Hallo Harry,

ich könnte Dich knuddeln - in diesen beiden BWL-Boten hast Du mehr offene Wunden beim Wickel, als Finger an den Händen!

Zum einen die Weltfremdheit der IHK-Prüfungen:
wenn man den Prüfling die zukünftigen Wiederbeschaffungswerte nicht ausrechnen lassen will, so wäre es wenigstens angeraten diese vorzugeben, um somit konsequent auf dieses Problem hinzuweisen. Auch ein Prüfungslyriker dürfte sich daran erinnern können, daß er für das Geld, was er für sein erstes Auto bezahlt hat, heute nichts mehr kaufen kann, was sich freiwillig fortbewegt. Es ist freilich zuviel verlangt, von dieser ihm bekannten Preisentwicklung des Wirtschaftsgutes "PKW" zu schließen, daß das bei Druckmaschinen, Pressen oder Walzstraßen genauso sein könnte.

Die Kämmerlinge sind aber diesbezüglich nicht die einzigen "Übeltäter": Viele Unternehmer begnügen sich (oft aus Kostengründen) mit einer Einheits- bzw. Steuerbilanz, somit auf Bewertungen aus steuerrechtlicher Sicht und ermitteln damit Zahlen, die weder für eine Kostenanalyse (und damit Preisgestaltung) noch für Bankverhandlungen wirklich zu gebrauchen sind. Soweit die AfA-Tabellen zu einem Wirtschaftsgut nichts hergeben (was sehr häufig vorkommt) wird man sich in der Not auf die degressive AfA zurückziehen, was mit den tatsächlichen Verhältnissen in den seltensten Fällen übereinstimmt. Im Zuge von Basel II sind jedoch betriebsausgabenmaximierende Ansätze in der Regel äußerst kontraproduktiv. Dies in letzter Instanz auch aus steuerlicher Sicht, wenn ein Wirtschaftsgut entnommen werden soll oder muß (Betriebsaufgabe) und die Diskrepanz zwischen Restbuchwert und offensichtlichem Marktwert plötzlich zur Versteuerung ansteht, ohne das auch nur ein Cent vereinnahmt worden wäre.

Das bedeutet aber letztlich nichts anderes, als daß nicht nur der Prüfungskandidat für eine Leistung bezahlt, die er eigentlich nicht gebrauchen kann, sondern auch der Unternehmer einen wesentlichen Teil der durch den Jahresabschluß anfallenden Kosten nicht für sich, sondern für den Fiskus aufwendet. Was die Diskussion um die Abzugsfähigkeit von Steuerberatungskosten in einem besonders schillernden Licht erscheinen läßt.

Grüße,
Peter