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Kann Sozialismus funktionieren? Egoismus und Altruismus

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Registriert: Oct 2004
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Kann denn Sozialismus überhaupt funktionieren ?
Bitte lest meine Gedanken zu Egoismus und Altruismus unter
http://www.montagsdemo.claranet.de/ego-altru.htm
was meint Ihr dazu ?
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Beiträge: 7407
Ort: Erfurt
Hi,

eine Grundannahme der Wirtschaftstheorie (seit Jean Baptiste Say) ist, daß Egoismus zu einem unintendierten Gemeinnutzen führt. Wer sich selbst nützt, und nur aus diesem Antrieb handelt, nützt der Allgemeinheit: "Brot für die Welt aber die Wurst bleibt hier" heißt, daß ich mit meinem Egoismus Arbeitsplätze schaffe und damit auch Anderen nütze.

Deine Unterteilung in "guten" und "schlechten" Egoismus kann ich nicht nachvollziehen. Nichts ist für sich "gut" oder Schlecht" - nur durch das Denken wird es dazu. Was jetzt gut ist, kann morgen schlecht sein. Drastisches Beispiel: Schwule Pädophilie galt bei Griechen und römern als höchste Form der Liebe. Heute sieht man das doch etwas anders ;-)

Auch Deinen Unterschied zwischen "Sozialismus" und "Kapitalismus" kann ich nicht nachvollziehen. Marx hat in seiner Idee von der Höherentwicklung durch den Umschlag von Quantität in Qualität mit dem Ziel eines innerweltlichen Paradieses mit dem Ausbruch des totalen Kommunismus nichts als eine christliche Heräsie geschaffen - was seinem jüdisch-christlichen Gedankengut entspricht, denn Marx war ein Jude. Daß er damit geirrt hat, sollten wir heute, fast 170 Jahre nach dem Manifest wissen: all die technische Höherentwicklung hat keinerlei gesellschaftliche Evolution gebracht. Die Technologie und mit ihr unsere Herrschaft über die Natur mag zunehmen, aber es gibt keine gesellschaftliche Entwicklung. Wir haben heute dieselbe Systemsoftware mit der schon die Steinzeitmenschen ausgestattet waren: "man muß die Menschen nehmen, wie sie sind. Bessere gibt es nicht" (Bismarck).

Wir könnten allerdings eine Debatte über den Buddhismus (oder andere Religionen) führen. Hier würde ich einen Ansatzpunkt sehen... wäre aber vielleicht eine länge Diskussion :-)
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Registriert: Jun 2004
Beiträge: 229
Ort: Bayern
Im Bezug auf die Unterteilung in "guten" und "bösen" Egoismus bzw. Altruismus gehe ich mit Harry völlig konform.

Gegenteiliger Meinung bin ich im Bezug auf die gesellschaftliche Entwicklung. Da bin ich ganz Sozialdarwinist und vertrete die Ansicht, dass sich die sozialen Strukturen der Menschen ebenso entwickeln wie die Menschen selbst. Allerdings erheblich schneller, da sie nicht genetischen sondern memetischen Prinzipien folgen.

(Memetik: grob gesagt, die Lehre von der Genese der Ideen und Gedankenmuster, s.a. http://de.wikipedia.org/wiki/Memetik)

Dass wir hier in Westeuropa heute weder an Ehre, Machismo oder anderen Firlefanz glauben, der es nötig macht seinem Nachbarn die Rübe einzuschlagen, wenn der mal falsch furzt, ist für mich ein sehr großer Fortschritt. Das war von wenigen Jahrhunderten noch nicht so.

Davon abgesehen ist die Frage unklar gestellt. Auf welche Form des Sozialismus beziehst Du Dich überhaupt? Korrekt wäre da der Plural, da es viele Sozialismen gibt. Die allesamt gescheitert sind. Übrig ist bislang nur noch die Sozialdemokratie als eine "verhausschweinte" Form sozialistischen Gedankenguts. Und auch von der gibt es zahlreiche Varianten allein schon in Europa.

