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Das Bundeskabinett hat mit den Änderungen des Bilanzrechtsreformgesetzes und des Bilanzkontrollgesetzes zwei wichtige Vorhaben auf den Weg gebracht. Die Gesetze dienen der Umsetzung des am 25. Februar 2003 vorgestellten Maßnahmenkatalogs zur Stärkung der Unternehmensintegrität und des Anlegerschutzes.


Die Bundesregierung verfolgt mit den am 21. April 2004 verabschiedeten Gesetzesentwürfen das Ziel, den Kapitalmarkt und die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Deutschland weiter zu stärken.
Unternehmensskandale im In- und Ausland haben nicht nur das Vertrauen der Anleger in die Richtigkeit wichtiger Kapitalmarktinformationen einzelner Unternehmen, sondern auch das Vertrauen in die Integrität und Stabilität des gesamten Marktes und damit die Glaubwürdigkeit des Finanzplatzes erschüttert.

Bilanzrechtsreform

Die Änderungen der Bilanzrechtsreform sollen allen Unternehmen die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards ermöglichen. Gleichzeitig soll verhindert werden, dass Wirtschaftsprüfer sowohl den
Jahresabschluss und damit unter Umständen eigene vorher gegenüber dem Unternehmen erbrachte Leistungen selbst überprüfen müssen. Für kleine und mittlere Unternehmen bedeutet die Anhebung des Schwellenwertgrenze, die der Unterscheidung zwischen kleinen, mittleren und großen Unternehmen dient, Kostenersparnis und Bürokratieabbau.

* Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards

Das Bilanzrechtsreformgesetz beinhaltet ergänzende nationale Bestimmungen zu der auf europäischer Ebene beschlossenen Einführung internationaler, transparenter Rechnungslegungsstandards (International Accounting Standards - IAS / International Financial Reporting Standards - IFRS).
Der vorliegende Gesetzentwurf gibt den Unternehmen nunmehr auch in den übrigen Bereichen (Konzernabschluss der Nicht-Kapitalmarktunternehmen, Einzelabschluss) Wahlrechte zur IAS-Anwendung. Das kann zum Beispiel für solche Unternehmen von Interesse sein, die sich auf den Gang an die Börse vorbereiten. Die Unternehmen werden damit in die Lage versetzt, sich ihren Geschäftspartnern mit einem auf Informationszwecke zugeschnittenen, international "lesbaren" Abschluss zu präsentieren.
Da eine IAS-Bilanzierung nicht in jedem Fall zwingend vorgeschrieben wird, können die Unternehmen ihre Entscheidung somit unter Berücksichtigung der jeweiligen Interessen und der Belange der Bilanzadressaten selbst treffen. In der derzeitigen Übergangsphase sind diese Regelungen aufgrund der Wahlrechte hinreichend flexibel, um die betroffenen Wirtschaftskreise nicht zu überfordern.

* Stärkung der Abschlussprüfung

Ein Kernanliegen des Bilanzrechtsreformgesetzes ist die Eingrenzung und Präzisierung derjenigen Tätigkeiten, die ein
Wirtschaftsprüfer - wenn er als Prüfer des Jahresabschlusses tätig ist - zusätzlich noch für das geprüfte Unternehmen erbringen darf. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass ein unabhängiger Abschlussprüfer nicht gleichzeitig als Interessenvertreter des zu prüfenden Unternehmens tätig sein sollte und auch nicht in die Situation geraten darf, im Rahmen der Prüfung das Produkt eigener vorangegangener Dienstleistungen nochmals bewerten zu müssen.
Die Regelungsvorschläge orientieren sich an der internationalen Diskussion, europäischen Empfehlungen sowie an einem aktuellen Vorschlag der EU-Kommission für eine Novellierung der sogenannten Abschlussprüferrichtlinie.
Der Gesetzentwurf ist dabei nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit konzipiert: Einerseits stellt er hohe Anforderungen an die Prüfung von Unternehmen, die Wertpapiere ausgegeben haben, sowie von Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen. Andererseits behält er auch die Belange mittelständischer Wirtschaftsprüfungspraxen im Auge, die im Regelfall keine kapitalmarktorientierten Unternehmen oder Finanzdienstleister prüfen.

* Erleichterungen für kleine und mittlere Unternehmen
Mit dem Gesetzentwurf wird unter anderem die sog. Schwellenwert-Richtlinie der EU umgesetzt. Die in § 267 des Handelsgesetzbuchs genannten Schwellenwerte (Bilanzsumme und Umsatzerlöse) zur Abgrenzung zwischen kleinen, mittleren und großen Unternehmen sollen um etwa ein Sechstel angehoben werden. Schon ab 2004 werden deshalb mehr Unternehmen in die Kategorie der kleinen und der mittleren Gesellschaften fallen. Das bedeutet für diese Unternehmen Bürokratieabbau und Kostenersparnis, weil sie zum Beispiel als kleine Gesellschaften von der Verpflichtung befreit sind, einen Lagebericht aufzustellen oder ihre Abschlüsse von einem Wirtschaftsprüfer prüfen zu lassen, und als mittlere Gesellschaften auf die kostenpflichtige Bekanntmachung ihrer Abschlussunterlagen im Bundesanzeiger verzichten können.

