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Arbeitnehmer-Pauschbetrag unverhältnismäßig

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Vorweg möchte ich an dieser Stelle einmal anmerken, dass ich als waschechter Rheinländer 23 Tage vor der 5. Jahreszeit stehe :lol:

Töröööö - jetzt kommt mein <img src="http://www.ahd-web.de/images/party-smiley-032.gif"><img src="http://www.ahd-web.de/images/party-smiley-029.gif"><img src="http://www.ahd-web.de/images/party-smiley-050.gif"> 111. <img src="http://www.ahd-web.de/images/party-smiley-032.gif"><img src="http://www.ahd-web.de/images/party-smiley-029.gif"><img src="http://www.ahd-web.de/images/party-smiley-050.gif"> Beitrag


Arbeitnehmer-Pauschbetrag ist unverhältnismäßig
Bund der Steuerzahler unterstützt Klage vor dem Finanzgericht Münster


Abgeordnete sind die einzige Berufsgruppe, die ihre berufsbedingten Aufwendungen nicht mit Belegen nachweisen muss. Sie erhalten dagegen die so genannte steuerfreie Kostenpauschale. Für Bundestagsabgeordnete gibt es immerhin 42.612 Euro im Jahr. Dagegen wird beim normalen Arbeitnehmer ohne Belege nur der Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 920 Euro im Jahr steuerermäßigend berücksichtigt. Eine Ungleichbehandlung, die ihresgleichen sucht.

Empörungspotenzial hat dieses Thema noch zusätzlich dadurch, dass die Kostenpauschale dynamisiert ist, also Jahr für Jahr steigt, der Arbeitnehmerpauschbetrag ist dagegen über Jahre konstant geblieben und zum Jahresanfang sogar noch gekürzt worden.

Ungerecht findet diesen Zustand auch Finanzrichter Michael Balke und klagt nun vor dem Finanzgericht Münster gegen das Steuerprivileg der Abgeordneten. Das Verfahren unterstützen der Bund der Steuerzahler, die Zeitschrift Capital und der Deutsche Mittelstandsbund mit einem Gutachten des Steuerrechtlers Professor Dr. Dieter Birk. Dieses kommt zu dem Ergebnis, dass die Steuerfreiheit der Kostenpauschale nicht verfassungskonform ist und dringend überprüft werden muss. Durch die Klage von Herrn Balke rückt die Abschaffung der Steuerfreiheit der Kostenpauschale nun in greifbare Nähe. Auf diesem Weg wird der Bund der Steuerzahler Herrn Balke begleiten.

Finanzrichter Balke fordert in seiner Klageschrift, dass er einkommenssteuerrechtlich mit den Abgeordneten gleich zu behandeln ist. Was insbesondere deshalb haltbar ist, weil sich die Abgeordneten bei ihrer Entschädigung, sprich den Diäten, gern am Richteramt orientieren. Herr Balke beansprucht mit der Klage, dass ein Drittel seiner Berufseinnahmen als Berufsausgaben anerkannt werden. Ein Drittel deshalb, weil der Anteil der Kostenpauschale an den Gesamtbezügen eines Abgeordneten des Deutschen Bundestages von 126.720 Euro im Jahr rund ein Drittel beträgt. Die Steuerbürger, die die genannten steuerfreien Abgeordneten-Pauschalen nicht bekommen, werden insoweit steuerrechtlich diskriminiert, weil ihnen ohne Nachweis nur geringere Abzugsbeträge zuerkannt werden. Für eine derartige Privilegierung der Volksvertreter gibt es keinen Grund. Es kann demnach verfassungsrechtlich nicht richtig sein, dass die Parlamentarier die einzigen Steuerpflichtigen sein sollen, die ihre Berufsausgaben nicht nachweisen müssen. Herr Balke fordert eine Gleichbehandlung im Sinne unserer Verfassung, was bedeuten müsste, dass neben den Abgeordneten auch alle anderen Steuerbürger diese steuerlichen Vorteile in Anspruch nehmen dürfen.

Abgeordnete sollen auch Belege sammeln

Daher kann die Verfassungswidrigkeit nach Ansicht von Herrn Balke für die Gegenwart mit der Ausdehnung der Steuerfreiheit auf alle betroffenen Steuerbürger aufgelöst werden. Für die Zukunft reiche die Abschaffung der steuerfreien Kostenpauschalen. Abgeordnete sollten, wie alle anderen Steuerpflichtigen auch, bezüglich ihrer Berufsausgaben Belege sammeln und sich künftig mit dem örtlich zuständigen Finanzamt auseinandersetzen müssen. Dass es auch anders geht, zeigt ein Blick über die Grenze nach Österreich. Dort müssen die Abgeordneten nämlich schon seit langem ihre Berufsausgaben mit Belegen nachweisen.

In seiner Klageschrift regt Herr Balke an, dass das Finanzgericht Münster auf direktem Weg eine Entscheidung des höchsten deutschen Gerichts, des Bundesverfassungsgerichts, einholt. Dies wäre ganz im Sinne des nach der Verfassung garantierten effektiven Rechtsschutzes.

