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Kalkulatorische Zinsen

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Gast
Hallo zusammen!

Ich habe die folgende Prüfungsfrage zu beantworten:
Was sind kalk. Zinsen, wofür werden sie verwendet, wer muss sie bezahlen?

Die ersten beide Puntke sind mir klar (wofür: Ausgleich für den Nachteil durch Kapitalbindung).

Wer aber muss die kalk. Zinsen bezahlen?
Zu bezahlen hat die kalk. Zinsen schon der Käufer des Produkts, oder. Da ich ja als Verkäufer des Produkts in der Kostenrechnung mittels eines Zuschlagssatzes die kalk. Zinsen verrechne?

Stimmt das?

MfG
Alex
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Hi,

Zitat
Ich habe die folgende Prüfungsfrage zu beantworten:
Was sind kalk. Zinsen, wofür werden sie verwendet, wer muss sie bezahlen?

Die ersten beide Puntke sind mir klar (wofür: Ausgleich für den Nachteil durch Kapitalbindung).


OK soweit; Du solltest aber auch noch das allgemeine Unternehmensrisiko aufführen (Ausgleich für Kapitalbindung und allg. Risiko), denn dieses ist - um Gegensatz zu den speziellen Wagnissen - auch im kalk. Zinsfuß enthalten.

Zitat
Wer aber muss die kalk. Zinsen bezahlen?
Zu bezahlen hat die kalk. Zinsen schon der Käufer des Produkts, oder. Da ich ja als Verkäufer des Produkts in der Kostenrechnung mittels eines Zuschlagssatzes die kalk. Zinsen verrechne?


OK, so gesehen hast Du Recht. Der Unternehmer muß die kalk. Zinsen natürlich gar nicht zahlen, weil sie - im Gegensatz zu den z.B. an Banken gezahlten Zinsen - nichtpagatorisch, d.h., zahlungsungleich sind.
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Hallo Alex,

kalkulatorische Zinsen werden gemeinhin aus zwei Gründen im Preis eingerechnet:

Die Einnahme aus den in den Preis eingerechneten kalkulatorischen Zinsen ersetzt die sonst am Kapitalmarkt erwirtschafteten Zinsen bzw. Dividenden. Wobei, wie Harry schon festgestellt hat, im Unternehmen genauso wie bei einer riskanten Anlage das eingesetzte Kapital verlorengehen kann, dementsprechend muß der Zinsfuß bemessen sein.

Der zweite Aspekt ist, daß der Unternehmer bspw. durch veränderte Marktbedingungen in die Lage kommen kann, Fremdkapital zu benötigen. In der Regel ist dann eine Preiserhöhung schwer durchsetzbar und die Wirtschaftlichkeit gefährdet.

Grüße,
Peter
« Zuletzt durch Peter am 19.01.2005 23:26 Uhr bearbeitet. »
Mitglied
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Guten Abend die Runde,

Zitat
Andererseits kann der Unternehmer in die Situation kommen, Fremdkapital zu benötigen oder verwenden zu wollen. Die Preise wären dann nicht mehr kostendeckend, wenn man die dafür zu zahlenden Zinsen nicht schon vorweg einkalkuliert hätte.


Man sollte allerdings bedenken, daß gezahlte (pagatorische) Zinsen, also beispielsweise Bankzinsen, in einer Kostenrechnung natürlich nichts zu suchen haben, weil sie neutrale Aufwendungen (und keine Kosten) sind, die Kosten- und Leistungsrechnungen aber nur Kosten berücksichtigt. Daß es oft unterlassen wird, die gezahlten Zinsen (genau wie z.B. die steuerlichen Abschreibungen) zunächst aus der GuV zu eliminieren, bevor die Daten in die KLR übernommen werden, macht diese Praxis nicht richtiger.

Kalk. Zinsen sind, im Gegensatz zu Bankzinsen, eigentlich nicht Kapital-, sondern Vermögenszinsen. Sie werden nicht auf eigenes oder fremdes, sondern auf betrieblich genutztes (oder: betriebsnotwendiges) Kapital gerechnet; dieses ist aber gerade das Vermögen, also die SUmme der betrieblich genutzten Aktiva. Man kann daher gar nicht zwischen kalk. Zinsen und Schuldzinsen unterscheiden; da aber praktisch die gesamten Aktive der kalk. Verzinsung unterliegen, wäre eine Berücksichtigung der Schuldzinsen auch eine Doppelberechnung und würde das Ergebnis der KLR ebenso verzerren wie das (leider auch oft beobachtete) "Vergessen" der kalk. Kosten.
Mitglied
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Hallo Harry,

hier noch eine Frage zum Verständnis:
Bei manchem Vertragsabschluß werden langfristige Zahlungsziele vereinbart bzw. ist der Kunde von vornherein als hartleibig bekannt. In so einem Fall ist klar, daß und in etwa in welcher Höhe Zinsaufwendungen entstehen werden. Diese können genau zugeordnet werden und müßten m.E. ausnahmsweise auch in der KLR bei diesem Vorgang berücksichtigt werden, oder sehe ich das falsch?

Grüße,
Peter
Mitglied
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Moin Peter,

Wenn ein Kunde als "hartleibig" bekannt ist (köstlich!), dann entstehen nicht unbedingt Zinsaufwendungen; das wäre nur der Fall, wenn gerade für diesen Kunden beispielsweise ein Girokonto überzogen wird oder gar Mittel aufgenommen werden müssen. Auch nur in diesem Falle wäre das zurechenbar, was selbst dann noch zu bezweifeln wäre, denn wem hätte ich ein überzogenes Konto zuzurechnen, wenn mehrere Fälle von Hartleibigkeit gleichzeitig auftreten?

In jedem solchen Fall handelt es sich aber stets um Aufwendungen, weil ja Fremdmittel aufgenommen werden, und niemals um Kosten, denn diese entstehen für die Kapitalbindung, also die Kapitalverwendung, d.h., die Aktiva. In diesem Fall wäre das eher die Forderung gegen den Kunden, in der Kapital unproduktiv gebunden ist. Zweifellos ließen sich die Zinskosten für Kundenforderungen den Kunden zurechnen; das sind im Sinne der Vollkostenrechnung jedoch unechte Gemeinkosten, weil eine tatsächliche Zurechnung i.d.R. unterbleibt und man dies schon aus Vereinfachungsgründen eher als Gemeinkosten behandelt.

Ach ja, ein ähnlicher Fall wäre Skonto des Lieferanten. Die Zahlungsbedingung "3% bei Zahlung in 1 Woche, sonst 21 Tage netto Kasse" entspricht einem effektiven Jahreszins von ca. 78%... und hat auch mit den Kosten nichts zu tun, denn auch hier werden Zinsaufwendungen auf Fremdmittel in der Form des Lieferantenkredites gerechnet.


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