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Ein neues EStG mit nur 23 Paragraphen??

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Liebe Mit-, Für- und Widerstreiter,

ein Einkommensteuerrecht mit nur 23 Paragraphen, die auf zwei Druckseiten passen, und die auch versteht, wer nur BWL studiert hat (und nicht Steuerberater ist)?

Hier ist ein Vorschlag:
<A HREF="http://www.bwl-bote.de/20050817.htm">Radikale EStG-Reform: Der Entwurf von Paul Kirchhof im Wortlaut</A>

Was haltet Ihr davon??
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Hallo Harry,

der Entwurf von Paul Kirchhof entbehrt nicht eines gewissen Charmes. Allerdings sollte man sich ihn wirklich mehrmals ganz genau durchlesen und verinnerlichen, was es im Detail bedeutet, wenn er so umgesetzt würde. Die Freude vieler Leute könnte von sehr begrenzter Dauer sein.

Zudem argwöhne ich, daß das jetzige EStG vor langer, langer Zeit genauso ausgesehen hat wie dieser Entwurf. Es ist jedoch allgemein bekannt, daß unsere lieben Parlamentarier willens und imstande sind, aus so einem schönen Gesetz binnen ein, zwei Legislaturperioden das zu machen, was wir derzeit haben (siehe die Entwicklung des UStG). Es wäre daher nicht nur gut, den Entwurf so wie vorgeschlagen Gesetz werden zu lassen, sondern auch praktisch, dieses Gesetz irgendwie vor dem Vorhersehbaren zu schützen. Nur dazu fehlt mir derzeit jegliche Idee ...

Grüße,
Peter
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Hi Peter &amp; alle anderen,

ich bin inzwischen zu der Überzeugung gekommen, daß wir Kirchhofs Entwurf nie im BGBl lesen werden, und habe das auch <A HREF="http://www.bwl-bote.de/20050821.htm">ausführlich begründet</A>. Ein weiteres Indiz ist ja, daß die CDU/CSU-Spitze ihren eigenen Reformentwurf bisher nicht zugunsten von Kirchhof aus dem Programm geworfen hat. Es besteht daher mE nach der Verdacht, daß Kirchhof eine Art Etikettenschwinden ist: dem Wähler soll suggeriert werden, daß es nach der Wahl endlich voran geht, aber ist Merkel (oder wer immer aus der CDU) erstmal Kanzler(in), verschwindet der parteibuchlose Kirchhof in der Versenkung.
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Hallo Harry,

Deinen Argumenten ist fast nichts mehr hinzuzufügen. Fast, denn Deutschland wird bekanntlich von Lobbyisten regiert, die zuallererst Partikularinteressen im Auge haben, auf ihre persönliche Daseinsberechtigung achten und sich nicht scheuen, sich bei sogen. "Anhörungen" mit ihren Aussagen - bei Lichte betrachtet - bis auf die Knochen zu blamieren und lächerlich zu machen. Alles egal, der Zweck heiligt die Mittel.
Und so wird man dem Nebenberufs-VHS-Lehrer mit seinen 1.000 Euro Honorar natürlich mit der Nase auf das Entschwinden des § 3 EStG derzeitige Fassung schlagen, nicht aber darauf, daß er nach diesem Gesetz infolge höherer Freibeträge womöglich auch auf das Haupteinkommen gar keine Steuern mehr zahlt. Und es ist nicht nur der Dreier, der komplett wegfällt, sondern beispielsweise auch die Spekulationsfristen, deren Verlängerung die Karlsruher jahrelang beschäftigt hat und die in Kirchhofs Entwurf als Bedingung für Steuerfreiheit gar nicht mehr vorkommen.

So vermute ich, daß man mit Kirchhofs Nominierung zum Finanzminister das Thema "Steuervereinfachung" über die Wahlkampfpolemik hinaus endgültig zu begraben sucht. Denn die Merkelin hat ganz deutlich gesagt, daß es ihr lediglich um "Gemeinsamkeiten" der Konzepte der eigenen Truppe und des Kirchhofschen geht, wobei mir derzeit unklar ist, worin die bestehen sollen. Von der bedingungslosen Unterstützung Kirchhofs, die die mindeste Voraussetzung für die Umsetzung seines Konzepts wäre, ist keine Rede.

Wie auch Du schon vermutest, wird offenbar das CDU-Gebräu mit dem Etikett "Kirchhof-Entwurf" auf der Flasche verkauft. Wenn die Wahl gewonnen ist, mag er wie Lafontaine nach ein paar Wochen desillusioniert zurücktreten, daß ist dann nicht mehr der Merkelin Problem.

Grüße,
Peter
« Zuletzt durch Peter am 21.08.2005 04:27 Uhr bearbeitet. »
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Hi Peter,

ich erinnere mich vage, daß da 1998 bevor Schröder zum ersten Mal ins Amt gewählt worden ist was ähnliches abgegangen war. die hatten auch einen Parteilosen als - glaube ich - Wirtschaftsminister nominiert, und nach dem Wahlsieg war der Mann ruck-zuck abserviert worden, Kannst Du Dich noch erinnern, wie der hieß? Ich kriege nur den Namen nicht mehr zusammen, dann könnte ich es ergoogeln... sieht irgendwie genauso aus wie der jetzige Kirchhof-Fall, ein Etikettenschwindel reinsten Wassers!
Gast
ich denke, der eigentliche feind des kirchhof-entwurfs ist ein gewisser herr ondracek, der vorsitzende der steuergewerkschaft im beamtenbund und der stand bisher im zweifel zur cdu.

dem wird nicht entgangen sein, dass nach durchgeführter kirchof´scher reform so ziemlich die ganze bestehende finanzverwaltung schlicht überflüssig ist, und auch das bislang von ihm propagierte aufstocken der betriebsprüfungs-stellen nichts mehr bringt.

steuer scheint im augenblick kein thema zu sein, es hat auch niemand den herrn bundesfinanzminister eichel gefragt, was denn sein vorhaben einer wesentlichen steuervereinfachung mache, im dem in seinem haus schon seit legislaturperioden gebastelt wird.
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Hallo Harry und alle anderen,

ganz so, wie Du dich erinnerst, war es wohl doch nicht:

http://de.wikipedia.org/wiki/Werner_M%C3%BCller_%28Politiker%29

schwobski kann ich mich überhaupt nicht anschließen:

Gewinnermittlungen entsprechend dem jetzigen § 4 Abs. 3 EStG und Bilanzen wären auch weiterhin Bestandteil der Steuererklärung gewesen. Auch Kirchhof hätte Aufwendungen, die der privaten Lebensführung zuzuordnen sind, nicht zum Betriebsausgabenabzug zugelassen. Zudem hätte es immer noch das (inzwischen mit Klippen gespickte) UStG und die Lohnabrechnung als ergiebiges Betätigungsfeld für Steuerfahnder und Betriebsprüfer gegeben, von Langeweile bei diesen Leuten wäre daher überhaupt keine Rede gewesen.

Eher davon, daß auch die CDU gerne Unternehmer ins offene Messer laufen läßt. Oder kann deren Steuerentwurf, der den gestrigen Nachrichten nach ja nun der allein diskutable ist, jemand hier verlinken?

Grüße,
Peter
Gast
Lebt denn der alte kirchhof noch, kirchhof noch, kirchhof noch?
Lebt denn der alte kirchhof noch oder isser schon dot?

Ja. der lebt noch, der lebt noch, der lebt noch!
Ja der lebt noch, lebt noch, sterbt nit!

(Volkslied)


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