Es wird teuer: Startschuß für die Bildung auf Pump

Die Kreditwirtschaft reagiert mit Finanzierungsangeboten auf die Studiengebühren. Wer als Student ein zu hohes Ausfallrisiko darstellt, geht leer aus
Deutschen Studenten wird künftig neben Bafög, Geld von den Eltern und Nebenverdiensten eine weitere Finanzquelle offen stehen: der Kredit. Die Deutsche Bank und die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) haben bereits zum Wintersemester entsprechende Angebote angekündigt. Andere Finanzhäuser sondieren den Markt.

Die Deutsche Bank hat ihre "Angebotsoffensive für Studenten" eröffnet. Zwischen 5,9 und 9,9 Prozent liegt - je nach Risiko - der effektive Zinssatz für den Studentenkredit. Noch günstiger wird die staatliche KfW anbieten. Zwischen 5,0 und 5,5 Prozent wird nach Angaben von Klaus Müller aus der volkswirtschaftlichen Abteilung der KfW der effektive Jahreszins liegen.

Doch mit diesen Konditionen hat sich die staatliche KfW in der privaten Finanzwirtschaft nicht gerade beliebt gemacht. Bei der EU-Wettbewerbsbehörde ist eine Beschwerde eingegangen. Bis auf die Deutsche Bank zögern die privaten Institute, eigene Kreditprodukte auf den Markt zu bringen. Mit den Konditionen der KfW können sie offenbar nur schwer konkurrieren.

Für Leander L. Hollweg, der mit seiner Firma Tenman ein Scoring-System zur Risikobewertung von Studenten anbietet, verhindert die KfW-Initiative das Entstehen weiterer privater Angebote für Studenten. Sie sorge damit selbst für das Marktversagen, mit dem sie wiederum die staatliche Initiative rechtfertigt. Bildungskredite stehen in Deutschland auf der Tagesordnung, seit das Bundesverfassungsgericht Ende Januar den staatlichen Hochschulen erlaubt hat, Studiengebühren zu erheben.

Die sind an privaten Hochschulen längst Thema. Und damit auch Bildungsfinanzierungen. In München hat sich darauf die Firma Career Concept spezialisiert und einen Bildungsfonds konzipiert. Für die TU München und die Handelshochschule Leipzig (HHL) hat Career Concept bereits Fonds aufgelegt und dafür Geld privater Investoren eingeworben. Jetzt hat das Unternehmen den ersten deutschlandweiten Bildungsfonds für private Kleinanleger präsentiert. 5000 Euro sind der Mindestbetrag für die Einlage in den geschlossenen Fonds. Die Sparkasse Leipzig, die den Fonds vertreibt, will auf diese Weise zehn Millionen Euro einsammeln, um etwa 2000 Studenten zu fördern. Die prognostizierte Rendite des "Exklusiv I" beträgt 6,5 Prozent pro Jahr vor Steuern.

Bei den Career-Concept-Fonds wird hart ausgewählt, wer in den Genuß der Finanzierung kommt. Die Studenten zahlen in späteren Jahren einkommensabhängig zurück. Je höher der durchschnittliche Verdienst des geförderten Studenten-Pools, desto üppiger ist später auch die Rendite. "In den meisten Fällen führen wir sogar persönliche oder telefonische Interviews mit den Bewerbern. So erreichen wir die höchstmögliche Sicherheit für den Anleger", sagt Career-Vorstand Oliver Krieg.

Auch das Scoring-Verfahren der Firma Tenman soll erfolgreiche und erfolglose Studenten frühzeitig identifizieren helfen. Zwar geht es bei den Banken nicht wie bei den Bildungsfonds um einkommensabhängige Rückzahlungsmodelle. Jedoch ist die Ausfallquote ein wesentlicher Kostenfaktor für die Banken. "Bisherige Bewertungsmodelle sind auf Studenten nicht anwendbar", erklärt Tenman-Inhaber Hollweg. Studenten haben in der Regel weder eigenes Einkommen noch Vermögen und können kaum Sicherheiten stellen.

Tenmans Kriterien sind ein Betriebsgeheimnis - abgesehen von den naheliegenden wie Schulnoten und Studienfach. Ein ausgefallenes Merkmal verrät Hollweg dennoch: die Mobilität. Wer schon bereit ist, für das Studium den Wohnort zu wechseln, der wird das auch für einen Job machen, so die Logik.

Mit seinem Scoring-System könne er die Ausfallquote beträchtlich senken, meint Hollweg und verweist auf entsprechende Erfahrungen in den USA.

Aufgrund der fehlenden Sicherheiten und des Ausfallrisikos galt die Finanzierung von Bildung in Deutschland bisher als unattraktiv. Mehr und mehr reift aber die Erkenntnis, daß das eine Fehleinschätzung war - schon deshalb, weil mit den Studenten in frühen Jahren eine hochattraktive Klientel gebunden wird. Sparkassen sind schon in Kooperation mit privaten Hochschulen in die Finanzierung der Studiengebühren eingestiegen.

Und damit stellt sich die Frage, ob die KfW nicht doch in einem Markt tätig ist, den auch die Privaten besetzen können und wollen. Bei der KfW herrscht jedoch Unverständnis über die Kritik. Sie geht davon aus, daß es Banken vorwiegend darum geht, mit Bildungskrediten die künftigen Akademiker an sich zu binden. Und das könnten sie auch mit Krediten der KfW, meint deren Volkswirt Müller. Denn die Staatsbank hat gar kein Interesse, ihre Kredite unter eigenem Label zu vertreiben. Sie bietet ihren geplanten Studentenkredit der privaten Finanzwirtschaft an, um ihn mit einem Aufschlag über deren Vertriebsnetze zu verteilen. So verdienen die Banken ohne eigenes Risiko und erhalten zugleich den Kundenkontakt.

"Wir sind in sehr konkreten Gesprächen mit Banken und verhandeln bereits Details. Gleichzeitig verhandeln wir mit den Studentenwerken", sagt Müller. Der Vorteil für die Studenten: Sie bekommen eine weitere Option zur Finanzierung ihrer akademischen Ausbildung - unabhängig vom Studienfach. Die KfW will niemand ausschließen und hat dafür auch eine zweistellige Ausfallquote einkalkuliert.

Quelle: http://www.igmetall-wap.de/