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Zeit- und Aufgabenplan für den Jahresabschluss

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Gast
Ich arbeite erst seit einigen Wochen in der Buchhaltung unseres mittelgroßen Unternehmens. Da mein Vorgänger für Rückfragen nicht mehr zur Verfügung steht, muss ich mich durchwurschteln. Ich habe zwar die theoretischen Kenntnisse, aber noch keine praktischen Erfahrungen.

Als erstes möchte ich mir einen Zeit- und Aufgabenplan für den Jahresabschluss 2004 machen: Was ist bis wann (und ggfs. wie) zu erledigen ? Gibt es dafür geeignete Hilfen ?
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Hi,

Besitzt Du meine BWL CD? Wenn ja, bitte im Lexikon im Stichwort "Jahresabschlußarbeiten, buchhalterische" nachsehen, da gibt es eine Übersicht über alle wichtigen Aufgaben. Wenn Du die CD nicht hast, poste ich das heute Abend hier (geht im Moment gerade nicht).
Gast
Nein, ich habe die CD nicht.
Mitglied
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OK, ich poste hier einmal den Artikel "Jahresabschlußarbeiten, buchhalterische" aus meinem Lexikon für Rechnungswesen und Controlling. Die aufgezählten Arbeitsschritte können das Gerüst für einen Jahresabschlußplan sein; selbstverständlich mußt Du noch die entsprechenden Fristen beachten (hierzu folgt ein Posting). Einen detaillierten Kampagnenplan mit Zeitangaben usw. muß dataus noch erstellt werden.

Übersicht über buchhalterische Jahresabschlußarbeiten:

