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Lehrbuch der Kosten- und Leistungsrechnung

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Hallo Harry,

arbeite gerade dein Lehrbuch der KLR 2. Ausgabe durch. Es ist gut und verständlich geschrieben, aber einen klaren Minuspunkt möchte ich für die politischen Statements (Zwangssozialversicherungszahlungen S. 20, EU-Kommission/ Klimaschutz S.28 ).
Persönliche Meinungen haben m.E. in einem Lehrbuch nichts zu suchen, dafür gibt es andere Wege Meinungen zu verbreiten.
Des weiteren würde es dem Buch gut zu Gesicht stehen, wenn die neue Rechtschreibung zum Einsatz käme. Es wird in allen gängigen Medien die neue Rechtschreibung angewandt, und Texte in alter Rechschreibung sind zunehmend schwierig zu lesen.
Zu deiner Kritik der Vorschrift von oben siehe hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Rechtschreibung Abschnitt "20. Jahrhundert"

Grüße
schlappi
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Moin,

so politisch finde ich das nicht; der Zwang in der wenig sozialen Versicherung ist einfach eine Tatsache, oder? Der Mangel an Demokratie ist es auch? Warum darf man darauf nicht hinweisen? Die Wirtschaft ist ein Phänomen der Gesellschaft, und die Kostenrechnung die Bewertung von Produktionsfaktoren. Das ist letztlich ein politisches Phänomen?

Und zur neuen Schlechtschreibung: keine Chance. Ist das gleiche Thema: ein Demokrat kann mE die neue Schlechtschreibung nicht anwenden... er würde sich dadurch unglaubwürdig machen, gleichwohl vielleicht aber zeitgeistig-volksfern.

Aus dem gleichen Grund ist die Wikipedia auch keine gute Quelle in diesem Zusammenhng: wir wissen alle, daß in der Wikipedia Machtkonflikte ausgetragen werden und Interessengruppen über politisch gewollte Inhalte wachen bzw. unerwünschte Inhalte fernhalten - wie z.B. Kritik an Ökologismus, Europa oder eben der Schlechtschreibreform? Muß ich mich dem unterordnen? Ich glaube nicht... das ist mein durchgängig in allen Schriftwerken vertretener Standpunkt.
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Moin,

vielleicht sollten wir diese Debatte etwas öffentlicher führen. ich versuche das mal, indem ich hier aus meinem Buch zitiere, so daß alle sehen können, um was es geht.

S. 27 unten:

Zitat
»Leistungsbereitschaft« ist die Fähigkeit, durch Faktorkombination aus Gütern Produkte zu machen, also auf der von der Natur zum Menschen reichenden Wertkette tätig zu sein. Eine Fähigkeit ist schon das abstrakte Potential zur Leistungserstellung. Dies bedeutet im wesentlichen, das auch Instandhaltungsaufwendungen Kostencharakter haben. Die Abgrenzung unterlassener Instandhaltungen als Rückstellungen kann ein Anwendungsfall dieses Gedankens sein. Schwieriger ist die Frage, ob auch politische Lobbyarbeit, Bestechungsgelder und die Öffentlichkeitsarbeit zu den Kosten für den Erhalt der Leistungsbereitschaft zählen. Dies kann insbesondere problematisch sein als daß etwa Schmiergelder rein rechtlich betrachtet i.d.R. illegal sind und daher nicht in der Buchführung ersichtlich sind; gleichwohl sind sie oft faktisch unverzichtbar und werden in vielen Ländern erwartet.


S. 27 ganz unten und S. 28 oben:

Zitat
Das kann die Schaffung unternehmerfreundlicher Gesetze und Regulierungen oder die Vermeidung unternehmerunfreundlicher Vorschriften betreffen. Wenn beispielsweise die ungewählte EU-Kommission wiedermal neue Klimaschutz-Einschränkungen plant, dann kann deren Vermeidung durch Einflußnahme auf die relevanten Entscheidungsträger in Brüssel die Existenz der Unternehmung sichern. Sie wäre damit als Kostenart zu klassifizieren, weil sie der Aufrechterhaltung der Leistungsbereitschaft in der Zukunft dient.


Dies steht in Kapitel 2.1.4 "Kosten" und ist Teil der Überlegung, welche Phänomene Kosteneigenschaft haben und welche nicht. Die Überlegung, ob Schmiergelder in eine Kalkulation gehören, halte ich für praxisnah. In dem zweiten Zitat ist begründet, warum hier die Lobbyarbeit Kosteneigenschaft besitzt. Daß die EU-Kommussion nicht gewählt und nicht demokratisch legitimiert ist, ist schließlich eine Tatsache? Und daß zahlreiche Arbeitsplätze bereits dem "Klimaschutz" zum Opfer gefallen sind auch?

Und: haben wir nicht gerade erst vor wenigen Tagen in den Medien gehört, daß Lobbyisten in Deutschland sogar Gesetze schreiben?