Zum Ausmaß der steuerlichen Privilegierung der Abgeordneten führt Herr Balke in der Klageschrift folgendes Beispiel an: Ein Nicht-Abgeordneter müsste - bei einem Spitzensteuersatz von derzeit 45 Prozent im Jahr - 94.693 Euro als Werbungskosten oder Betriebsausgaben aus eigenen Mitteln ausgeben und geltend machen, um eine Steuerermäßigung in Höhe der jährlichen Abgeordneten-Pauschale von aktuell 42.612 Euro zu bekommen. Bei dieser Berechnung wird der Normal-Bürger, also der Steuer-Vollzahler, trotz der Steuerermäßigung in Höhe von 42.612 Euro wegen des hohen Einsatzes der Berufsausgaben (94.693 Euro)- im Gegensatz zum Bundestagsabgeordneten - um 52.081 Euro ärmer. Salopp formuliert, aber auf den Punkt gebracht fasst Herr Balke zusammen: „Just to make it clear: Ein gut verdienender Normal-Bürger muss erst einmal über 94.000 Euro aus eigenen Mitteln aufwenden, um eine Steuerermäßigung in Höhe der steuerfreien Abgeordneten-Pauschale von etwa 42.000 Euro zu erhalten und dann ist er nicht etwa reicher, sondern immer noch um 52.000 Euro ärmer geworden. Selbst wenn unser gut verdienender Steuer-Vollzahler Berufsausgaben "nur" in Höhe der Abgeordneten-Pauschale hätte, wäre er um rund 23.000 Euro ärmer. Dagegen wird selbst der Abgeordnete, der wirklich einmal Berufsausgaben hat, die von der Höhe her in der Nähe der steuerfreien Kostenpauschale liegen, um keinen Euro ärmer.“

Zusatzeinkommen für Abgeordnete

Zur Untermauerung der Annahme, dass die Kostenpauschale in den meisten Fällen nur ein steuerfreies Zusatzeinkommen für unsere Abgeordneten ist, führt er als Beispiel an, dass die Zivilgerichte in Unterhaltsstreitigkeiten bei der Bestimmung des "unterhaltspflichtigen Einkommens" des Abgeordneten erhebliche Anteile der Kostenpauschale hinzurechnen.

Es bleibt abzuwarten, wie die Gerichte entscheiden. Aber in Anbetracht der offensichtlichen Ungleichbehandlung zwischen Abgeordneten und allen anderen Steuerbürgern, rückt die Abschaffung der steuerfreien Kostenpauschale endlich in greifbare Nähe.

(Aktenzeichen beim Finanzgericht Münster: 10 K 2114/04 E)

Um zur Gleichmäßigkeit der Besteuerung zurückzukehren, bezeichnet auch Friedrich Merz in seinen „Zehn Leitsätzen für eine radikale Vereinfachung und eine grundlegende Reform des deutschen Einkommensteuersystems" die "steuerfreien Abgeordnetenbezüge" als eine Steuervergünstigung, die abgebaut werden sollte.

Hinweis: Steuerzahler, die ihren eigenen Bescheid offen halten wollen, können unter Hinweis auf das oben genannte Verfahren Einspruch einlegen und Ruhen des Verfahrens beantragen.
Gast
Hallo Achim,

der Deutlichkeit halber möchte ich anmerken, daß es sich bei der genannten Pauschale nicht etwa um einen Betrag handelt, der bei der Ermittlung der Einkünfte abgezogen wird, nein, dieses Geld wird AUSGEZAHLT!

Über das Verfahren von Dr. Michael Balke wurde schon vor längerer Zeit vom Informationsdienst "Steuertipp" des Verlages "Markt intern" berichtet. Dessen Aufforderung, mit Hinweis auf dieses Klageverfahren Einspruch einzulegen und Ruhen des Verfahrens zu beantragen, wurde von einer Reihe von Lesern gefolgt. Jedoch haben viele Finanzämter mit Unverständnis reagiert und die Anträge abgewiesen. Interessant ist daher ein dazu inzwischen ergangenes Urteil des Hessischen Finanzgerichtes (Aktenzeichen folgt morgen), welches ein Verfahren "bis zur endgültigen Entscheidung des Verfahrens beim Finanzgericht Münster" ruhen ließ. Und: "das schließt Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht und dem Europäischen Gerichtshof mit ein." Die Kasseler können sich offenbar den Argumenten ihres Kollegen aus Münster nicht verschließen ;-).

Grüße,
Peter
Gast
Hallo Achim,

der Deutlichkeit halber möchte ich anmerken, daß es sich bei der genannten Pauschale nicht etwa um einen Betrag handelt, der bei der Ermittlung der Einkünfte abgezogen wird, nein, dieses Geld wird AUSGEZAHLT!

Über das Verfahren von Dr. Michael Balke wurde schon vor längerer Zeit vom Informationsdienst "Steuertipp" des Verlages "Markt intern" berichtet. Dessen Aufforderung, mit Hinweis auf dieses Klageverfahren Einspruch einzulegen und Ruhen des Verfahrens zu beantragen, wurde von einer Reihe von Lesern gefolgt. Jedoch haben viele Finanzämter mit Unverständnis reagiert und die Anträge abgewiesen. Interessant ist daher ein dazu inzwischen ergangenes Urteil des Hessischen Finanzgerichtes (Aktenzeichen folgt morgen), welches ein Verfahren "bis zur endgültigen Entscheidung des Verfahrens beim Finanzgericht Münster" ruhen ließ. Und: "das schließt Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht und dem Europäischen Gerichtshof mit ein." Die Kasseler können sich offenbar den Argumenten ihres Kollegen aus Münster nicht verschließen ;-).

Grüße,
Peter


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