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Nichts dazugelernt

Die berufliche Weiterbildung bleibt in deutschen Unternehmen auf der Strecke. Zwar halten 76 Prozent der Firmen Weiterbildung für essenziell, um die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, umgesetzt wird dieser Anspruch indes nur selten. Und wenn, dann nur mit geringem Erfolg. Bei Weiterbildungsstrategie, Fortbildungsprogrammen und E-Learning ist Deutschland Schlusslicht in Europa.


Das ist das Ergebnis einer Studie, die das Forrester Research Institut im Auftrag von IBM durchgeführt hat. Im Rahmen der Studie wurden 255 Firmen in Frankreich, Deutschland, Italien, Skandinavien, Spanien und Großbritannien befragt.

Nur 36 Prozent der befragten deutschen Unternehmen haben danach überhaupt ein Weiterbildungsprogramm, das auf die speziellen Bedürfnisse des Unternehmens und der Mitarbeiter zugeschnitten ist. Zum Vergleich: In Großbritannien verfügen 87 Prozent der Firmen über ein solches Programm, in Frankreich immerhin 78 Prozent.

Unternehmen scheuen Weiterbildung ihrer Mitarbeiter

Die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit hat verschiedene Ursachen. "Weiterbildung wird in Deutschland zwar generell als wichtig betrachtet, aber die Umsetzung wird noch nicht überall als notwendig angesehen, weil man schon über gut qualifizierte Mitarbeiter verfügt oder glaubt, sich diese im Bedarfsfall auf dem Arbeitsmarkt beschaffen zu können", sagt Karl-Friedrich Ackermann, Geschäftsführer der Personalberatung ISPA Consult in Stuttgart. "Außerdem wissen die Unternehmen, dass gut geschulte Mitarbeiter gerne abgeworben werden, und das stellt wiederum ein Risiko für das Unternehmen dar, in die Weiterbildung zu investieren." Eine Einschätzung, die durch die Studie bestätigt wird: 18 Prozent der deutschen Firmen waren der Meinung, in der Fortbildung ihrer Mitarbeiter liege ein hohes Risiko für die Abwerbung der Kollegen, 44 Prozent sehen ein mäßiges Risiko. In allen anderen Ländern ist diese Angst weit weniger ausgeprägt.

Beim Einsatz von E-Learning schneidet Deutschland unter den befragten Ländern am schlechtesten ab. Nur 36 Prozent gaben an, E-Learning-Programme in ihrem Unternehmen zu verwenden. In Frankreich setzen dagegen 61 Prozent der befragten Unternehmen die elektronische Weiterbildung ein, in Italien 57 Prozent. "Das liegt zum einen daran, dass die Deutschen immer noch eine Klassenraumschulung vorziehen", sagt Matthias Landmesser, Leiter der Personalentwicklung bei IBM Deutschland. "Zum anderen haben wir Deutschen die höchsten Ansprüche in Bezug auf die Qualität der E-Learning-Programme."

Im Blended Learning, also dem Mix aus Präsenzseminaren und E-Learning, sieht Personalberater Ackermann die Zukunft für deutsche Firmen. Denn E-Learning sei nicht das Allheilmittel. "E-Learning ist noch relativ stark mit IT-Themen besetzt und bietet wenige Angebote bei Softskills", sagt Ackermann. Nach Aussagen der Studie wird die inhaltliche Ausrichtung der Weiterbildung genau in diese Richtung gehen. Weg vom Fachwissen, hin zu sozialer und methodischer Kompetenz.

Bildung sollte Unternehmensziel werden

Damit die Firmen ihren Ansprüchen in Zukunft gerecht werden, müssen sie einiges ändern, heißt es in der Studie. Da reiche es nicht, vermehrt auf E-Learning oder Blended Learning zu setzen. Wichtig sei vor allem, die Weiterbildung konsequent an die Unternehmensziele anzupassen, strategisch zu integrieren und eine Trainingsanalyse durchzuführen, um den Erfolg der Weiterbildung nachvollziehen zu können.

Das neue Konzept der Weiterbildung verlangt nach Eigeninitiative: Die Mitarbeiter sind selbst dafür verantwortlich, ihre Kompetenzen marktfähig zu halten. Das Unternehmen unterstützt sie dabei mit individuellen Entwicklungsplänen, flexiblen Lernangeboten und Coaching am Arbeitsplatz. "Die Weiterbildung war über lange Zeit eine Art Bauchladenkonzept", sagt Landmesser. "Was wir heute erleben, ist eine viel mehr strategisch ausgerichtete Weiterbildung, die sich an den Geschäftszielen des Unternehmens orientiert."

Scheu vor Bildung

Risiko Deutsche Unternehmen haben im europäischen Vergleich die größte Angst davor, dass ihre Mitarbeiter nach der Weiterbildung abgeworben werden. 18 Prozent sehen darin ein hohes Risiko.

Bedarf Nur 36 Prozent der deutschen Unternehmen verfügen über ein Weiterbildungsprogramm, das speziell auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten ist. Deutschland ist damit Schlusslicht in Europa.

Quelle: http://www.igmetall-wap.de