Zum einen bin ich bin der Ansicht, dass Sozialismus nicht funktionieren kann, da er dem Wesen der meisten Menschen zuwiderläuft. Und daher ohne groß angelegte volkspädagogische Umerziehungsprogramme gar nicht realisierbar wäre. Alle Gesellschaftsformen, die sie erst eine Gesellschaft schaffen müssen, anstatt mit der klarzukommen, die schon da ist, sind zum Scheitern verdammt.

Zum anderen haben wir die Phase des Sozialismus bereits überwunden. Anstatt über vorgestrige Gesellschaftsstrukturen zu philosophieren wäre es an der Zeit darüber nachzudenken, was morgen kommt. Wir stehen derzeit (mal wieder) an einem Punkt der Geschichte, in dem sich vorhandene Strukturen zunehmend als unpassend und unangemessen erweisen. Wann immer das in der Vergangenheit der Fall war, gab es für die betreffende Gesellschaft entweder einen Entwicklungssprung nach vorn oder sie wurde zerstört bzw. verschwand innerhalb weniger Generationen.

Ich würde es sehr begrüßen, wenn wir den Sprung schaffen würden und nicht dran glauben müssen.

Gruß, Guido
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Registriert: Apr 2004
Beiträge: 7407
Ort: Erfurt
Hi Guido und guten Abend,

ich hatte in meinem Posting, wie ich es oft tue, die Kulturzyklenlehre von O. Spengler zugrundegelegt. Spengler zeigt in "Der Untergang des Abendlandes", daß die Geschichte sich in Kreisen entwickelt und prognostizierbar ist - was er eindrucksvoll mit seinen ab 1933 eingetretenen Prognosen unter Beweis stellt. Folgt man diesem Gedanken, gibt es keine Höherentwicklung, sondern nur eine Kreisbewegung zwischen Kultur und Zivilisation, die Spengler bekanntlich sehr spezifisch definiert.

Was Memetik angeht, könnte man in diesem Zusammenhang vielleicht Rupert Sheldrake in die Debatte einführen? Mit der "Theorie vom 100sten Affen" hätte man vielleicht einen neueren Ansatz, der auch eine "Höherentwicklung" zulassen würde, die zwar darwinistisch aussehen könnte, aber im Kern nicht darwinistisch sein muß... wäre vielleicht interessant! :-) Gesellschaftliche Höherentwicklung durch morphogenetische Felder? Kann es das geben?
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Beiträge: 229
Ort: Bayern
"HZingel" schrieb
Was Memetik angeht, könnte man in diesem Zusammenhang vielleicht Rupert Sheldrake in die Debatte einführen? Mit der "Theorie vom 100sten Affen" hätte man vielleicht einen neueren Ansatz, der auch eine "Höherentwicklung" zulassen würde, die zwar darwinistisch aussehen könnte, aber im Kern nicht darwinistisch sein muß... wäre vielleicht interessant! :-) Gesellschaftliche Höherentwicklung durch morphogenetische Felder? Kann es das geben?


Emergenz - dieses Phänomen spontaner Bildung neuer Strukturen bei Überschreitung gewisser Komplexitäts-Schwellwerte schloss ich (implizit) mit ein. Es ist Bestandteil evolutionärer Prozesse. Ein Beispiel für Emergenz ist die Entwicklung eines denkenden Bewusstseins bei Überschreitung gewisser Komplexitätsgrade des Gehirns (Emergenz im biologischen Bereich).

Dabei ist es unerheblich, ob Emergenz durch Sheldrakes "morphogenetische Felder" oder sonstwas bewirkt wird. Sheldrakes Felder sind letztlich ein theoretisches Hilfskonstrukt bislang noch nicht gänzlich erforschter Phänomen kultureller und sozialer Entwicklungen. Allerdings lassen sich Emergenzphänomene überall beobachten, in denen es um Selbstorganisation bei zunehmendem Grad an Komplexität geht.

Gruß, Guido


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