Bilanzkontrollgesetz

Das Bilanzkontrollgesetz soll Unregelmäßigkeiten bei der Erstellung von Unternehmensberichten präventiv entgegenwirken. Dies geschieht zunächst durch eine von den Bundesministerien der Justiz und der Finanzen benannte privatrechtliche Prüfstelle. Verweigern die Unternehmen die Zusammenarbeit kann die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht die Prüfung gegebenenfalls hoheitlich durchsetzen und die Veröffentlichung von Rechnungslegungsfehlern erzwingen.
Gegenwärtig umfasst das deutsche System zur Durchsetzung der
Rechnungslegungsvorschriften im Wesentlichen die Prüfung der Jahres- und Konzernabschlüsse durch den Abschlussprüfer und den Aufsichtsrat.
Darüber hinaus bestehen aktienrechtliche Vorschriften zur Nichtigkeit von Jahresabschlüssen sowie Straf- und Sanktionsvorschriften. Ein von staatlicher Seite beauftragtes Gremium, das - neben Abschlussprüfer und Aufsichtsrat - regelmäßig die Richtigkeit der Unternehmensberichte kapitalmarktorientierter Unternehmen prüft, existiert in Deutschland bislang noch nicht.

Enforcement

Mit dem Bilanzkontrollgesetz schafft die Bundesregierung Rechtsgrundlagen für ein neues Bilanzkontrollverfahren, international auch als Enforcement bezeichnet. Das Enforcement-Verfahren wird zweistufig ausgestaltet.

Erste Stufe
Auf der ersten Stufe prüft eine vom Bundesministerium der Justiz und dem Bundesministerium der Finanzen beauftragte privatrechtliche Prüfstelle die Rechnungslegung kapitalmarktorientierter Unternehmen. Sie wird bei konkretem Verdacht auf Bilanzfehler und im Wege von Stichprobenprüfungen tätig werden. Ziel ist es, auf der Basis freiwilliger Mitwirkung des Unternehmens zu prüfen, ob die Rechnungslegungsvorschriften eingehalten wurden. Bilanzfehler sollen gegebenenfalls veröffentlicht werden.

Zweite Stufe
Ist das Unternehmen nicht freiwillig zur Mitwirkung bei der Prüfung bereit oder akzeptiert es das Prüfungsergebnis der Prüfstelle nicht, wird die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht auf der zweiten Stufe eingreifen. Sie erhält die Befugnis, die Prüfung gegebenenfalls mit hoheitlichen Mitteln durchzusetzen und das Unternehmen zur Veröffentlichung festgestellter Rechnungslegungsfehler zu verpflichten.

Angebot der Selbstregulierung

Mit dem Gesetzentwurf ist das Angebot an die Wirtschaft verbunden, sich beim Aufbau einer privaten Prüfstelle zu engagieren und im Wege der Selbstregulierung für die Durchsetzung der Rechnungslegungsvorschriften zu sorgen. Wo dies im Einzelfall nicht gelingt, wird der Staat mit hoheitlichen Mitteln tätig werden.

Das Wichtigste in Kürze:
Der Kapitalmarkt und der internationale Finanzplatz Deutschland können nur weiter gestärkt werden, wenn das Vertrauen der Anleger in die Richtigkeit der Kapitalmarktinformationen der Unternehmen wiederhergestellt werden kann. Dies soll durch die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards geschehen, die die Abschlüsse deutscher Unternehmen international lesbar machen. Die Unabhängigkeit der Abschlussprüfung wird gestärkt und Unregelmäßigkeiten bei der Erstellung von Unternehmensberichten soll präventiv in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft entgegengewirkt werden.

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Anmerkung:
Um regelmäßig Informationen des BMF, wie hier zu neuen Gesetzen, aktuelle BMF-Schreiben u.a. zu bekommen, ist es zu empfehlen, sich auf der Internetseite des BMF in den e-mail-Verteiler einzutragen.

Peter
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Beiträge: 7407
Ort: Erfurt
Zusammenfassungen und Kommentierungen dieser Vorhaben finden sich auch im BWL-Boten, zum Teil schon aus 2003:

IAS 2005: die halbe Einführung - http://www.bwl-bote.de/20040412.htm
Vorausschau auf das Bilanzkontrollgesetz - http://www.bwl-bote.de/20040128.htm
Reformen des Handelsrechts im Vorfeld der IAS-Einführung (Zehnpunkteprogramm) - http://www.bwl-bote.de/20030328.htm

Mein IAS-Skript ist unter http://www.zingel.de/pdf/03ias.pdf und die o.g. Neuerungen haben bereits zum großen Teil Eingang in mein Lexikon für Rechnungswesen und Controlling gefunden.

Natürlich werde ich weiter am Ball bleiben - zum Bleistift hinsichtlich der Reform der UV-Bewertung (Stichworte: §240 Abs. 4 HGB, Durchschnittsbewertung, und §256 HGB, Abschaffung von LIFO) ;-)
« Zuletzt durch HZingel am 26.04.2004 08:26 Uhr bearbeitet. »
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"HZingel" schrieb
Mein IAS-Skript ist unter http://www.zingel.de/pdf/03ias.pdf; die o.g. Neuerungen haben bereits zum großen Teil Eingang in mein Lexikon für Rechnungswesen und Controlling gefunden.


Hallo, Harry!

Mach mal bitte in dem Link das ";" am Schluß wech, sonst kommt nämlich die Seite "http://www.zingel.de/fehler.htm"

Gruß

Achim


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