Forum

Rekapitalisierung (PE) und Auswirkung auf Unternehmenswert

Gesperrt

Seite: 1

Autor Beitrag
Mitglied
Registriert: Jul 2005
Beiträge: 4
Hallo,

erstmal großes Lob an Harry Zingel für die tollen Zingelseiten! :)

Nun zu meiner Frage: Welche Auswirkung hat eine Rekapitalisierung (Private Equity Geschichten) auf den Unternehmenswert?

Es wird EK durch FK getauscht, betrachtet man die gewichteten Kapitalkosten, ist das nicht so problematisch, da das FK günstiger ist.

Aber dafür müsste ja der Free Cash Flow abnehmen, da Kapitaldienst geleistet werden muss. Oder trifft hier die Annhame schon nicht zu, dass FK günstiger ist?

Andere Meinungen über die Wirkungen?

Grüße
startklar
Mitglied
Registriert: Apr 2004
Beiträge: 7407
Ort: Erfurt
Hi,

Zitat
erstmal großes Lob an Harry Zingel für die tollen Zingelseiten!


Zingelingeling! :-)

Zitat
Nun zu meiner Frage: Welche Auswirkung hat eine Rekapitalisierung (Private Equity Geschichten) auf den Unternehmenswert?


mE nach muß man sich zunächst überlegen, nach welchem Verfahren der Unternehmenswert ermittelt werden soll. Zur Auswahl stehen beispielsweise das Ertragswertverfahren, das SUbstanzwertverfahren, der Marktwert und das Stuttgarter Verfahren. Nur beim Ertragswertverfahren hast Du mit dem Einwand mE nach recht; hier stehen ja discounted cash flows im Vordergrund, insbesondere beim "reinen" Ertragswertverfahren. Beim Substanzwertverfahren werden die Zahlungen summiert, die zur Reproduktion des vorhandenen Unternehmens anfallen würden; da spielt die Frage der kapitalherkunft praktisch keine Rolle. Die Marktwertmethode aber gewinnt mit Blick auf die zunehmende Verbreitung der IFRS immer größere Bedeutung. Der Anhang zu IFRS 3 enthält in diesem Zusammenhang eine Vielzahl von immateriellen Vermögensgegenständen, die indirekt in den Geschäfts- oder Firmenwert eingehen. Diese unterliuegen aber oft dem Bilanzierungsverbot des §248 Abs. 2 HGB, sind also (in Deutschland) stille Reserven. Dennoch gehen Sie sehr stark in die Unternehmensbewertung ein. ich würde also zusammenfassend sagen, daß eine Rekapitalisierung kaum eine Auswirkung auf die Unternehmensbewertung hat.
Mitglied
Registriert: Jul 2005
Beiträge: 4
Hallo Harry,

vielen Dank für die schnelle und ausführliche Antwort!

Wenn ich mir jetzt das Discounted Cash Flow Verfahren angucke, dann geht man vom Ergebnis vor Zinsen und Steuern aus. Steuern werden dann abgezogen, Zinsen werden jedoch nur über den Diskontierungssatz berücksichtigt. Aber es fließt ja definitiv Liquidität als Kapitaldienst ab, also müsste es zu einer Veringerung von Free Cash Flow kommen und damit auch zur Verringerung des Unternehmenswertes. Oder?

Warum ist EK teurer als FK? Hauptsächlich wegen der Opportunitätskosten?

Danke und viele Grüße
startklar
Mitglied
Registriert: Apr 2004
Beiträge: 7407
Ort: Erfurt
Hi,

Zitat
Wenn ich mir jetzt das Discounted Cash Flow Verfahren angucke, dann geht man vom Ergebnis vor Zinsen und Steuern aus.