* Warenrücksendungen, Stornobuchungen im Warengeschäft, Preisnachlässe im Ein- und Verkauf, Bezugskosten der Lieferer und ähnliche separat geführte Sachverhalte sind ggfs. auf die jeweiligen Hauptkonten abzurechnen. Dies betrifft aowohl Anlagekonten als auch insbesondere das Warengeschäft. Dieser Schritt ist die Voraussetzung für alle Abschreibungsbuchungen auf Anlage- und Umlaufvermögenskonten, weil erst hierdurch der tatsächliche Wert der jeweiligen Gegenstände ermittelt wird.
* Alle Fälle der Periodenabgrenzung sind zu finden und entsprechend den Vorschriften über Rechnungsabgrenzung zu buchen:
> Antizipative Posten:
- Noch zu zahlender Aufwand (z.B. noch für das alte Jahr fällige Löhne)
- Noch zu erhaltender Ertrag (z.B. noch fällige Zinserträge für das alte Jahr)
> Transistorische Posten:
- Vorausgezahlte Aufwendungen (z.B. für das Folgejahr vorausgezahlte Versicherungen,
Beiträge, Mieten oder dgl.)
- Vorausgezahlte Erträge (z.B. bereits für das Folgejahr vom Mieter eingegangene
Mieten)
* Für alle geringwertigen Wirtschaftsgüter, die im abzuschließenden Jahr angeschafft worden sind, ist zu entscheiden, in welcher Weise vom Abschreibungswahlrecht des §6 Abs. 2 EStG Gebrauch gemacht werden soll:
- Vollabschreibung im Jahr der Anschaffung
- Erstellung eines Abschreibungsplanes über mehrere Jahre
Dieses Wahlrecht darf nur Jahr der Anschaffung ausgeübt werden, und die einmal getroffene Entscheidung ist endgültig.
* Gegenstände des Anlagevermögens, die eine außerordentliche Wertminderung erfahren haben, sind außerordentlich abzuschreiben. Hierbei handelt es sich um eine Teilwertabschreibung. Steuerrechtliche Voraussetzung für eine solche Abschreibung ist eine voraussichtlich dauernde Wertminderung (§6 Abs. 1 Nr. 1 EStG).
* Für alle im Berichtsjahr neu angeschafften abnutzbaren Anlagevermögensgegenstände ist, sofern nicht schon bei Anschaffung geschehen, ein Abschreibungsplan zu erstellen. Dabei kann die jeweils gültige AfA-Tabelle zugrundegelegt werden, wenn nicht betriebliche oder andere objektive Gründe gegen die Anwendung der amtlichen Vorschrift sprechen.
* Für bewegliche Anlagevermögensgegenstände, die i.S.d. §7 Abs. 2 Satz 1 EStG degressiv abgeschrieben worden sind ist zu prüfen, ob der Wechsel auf die lineare Abschreibungsmethode für das Berichtsjahr durchgeführt werden soll (§7 Abs. 3 EStG).
* Die Zusammenfassung der Einzelposten des Anlagevermögens geschieht nach §268 Abs. 2 HGB in einem sogenannten �� Anlagespiegel. Dieser setzt die beiden vorhergehenden Schritte voraus und ist die Grundlage der Buchung der Abschreibung nach den verschiedenen hierfür vorhandenen Verfahren (z.B. direkte oder indirekte).
* Führt das Unternehmen eine Kostenrechnung und insbesondere einen Betriebsabrechnungsbogen, so ist es ratsam, die für diesen erforderlichen Angaben im Zusammenhang mit dem Anlagespiegel gleichzeitig zu erstellen. Hierbei handelt es sich insbesondere um:
- Kalkulatorische Wiederbeschaffungswerte und
- die Technische Nutzungsdauer der jeweiligen Anlagen zur Ermittlung der kalkulatorischen Kosten, insbesondere der kalkulatorischen Abschreibung und Verzinsung. Die in diesem Zusammenhang erforderlichen Daten sind zwar steuer- und handelsrechtlich irrelevant, aber deren Ermittlung und Aufführung im Anlagespiegel ist auch nicht verboten und aufgrund der damit verbundenen Arbeitserleichterung zweckmäßig.
* Für alle Forderungen ist zu prüfen, ob noch mit einem Eingang des Geldes zu rechnen ist. Ist das nicht der Fall, so ist eine Teilwertabschreibung zu buchen, wenn eine voraussichtlich dauernde Wertminderung der jeweiligen Forderung vorliegt (§6 Abs. 1 Nr. 1 EStG), was im Einzelfall schwierig nachzuweisen sein dürfte. Die Buchung der Wertminderungen geschieht auf zwei verschiedene Arten:
> Direkte Teilwertabschreibung: Zulässig nur, wenn eine voraussichtlich dauernde Wertminderung festgestellt wurde, z.B. bei Einstellung des Insolvenzverfahrens gegen einen Schuldner mangels Masse, und daher objektiv nicht mehr mit einem Zahlungseingang zu rechnen ist.
> Indirekte Forderungsbewertung in der Form einer indirekten Abschreibung:
- Einzelwertberichtigung betrifft einzelne Forderungen, für die ein spezifisches Ausfallrisiko feststellbar ist;
- Pauschalwertberichtigung betrifft Kleinforderungen, die einzeln zu bewerten nicht wirtschaftlich ist.
> Insgesamt darf jede Forderung nur einmal bewertet werden.
* Für materielle Umlaufvermögensgegenstände ist zu prüfen, ob der in den Büchern ausgewiesene Wert aufgrund einer Wertminderung zu reduzieren ist. Handelsrechtlich ist eine Wertminderung zu buchen, wenn ein niedrigerer Börsen- oder Marktpreis feststellbar ist (§253 Abs. 3 HGB), ferner ist eine Wertminderung aufgrund „vernünftiger kaufmännischer Beurteilung“ zulässig (§253 Abs. 44 HGB). Steuerrechtlich ist nur aufgrund dauernder Wertminderung, z.B. bei Verderb oder Verlust, eine Wertminderung zulässig (§6 Abs. 1 Nr. 1 EStG).
* Für Vermögensgegenstände des Sachanlagevermögens sowie Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, die regelmäßig ersetzt werden, und deren Gesamtwert für das Unternehmen von nachrangiger Bedeutung ist, ist ein gleichbleibender Wertansatz zulässig (§240 Abs. 3 Satz 1 HGB). Jedoch ist alle drei Jahre eine körperliche Bestandsaufnahme durchzuführen (§240 Abs. 3 Satz 2 HGB), und daraus resultierende Wertänderungen sind buchhalterisch zu erfassen.
