Forum

(umgekehrte)Maßgeblichkeit

Gesperrt

Seite: 1

Autor Beitrag
Mitglied
Registriert: Mar 2005
Beiträge: 29
Hallo ich bin es nochmal :-). Ich habe eine weitere Prüfungsaufgabe, die mir Kopfschmerzen bereitet.

Zur Aufgabe:

Beschreiben Sie das Maßgeblichkeitsprinzip und seine Umkehrung in Bezug auf Ansatz-, Bewertungs- und Wertaufholungsfragen. Welche Bedeutung hat in diesem Zusammenhang der Sonderposten mit Rücklagenteil? Anmerkung:(die Aufgabe bezieht sich auf eine GmbH)

Frage Ende.

Mein Lösungsversuch:

Also ganz grundsätzlich kann man doch sagen, dass die Handelsbilanz maßgeblich für die Steuerbilanz ist. Die GoB geben an, WAS in der Bilanz zu erfassen ist; WIE die einzelnen Positionen zu bewerten sind, richtet sich hauptsächlich nach dem Steuerrecht.

Bei der Bewertung kommt das Handelsrecht nur dann zur Anwendung, wenn das Steuerrecht eine Bewertungsfrage gar nicht klärt oder Bewertungswahlrechte nur einräumt. Im Steuerrecht existieren zahlreiche Sonderreglungen, die das Handelsrecht nicht kennt. Da nun aber die Steuerbilanz die Handelsbilanz als maßgeblich betrachtet, müssen steuerliche Normen auch in der Handelsbilanz angewand werden. Dieser Sachverhalt wird als "umgekehrte Maßgeblichkeit" bezeichnet.

Zum Thema Ansatz:

Es gelten die Grundsätze: Was handelsrechtlich zu aktivieren ist, ist auch steuerrechtlich zu aktivieren.
Was handelsrechtlich zu passivieren ist, muss auch in der Steuerbilanz passiviert werden.
Aus einem handelsrechtlichen Aktivierungswahlrecht resultiert ein steuerrechtliches Aktivierungsgebot.
Aus einem steuerrechtlichen Aktivierungsgebot resultiert ein steuerrechtliches Passivierungsverbot.

Mehr kann ich hierzu nicht schreiben. Insbesondere verstehe ich die Sache mit dem Sonderposten mit Rücklageanteil nicht. Dieser hat doch etwas mit der Wertaufholung zu tun oder? Bei einer GmbH muss diese doch eigentlich erfolgen, wenn der Grund für eine außerordentliche Abschreibung entfällt. Wiederum gibt es aber steuerrechtliche Regelungen, die zur Beibehaltung des niedrigeren Wertes berechtigen?

Ich hoffe jemand versteht meinen etwas wirren Lösungsversuch und kann ein paar Dinge korrigieren, falls sie falsch sind und etwas Licht ins sehr sehr Dunkle bringen.

Für Hilfe bedanke ich mich schon im Voraus.
Mitglied
Registriert: Apr 2004
Beiträge: 7407
Ort: Erfurt
Hi,

ganz allgemein: Aufgrund der Urteile des BFH vom 3.2.1969 und vom 24.6.1969 (BStBl.II 1969, S. 291 und 581) gilt: Ein handelsrechtliches Aktivierungswahlrecht bedeutet ein steuerrechtliches Aktivierungsgebot; ein handelsrechtliches Passivierungswahlrecht ist einem steuerrechtlichen Passivierungsverbot gleichzusetzen. Das bedeutet:

Handelsbilanz – Steuerbilanz
Aktivierungsgebot – Aktivierungsgebot
Aktivierungswahlrecht – Aktivierungsgebot
Aktivierungsverbot – Aktivierungsverbot
Passivierungsgebot – Passivierungsgebot
Passivierungswahlrecht – Passivierungsverbot
Passivierungsverbot – Passivierungsverbot

Zu den SoPos bitte auf http://www.zingel.de/pdf/03absch.pdf ab S. 25 nachsehen, und mir den heftigen Tippfehler gleich in der Überschrift zu Kapitel 4.5.2 verzeihen :-) Das sollte Dir ein bißchen helfen?
Mitglied
Registriert: Mar 2005
Beiträge: 29
Hallo Harry,

erstmal danke für die Antwort. Leider bin ich jetzt, nachdem ich mich den ganzen Tag mit Bilanzierung beschäftigt habe, total durcheinander.

