Hallo zusammen,
ich bin gerade mal wieder dabei etwas VWL zu pauken und bin auf eine Frage gestoßen.
Und zwar geht es um das kompakte Thema Inflation (Angebots- und Nachfrageinflation) und Deflation.
Die Inflation beschreibt ja die dauerhafte Geldabwertung. D.h., dass die Geldmenge größer als die Gütermenge ist. Die Anbieter erhöhen die Preise und die Menge, der abgesetzten Güter, erhöht sich ebenfalls.
Meiner Ansicht nach besteht in Deutschland momentan eine Nachfrageinflation. Die Nachfrage an Gütern der Konsumenten und Verbraucher ist höher als die angebotene Gütermenge vom Markt.
Die Preisniveaustabilität ist somit in Gefahr. Die EZB muss mit ihrer Geldpolitik eingreifen und erhöht die Leitzinsen im Rahmen der restriktiven Geldpolitik, um den Geldumlauf zu verringern.
In verschiedensten Literaturen findet man die Definition der Deflation als Überangebot der Güter. Sprich, es sind mehr Güter als Geld im Umlauf. Die Preise steigen und es wird weniger verkauft. Ist die Deflation Begrifflich mit der Angebotsinflation gleichzusetzen? Gegen die Deflation/Angebotsinflation könnte die EZB mit einer expansiven Geldpolitik reagieren.
Jetzt habe ich aber schon von einigen Seiten gehört, dass momentan eine Angebotsinflation in Deutschland besteht.
Ich bin verwirrt. Wer kann mir helfen und mir die richtige Lösung nennen?
Vielen Dank und liebe Grüße,
SchnuppeX
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Volkswirtschaftslehre - Inflation
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#1 03.09.2008 10:41 Uhr
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#2 03.09.2008 10:53 Uhr
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Hi,
Nein, weder noch. Die Inflation muß kein dauerhaftes und kein güterwirtschaftliches Phänomen sein. Sie kann vorübergehend und extern getrieben sein – wie z.B. gegenwärtig: die aktuelle Inflation hat etwas mit Rohstoffpreisen (Öl) und mit unwirtschaftlichen Öko-Experimenten (Mißbrauch von Pflanzen zur Treibstoffgewinnung) und nichts mit der Geld- oder Gütermenge zu tun.
Nein, ganz bestimmt nicht! Das würde voraussetzen, daß die Geldmenge zu hoch ist; die EZB erhöht aber die Zinsen, was eher einen Rückgang der Geldmenge bewirkt. Wir haben derzeit keine "klassische" Inflation, die mit geld- oder güterwirtschaftlichen begriffen erklärt werden kann, sondern zum Teil eine preisgetriebene Inflation (Öl) und zum Teil eine Ökoflation. Das steht oft nicht in den Lehrbüchern, ist daher nicht mit den "üblichen" Begriffen erklärbar. |
#3 04.09.2008 12:49 Uhr
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Hallo zusammen,
@Harry: Bitte um fachliche Klärung: Ist es nicht eine Mischung der üblichen "Klassifizierung" von "Angebotsinflation " und "Nachfrageinflation" ? Auf der einen Seite ("Angebotsinflation") stehen die Ölexportierenden Länder (OPEC) die mit dem Versuch Ihre Wertschöpfung (Erfolg) und Ihren "Terms of trade" (Verbesserung der Realposition auf dem Internationalen Markt) zu steigern, den "internationalen Verteilungskampf" immer weiter anfachen und gerade bei uns eine "importierte Kosteninflation" verursachen. Auf der anderen Seite ("Nachfrageinflation") stehen die Konsumenten (Inland:Staat,Haushalte,Unternehmen Ausland:Schwellenländer China,Indien,Osteuropa,etc.), die mit Ihrer stetig steigenden Nachfrage an Rohstoffen die Konsumnachfrageinflation anheizen. Gehst du im Fall der (Öko)-Inflation auf die subventionierten Landwirtschaftlichen Produktionen ein (Biokraft-/schmierstoffe durch Mais-/ Rohrzuckeranbau) ? Bitte berichtige oder ergänze meine Darstellung. Ich glaube das das für viele ein sehr interessantes Thema ist, gerade für die demnächst anstehenden Prüfungen. Ich danke dir vorab, Viele Grüße dp |
#4 04.09.2008 13:05 Uhr