* Gleichartige Vermögensgegenstände des Vorratsvermögens (wie z.B. Material) sowie andere gleichartige oder annähernd gleichwertige bewegliche Vermögensgegenstände und Schulden können nach §240 Abs. 4 HGB jeweils zu einer Gruppe zusammengefaßt und mit dem gewogenen Durchschnittswert angesetzt werden (Durchschnittsbewertung).
* „Soweit es den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entspricht“, d.h., aufgrund eines belegmäßigen Einzelnachweises, kann für den Wertansatz gleichartiger Vermögensgegenstände des Vorratsvermögens eine bestimmte Reihenfolge des Verbrauches unterstellt werden. Die einzelnen Verfahren wirken sich nicht nur auf die Bilanzbewertung, sondern auch auf die jeweils entstehenden Aufwendungen aus. Bei FIFO ist ferner die Lagerdauer das Doppelte der bei Durchschnittsbewertung entstehenden mittleren Lagerdauer!
* Fehlbeträge in Kassen und Differenzen auf Girokonten sind mit der durch die Inventur gefundenen Werten abzugleichen:
- Bei Minderbestand ist über das Konto „Außerordentlicher Aufwand“ zu buchen,
- Ein Mehrbestand ist über „Außerordentlicher Ertrag“ abzurechnen.
> Branchen, in denen zahlreiche Kassen üblich sind, wie z.B. der Einzelhandel, führen diesen Abgleich täglich durch.
* Aufgrund der allgemeinen kaufmännischen Vorsicht nach §252 Abs. 1 Nr. 4 HGB sowie aufgrund des hieraus resultierenden Höchstwertprinzipes sind Fremdwährungsverbindlichkeiten einzeln mit dem am Bilanzstichtag feststellbaren Fremdwährungskurs abzugleichen. Ist der Kurs am Bilanzstichtag niedriger als am Tag des Entstehens (und damit Buchens) der Verbindlichkeit, so ist nichts zu unternehmen. Ist der Fremdwährungskurs jedoch höher, so ist eine entsprechende Höherbewertung der Fremdwährungsverbindlichkeit vorzunehmen.
* Unternehmen, die betriebliche Rentenkassen führen, müssen im abzurechnenden Berichtsjahr entstandene �� Pensionsrückstellungen aufwandswirksam buchen. Im Rahmen der deutschen Rechtsvorschriften ist hierfür das Teilwertverfahren anzuwenden.
* Für jedes bekannte, d.h., vorhersehbare Einzelrisiko ist zu überprüfen, ob Rückstellungen gebildet werden können (§249 HGB). Dies betrifft insbesondere:
- Rückstellungen für rechtliche Verpflichtungen wie Steuer-, Garantie- oder ähnliche Rückstellungen,
- Rückstellungen für wirtschaftliche Verpflichtungen (Kulanzrückstellungen) und
- Aufwandsrückstellungen, vgl. §249 Abs. 2 und 3 HGB sowie §5 Abs. 4a EStG).
> Steuerrechtlich sind Rückstellungen für drohende Verluste nicht mehr zulässig. Generell sind Rückstellungen steuerrechtlich stark eingeschränkt.
* Für Risiken, die nicht mehr bestehen bzw. im Berichtsjahr weggefallen sind, sind bestehende Rückstellungen erfolgswirksam aufzulösen.
* Buchungen, die die private Lebenssphäre eines Inhabers oder Gesellschafters betreffen (Kosten der privaten Lebensführung), die aber innerhalb der unternehmerischen Buchführung durchgeführt worden sind, sind bei Personengesellschaften auf das jeweilige Privatkonto und bei Kapitalgesellschaften oder Kommantitisten in Kommanditgesellschaften auf das Konto „Forderungen gegen Gesellschafter“ oder ggfs. „Verbindlichkeiten gegen Gesellschafter“ abzurechnen. Die häufigsten Fälle sind:
- Telefonkosten,
- Kraftfahrzeugkosten bei privater Nutzung von Firmenfahrzeugen,
- Warenentnahmen (�� Leistungseigenverbrauch),
- Privater Nutzungswert betrieblicher Vermögensgegenstände, etwa der privat genutzten Wohnung im Firmengebäude.
> Die hier genannten Fälle beziehen sich insbesondere auch auf die auszuweisende Umsatzsteuer und Vorsteuer. In diesem Zusammenhang ist ab Berichtsjahr 1999 auch der eingeschränkte Vorsteuerabzug bei PKW-Privatnutzung zu beachten: der unternehmerische Vorsteuerabzug kann durch nur eine einzige private Nutzung eines Dienstfahrzeuges reduziert werden!
* Personengesellschaften rechnen die Privatkonten in die Eigenkapitalkonten der jeweiligen Gesellschafter ab (Privatkonto). Kapitalgesellschaften führen lediglich Konten „Forderungen gegen Gesellschafter“ und „Verbindlichkeiten gegen Gesellschafter“, die zum Jahresende auch Ein- oder Auszahlungen ausgeglichen werden können, aber nicht in das Eigenkapital abzurechnen sind.
* Unternehmer, denen das Finanzamt auf Antrag gestattet hat, die Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten zu berechnen (§20 UStG), müssen vor Abrechnung der Umsatzsteuer prüfen, welche Zahlungen tatsächlich eingegangen sind und damit umsatzsteuerlich relevant werden, d.h., die auf offene Forderungen entfallende Umsatzsteuer ausbuchen.
* Die Umsatzsteuer und die Vorsteuer sind gegeneinander abzurechnen. Dieser Schritt ist kein Verstoß gegen das Verrechnungsverbot des §246 Abs. 2 HGB. Da es regelmäßig mehrere Umsatzsteuer- und mehrere Vorsteuerkonten geben wird, ist ein Zwischenkonto zu verwenden, dessen Saldo bei Entstehen eines Vorsteuer-Überhanges in ein Konto „Forderungen aus Umsatzsteuer“ und bei Entstehen einer Umsatzsteuer-Zahllast in ein Konto „Verbindlichkeiten aus Umsatzsteuer“ abzurechnen ist.
* Sind alle diese Arbeitsschritte abgeschlossen, kann das Ergebnis der Jahresabschlußarbeiten im Rahmen einer Hauptabschlußübersicht dargestellt werden.
Mitglied
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Hier kommt noch die Fristen, innerhalb derer ab Schluß des Geschäftsjahres der Jahresabschluß aufzustellen ist. Quelle: ebenfalls mein Lexikon für Rechnungswesen und Controlling. Die Aufstellungsfristen sind von Rechtsform, Betriebsgröße und Wirtschaftszweig abhängig und außerordentlich uneinheitlich geregelt:

1. Einzelkaufleute und Personenhandelsgesellschaften: Keine feste Frist (gemäß §243 Abs. 3 HGB innerhalb der einem ordnungsgemäßen Geschäftsgang entsprechenden Zeit), aber nach BFH-Urteil (BStBl. 1984 Abs. 2 S. 227) nicht länger als 1 Jahr.
2. Personengesellschaften mit Kapitalgesellschaften als Hauptgesellschafter: Die GmbH & Co. KG und ähnliche Gestaltungsformen wurden seit 2000 in die HGB-Publizität mit einbezogen (�� Offenlegung) und unterliegen damit den selben Aufstellungsfristen wie die jeweilige Hauptgesellschaft (vgl. nachstehend).
3. Große und mittlere Kapitalgesellschaften: Erste 3 Monate nach Ablauf des Geschäftsjahres (durch die gesetzlichen Vertreter, §264 Abs. 1 HGB), einschließlich Lagebericht.
4. Kleine Kapitalgesellschaften: Erste 6 Monate nach Ablauf des Geschäftsjahres (durch die gesetzlichen Vertreter, §264 Abs. 1 HGB), einschließlich Lagebericht.
5. Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften: Erste 5 Monate nach Ablauf des Geschäftsjahres (durch den Vorstand, §336 Abs. 1 HGB), einschließlich Lagebericht.
6. Publizitätspflichtige Unternehmen: Erste 3 Monate nach Ablauf des Geschäftsjahres (durch die gesetzlichen Vertreter, §5 Abs. 1 und Abs. 2 PublG), bei Einzelkaufleuten und Personenhandelsgesellschaften ohne Anhang und Lagebericht.
7. Kreditinstitute: Erste 3 Monate nach Ablauf des Geschäftsjahres, §26 KWG), ohne Fristausweitung für kleine Kreditinstitute, die Kapitalgesellschaften sind, einschließlich Lagebericht (falls zu erstellen).
8. Versicherungsunternehmen: Erste 4 Monate nach Ablauf des Geschäftsjahres (durch den Vorstand, §55 VAG), bei Rückversicherungsunternehmen nach 10 Monaten, einschließlich Lagebericht. Für kleinere Versicherungsvereine und -unternehmen, die nicht Kaufmann sind, gelten die Fristen für Personenunternehmen (vgl. Nr. 1).
9. Konzerne: Erste 5 Monate nach Ablauf des Konzerngeschäftsjahres (durch die gesetzlichen Vertreter des Mutterunternehmens, §290 HGB und §13 PublG), einschließlich Konzernlagebericht.

Beachte: Ab 2005 könnten hier Änderungen fällig sein!


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