Nochmal zu diesen Aktivierungswahlrechten etc.:

Wenn ich jetzt in der HB ein Aktivierungswahlrecht habe, folgt daraus ein Aktivierungsgebot in der SB. Was genau bedeutet das denn? Kannst Du dazu mal ein konkretes Beispiel geben? Könnte es z.B. sein, dass man ein Wahlrecht hat, um einen Posten im AV zu bewerten. Sagen wir entweder mit 80 oder mit 100 Euro. Bedeutet die Regel dann es wird das übernommen, was ich in der HB gewählt habe oder wird grundsätzlich der niedrigere Wert übernommen.

Mir fällt dazu noch ein Beispiel ein. Es ist ja in der HB zulässig eine Abschreibung nach vernünftiger kaufmännischer Schätzung vorzunehmen. Steuerrechtlich ist dies aber unzulässig. Irgendwie verstehe ich den Sinn dahinter nicht. Wenn doch HB und SB übereinstimmen müssen, warum dann diese Unterscheidungen? Dann könnte ich doch gleich sagen, dass es verboten ist diese Abschreibungen zu machen oder?

Für eine Antwort bin ich wie immer sehr dankbar. :-)
Mitglied
Registriert: Apr 2004
Beiträge: 7407
Ort: Erfurt
Guten Abend,

Zitat
Leider bin ich jetzt, nachdem ich mich den ganzen Tag mit Bilanzierung beschäftigt habe, total durcheinander.


Es wäre also eine gute Idee, das mal bis morgen ruhen zu lassen!

Zitat
Wenn ich jetzt in der HB ein Aktivierungswahlrecht habe, folgt daraus ein Aktivierungsgebot in der SB. Was genau bedeutet das denn? Kannst Du dazu mal ein konkretes Beispiel geben?


Aktivierungswahlrecht in der HB ist z.B. das Wahlrecht, einen geschäfts- oder firmenwert zu aktivieren (implizit in §255 Abs. 4 Satz 1 HGB). dem steht die aktivierungspflicht des §7 Abs. 1 Satz 3 EStG (implizit in der AfA-Dauer 15 Jahre) entgegen. Es wäre daher insgesamt nach Steuerbilanz zu bewerten (hatte ich gerade hier an Ort und Stelle in einem Posting von Petra). Andere Beispiele sind die Abschreibungen auf den niedrigeren nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung zulässigen Wert (§253 Abs. 4 HGB) oder auf den niedrigeren steuerlichen Wert (§254 HGB). Du hast hier also insofern Recht:

Zitat
Es ist ja in der HB zulässig eine Abschreibung nach vernünftiger kaufmännischer Schätzung vorzunehmen. Steuerrechtlich ist dies aber unzulässig. Irgendwie verstehe ich den Sinn dahinter nicht. Wenn doch HB und SB übereinstimmen müssen, warum dann diese Unterscheidungen? Dann könnte ich doch gleich sagen, dass es verboten ist diese Abschreibungen zu machen oder?


Was Du hier völlig berechtigt bemängelst, nenne ich die Verschröderung des Steuerrechtes, denn §6 EStG wurde erst 1999 so verkorkst. Es bedeutet in derPraxis, daß du eine Menge Dinge handelsrechtlich tun mußt, die Du steuerlich nicht tun darfst. Du mußt also an der HB Korrekturen vornehmen, so daß die SB den Regelungen des EStG entspricht. Diese Korrekturen sind insgesamt:

1.Abweichungen zwischen dem Handels- und dem Steuerrecht:

§3c Abs. 1 EStG: Ausgaben im Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen
§5 Abs. 4 EStG: Jubiläumsrückstellungen
§5 Abs. 4a EStG: Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften ("Drohverlustrückstellungen")
§6 Abs. 1 Nr. 1 EStG: Teilwertabschreibungen des Anlagevermögens
§6 Abs. 1 Nr. 2 EStG: Teilwertabschreibungen des Umlaufvermögens
§6 Abs. 1 Nr. 3 EStG: Abzinsung von Verbindlichkeiten
§6 Abs. 1 Nr. 3a EStG: Zeitanteilige Ansammlung von Rückstellungen
§6 Abs. 1 Nr. 3a EStG: Abzinsung von Rückstellungen
§7 Abs. 1 EStG: Abschreibung des Geschäfts- oder Firmenwertes
§269 HGB / §5 EStG: Ingangsetzungs- und Erweiterungsaufwendungen bei Kapitalgesellschaften
§255 HGB / §§4, 5 EStG: Beteiligung an Personengesellschaften
R33 Abs. 1 EStR: Untergrenze der Herstellungskosten
H31c Abs. 3 EStR: Aufwandsrückstellungen
R31c Abs. 11 EStR: Rückstellungen für unterlassene Instandhaltungen