Weiter, S. 28:

Zitat
Ist es aber nicht möglich, solcherart wirksam Einfluß zu nehmen, oder ist es nicht erwünscht, weil die Schließung des Unternehmens und der Verkauf der zuvor zugeteilten Emissionszertifikate attraktiver ist als harte Arbeit und der Verkauf erzeugter Produkte, dann kann auch die Verlagerung in klimaschwindelfreie Staaten ohne Emissionshandel und ohne politisch gewollte Einschränkung des Unternehmertums als Kosten der Erhaltung der Leistungsbereitschaft gesehen werden.


Der Verkauf vom Emissionszetteln bringt in der Tat bisweilen mehr al der Markt für die eigentlichen Erzeugnisse bereithält. Das ist ja der Grund, weshalb viele Unternehmen die Ökowirtschaft durchaus begrüßen: sie schließen die Produktion und verscherbeln ihre Luftscheine. Es mag nicht politisch korrekt sein, darauf hinzuweisen, aber es ist eine Tatsache?

Und: was hälst Du, bzw. was halten andete Mitleser, von S. 20 unten aus der Diskussion um die Bewertung von Aufwendungen:

Zitat
In Personengesellschaften wird hierfür in der Regel keine Aufwendung angesetzt, weil die inhaber sich schon aus dem Grunde nicht bei sich selbst anstellen, um hohen Lohnsteuerund Zwangssozialversicherungszahlungen zu entgehen.


Genau so ist es, ich entdecke hier keine Fehler. Lies mal http://www.zingel.de/taxes.htm, die Modellrechnungen, für die Überlegungen zur Zwangsversicherung... und gleiche Seite und Folgeseite oben:

Zitat
Weitere Aufwendungen sind offensichtlich der Höhe nach falsch bewertet. Das hat meist Gründe, die in staatlichen Maßnahmen und Planpreisen liegen. So ist in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit der Faktor »Arbeit« meist unterbewertet. Manche Unternehmen können in großem Ausmaß mit Praktikanten oder staatlichen Lohnzuschüssen auskommen. Dies führt zu einem viel zu niedrigen Ausweis in der Gewinn- und Verlustrechnung. Umgekehrt ist Energie beiweitem überteuert. Das mag mit dem monopolistischen Markt der Energieversorgung zu tun haben, aber auch damit, daß teure Öko-Experimente den Preis in die Höhe treiben: beispielsweise kann man Strom aus »erneuerbarer« Energie weit über dem Steckdosenpreis für elektrischen Strom an den Energieversorger zwangsverkaufen. Die Schwankungen der Photovoltaik und Windstromleistung bewirken, daß hohe Kraftwerksleistungen »blind« vorgehalten werden müssen, um Stromausfälle bei plötzlichem Rückgang der Leistung der »erneuerbaren« Systeme zu verhindern. Dies entspricht im Effekt aber einer Verschwendung nuklearer und konventioneller Brennstoffe.


Das Beispiel zeigt, daß selbst zahlungsgleiche (also aus der GuV) ersichtliche Daten oft der Höhe nach unzutreffend für eine Faktorbewertung sind. Sie müssen also, will man einen "wahren" Ausweis der Kosten, umbewertet werden - etwas, was man ja auch aus der Abschlußanalyse kennt.

Wenn das nicht in ein KLR-Lehrbuch gehört, wo gehört es dann hin??

Nein, Wirtschaft ist ein Phänomen der Gesellschaft und ein Buch über Wirtschaft, das Probleme der Gesellschaft ignoriert oder verschweigt, ist mindestens lückenhaft.
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Registriert: Jan 2008
Beiträge: 12
Hallo Harry

zur neuen Rechtschreibung: Wenn nicht Wikipedia dann schlag hier nach: http://www.schriftdeutsch.de/orth-his.htm. Es kommt aber aufs gleiche raus, auch die Rechtschreib"reform" von 1901 ist par ordre de mufti eingesetzt worden.
Und was daran demokratisch ist, dass (im 19. Jahrhundert) ein Herr Duden den Standard in der Rechtschreibung setzt, bzw heut zu Tage der nach ihm benannte, von wirtschaftlichen Interessen getriebene Verlag, muss mir erst noch jemand erklären.
Aber abgesehen davon, in 10 bis 15 Jahren wird eine ganze Generation mit der "alten" Rechtschreibung nichts mehr anfangen können. Da ich mal davon ausgehe, dass du Bücher nicht nur zur Selbstbefriedigung schreibst, könnte es in den Verkaufszahlen eng werden, weil "alte" Texte nicht mehr "lesbar" sind.

Zum Buch:
Natürlich haben politische Entscheidungen Einfluss auf die Kostensituation in Betrieben. Ich sag ja nicht, dass du Unrecht hast, aber Polemiken über die staatlichen Verfehlungen haben imo in einem Lehrbuch nichts zu suchen. Von einem Lehrbuch erwarte ich, dass es mich etwas lehrt, und nicht, dass ich mit der politischen Meinung des Verfassers auseinander setzen muss.
Pack deine persönlichen Ansichten doch in eine Fußnote, und/ oder verweise auf den BWL-Boten, wo du dich ausführlicher über gewisse Dinge auslässt.
Was den Emissionshandel betrifft: Die Zertifikate dümpeln schon seit geraumer Zeit um 2 ct/ Tonne rum.

Grüße
schlappi


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