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Hi,
bitte beachte zunächst, daß die Abgrenzung der Inflationsursachen komplexer ist. Traditionell werden im binnenwirtschaftlichen Bereich monetäre, nichtmonetäre und außenwirtschaftliche Theorien unterschieden. Vielfach findet man die Unterteilung in Anbieterinflation, Geldmengeninflation und Nachfrageinflation (das steht Deinem Modell nahe). Neuerdings gibt es auch sehr mathematisch orientierte Theorien, die aufgrudn der Chaostheorie Selbstoszillationsprobleme untersuchen ("Inflation aus dem Nichts". Zur Deiner Frage: Anbieterinflationstheorien sind z.B. die Preisbildungshypothese, die Inflationsübertragung durch Anbieterverhalten und die Nominallohnhypothese. Da gehören solche Dinge wie externer Preisdruck durch Ölimporte rein, aber die Wirklichkeit ist komplexer: nur ein kleiner Teil des Energiepreises ist auch exogen, d.h. nur ein Teil ist "echte" Anbieterinflation. In die Nachfragerinflation gehört zunächst die bekannte Lohnhypothese ("zu hohe Abschlüsse = zu große Nachfrage", aber z.B. auch Fragen der Instabilität des privaten Sektors und realer Pläne. Geldmengeninflationstheorien basieren meist auf M * v = P * Y, machen aber auch Annahmen über Inflationsübertragung (z.B. starre Wechselkurse, "Euroflation" usw). Diese alle beschreiben die gegenwäerige Situation aber mE nach unzureichend: - die Ölpreisexplosion ist eine echte Angebotsinflation, ok. - "Bioöl"-Quoten, Steuern, Mißbrauch landwirtschaftlicher Flächen für Ölpflanzen und damit Verknappung des Angebots sidn aber höchstens "unechte" Angebotsinflationsfaktoren, weil hier eigentlich kein Markt mehr besteht, sondern Verteilung. Damit greifen die Hypothesen der Anbieterinflation nicht mehr: preistreibendes ANbieterverhalten gibt es gerade nicht, sondern einen bisweilen verzweifelten Preiskampf, an dem kein Marktteilnehmer profiziert, sondern nur der Staat Ähnlich ist es mit der Nachfragerinflation: - die gestiegene Nachfrage nach Rohstoffen ist eine "echte" Nachfragerinflation; - im INland haben wir aber gerade keine Nachfragerinflation, weil dies eine Vermehrugn der Geldmittel voraussetzt – sei es Bar- oder Buchgeld, ggfs. auch durch höhere Geldumlaufgeschwindigkeit. Das genau ist aber nicht der Fall, im Gegenteil. "Ökoflation" ist daher mE nach eine "unechte" Inflation. Wir hätten nur wenig Inflation, wenn die Märkte frei und polypolistisch wären. Faktisch haben wir aber weitgehend Planpreise, d.h. einen Preisauftrieb ohne Marktbegründung durch Steuern und so absurde Dinge wie den Emissionshandel. Das ist keine "klassische" Situation, sondern ein neues Übel unserer Zeit. |
#5 04.09.2008 14:21 Uhr
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Hi,
".....und wie immer super beantwortet!" kurzer Nachtrag und zusammenfassend: Dann haben wir im Grundsatz ein" Angebotsinflation" und genauer gesagt eine "importierte Kosteninflation" (Kostendruckinflation)? Aussenwirtschaftlich betrachtet stimmt meine Annahme der "Nachfrageinflation", aber eben nicht innenwirtschaftlich (keine Geldwerterhöhung)!? Danke vielmals, Grüße dp |
#6 04.09.2008 14:31 Uhr
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Geldpolitisch betrachtet wäre eine Inflation höchstens eine Geldentwertung (und keine Geldwerterhöhung), denn man muß ja nominal mehr für real den gleichen Wert aufwenden.
Aber bitte mal erst in http://www.bwl-bote.de/20080622.htm gucken, da habe ich am Bsp der Zinspolitik begründet, warum die derzeitige Situation eigentlich in keinem Lehrbuch steht... |
#7 04.09.2008 14:37 Uhr
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Hi,
Falsch ausgedrückt: Ich meinte "Vermehrung"
Ansonsten Danke für den Link :!: Grüße dp |
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