2. Außerbilanzielle Korrekturen:

§4 Abs. 4a EStG: Schuldzinsen aus Überentnahmen
§4 Abs. 5 Nr. 1 EStG: Geschenke an Geschäftsfreunde jenseits eines bestimmten Wertes
§4 Abs. 5 Nr. 2 EStG: Behandlung der Bewirtungskosten
§4 Abs. 5 Nr. 3 EStG: Auswärtige Gästehäuser
§4 Abs. 5 Nr. 4 EStG: Aufwendungen für Jagd, Segel- und Motoryachten und Fischerei
§4 Abs. 5 Nr. 5 EStG: Verpflegungsmehraufwendungen über Pauschalen
§4 Abs. 5 Nr. 6 EStG: Private Fahrzeugnutzung
§4 Abs. 5 Nr. 6b EStG: Häusliches Arbeitszimmer
§4 Abs. 5 Nr. 8 EStG: Geldbußen, Ordnungs- und Verwarnungsgelder
§4 Abs. 5 Nr. 8a EStG: Zinsen auf hinterzogene Steuern
§4 Abs. 6 EStG: Parteispenden
§10 Nr. 1 KStG Aufwendungen zur Erfüllung satzungsgemäßer Zwecke
§10 Nr. 2 KStG Steuern vom Einkommen, sonstige Personensteuern, Umsatzsteuer auf verdeckte Gewinnausschüttungen
§10 Nr. 3 KStG Geldstrafen

(aus meinem Lexikon für REWE und Controlling, nur auf der BWL CD)

Insgesamt bedeutet dies praktisch, daß der Maßgeblichkeitsgrundsatz schon in die Wirtschaftsgeschichte entschwunden ist. Wie auch in IAS 12 haben wir praktisch eine Entkoppelung der Steuer- von der Handelsbilanz. Es könnte sein, daß Deine Aufgabe da etwas veraltet ist! :-)
Mitglied
Registriert: Mar 2005
Beiträge: 29
Hallo Harry,

Dein letztes Posting hat mir wirklich weiter geholfen. Ich hatte schon angefangen an mir zu zweifeln aber wie es scheint lag ich ja mit meinen Schlußfolgerungen nicht ganz so falsch. Auch Dein Skript zu den vorbereitenden Abschlußbuchungen fand ich sehr gut. Sehr gut gegliedert und leicht verständlich. Ich habe mich heute in guten sieben Stunden da durch gekämpft und es hat einiges aufgehellt :-).

Eine Frage habe ich da aber noch und zwar dreht es sich da um die Bilanzierung von Aktien. Wenn ich z.B. eine GmbH bin und Aktien von anderen Unternehmen halte, wo muss ich die dann in der Bilanz ausweisen? Da gibt es doch noch die Abstufung nach dem Grad der Einflussnahme auf das Unternehmen, die für die Bilanzierung relevant ist oder? Ich habe danach schon im Netz gesucht, bin aber leider nicht fündig geworden. Allerdings weiß ich jetzt, wie man Aktien verbuchen muss, die man als AG zurückkauft. Ist ja auch schon was.

Falls Du darauf auch wieder eine Antwort hast, bedanke ich mich schon mal im Voraus
Mitglied
Registriert: Apr 2004
Beiträge: 7407
Ort: Erfurt
Nur ganz kurz, denn ich korrigiere gerade Klausuren: Rückkauf eigener Aktien ==> Verbot, §71 AktG, Ausweis als "eigene Anteile" sowie Bildung einer Rücklage für eigene Anteile. Bei Erwerb von Aktien durch GmbH: Grenzen = 20%/50%, Ausweis als Wertpapiere des Finanzanlagevermögens oder des Umlaufvermögens (je nach Nutzungsabsicht: Spekulation oder lfr. behalten), als Beteiligung oder als verbundenes Unternehmen. Bei Control-Verhältnis ==> Konzern!


Gesperrt

Seite: 1

Parse-Zeit: 0.0591 s · Memory usage: 1.48 MB · Serverauslastung: 2.96 · Vorlagenbereich: 2 · SQL-Abfragen: 9