Das kann man so machen, aber nur im Rahmen von EBIT; EBIT ist aber nicht DCF. Discounted Cash Flow heißt lediglich, daß auf die Cash Flow Größe die Barwertformel angewandt wird. Der Cash Flow an sich enthält keine Zinsgegenrechnung sondern ist nur Jahresüberschuß plus zahlungsungleiche Aufwendungen minus zahlungsungleiche Erträge (beispielsweise indirekt). Die Zinsen sind aber i.d.R. zahlungsgleich, würden hier also nicht herausgerechnet werden - oder, anders gesagt, der Cash Flow enthält sehr wohl die Zinsaufwendungen.

Die Free Cash Flow Rechnung kenne ich eher als Verfahren der Shareholder Value Bewertung, und auch hier sehe ich keine spezielle Zinsgegenrechnung:

Umsatzerlöse
– Herstellungskosten
– Vertriebskosten
– Verwaltungskosten
+ sonstige betriebliche Erträge
– sonstige betriebliche Aufwendungen
+ Abschreibungen
– Steuern
– Investitionen
– Erhöhung Working Capital
= Free operating Cash Flow

Weiterhin:

Zitat
Warum ist EK teurer als FK? Hauptsächlich wegen der Opportunitätskosten?


Nur im Zusammenhang mit dem Leverage Effect wird eine solche Betrachtung angestellt; hier kommt i.d.R. raus, daß sich Verschuldung lohnt, d.h., durch zunehmende Verschuldung die Rentabilität steigt. Hier wird aber keine Eigen-, sondern eine Gesamtkapitalrentabilität mit der Fremdkapitalverzinsung verglichen. Bedenke, daß die Zinskosten sich stets auf das Vermögen (!) und damit, indirekt, das Gesamtkapital beziehen, während die Zinsaufwendungen sich nur auf das (zinspflichtige, also nicht mal gesamte) Fremdkapital beziehen. Zinskosten und Zinsaufwendungen werden leider sehr oft verwechselt. Der Begriff "teuer" bezieht sich aber auf Auszahlungen und kann gar nicht auf das EK angewandt werden.
Mitglied
Registriert: Jul 2005
Beiträge: 4
Hallo Harry,

vielen Dank für den Hinweis auf EBIT, ich habe bei "Zinsen" in "Ergebnis vor Zinsen und Steuern" an Zinsaufwendungen statt an "Interest" gedacht.

Das DCF-Verfahren habe ich aus einer SHV-Berechnung, sehr gut erkannt! :)

Das mit der Überlegung ob EK und FK teurer ist habe ich ebenfalls aus der SHV-Berechnung, dort ging es um die gewichteten Kapitalkosten.

Sind Zinskosten = Kapitalkosten? Also eigentlich internes Rechungswesen, Zinsaufwendungen betreffen eher das externe Rechungswesen, richtig?

Um jetzt auf die bösen Raubtierheuschrecken :twisted: :D zurück zu kommen: in diesem Falle wird innerhalb des gesamten Kapitals von EK (keine Zinsaufwendungen) zu FK (sehr hohe Zinsaufwendungen) gewechselt, was den CF belastet. Also müsste das c.p. den Unternehmenswert (SHV) schmälern, oder?

In der heutigen FAZ auf Seite 20 ist ein interessanter Beicht zu Finanzivestoren erschienen, vielleicht interessiert das hier Jemand im Forum.

Grüße
startklar
Mitglied
Registriert: Apr 2004
Beiträge: 7407
Ort: Erfurt
Hi,

Zitat
Sind Zinskosten = Kapitalkosten? Also eigentlich internes Rechungswesen, Zinsaufwendungen betreffen eher das externe Rechungswesen, richtig?


Ja, das kann man so sagen. Hinsichtlich Kosten und Aufwendungen gibt es ja Begrifflichkeiten, die in dieser Form sonst im internationalen Raum nicht üblich sind, die ich aber, wie man hierschön öfters sehen konnte, vehement verfechte. Aber auch davon unabhängig wird bei der Leverage-Berechnung ja von einem Gesamtkapitalzins ausgegangen; dieser entspricht aber gerade dem betriebsnotwendigen Kapital mal der Mindestrentabilität aus allgemenem Guthaben(!)zins und allgemeinem Risiko, was aber gerade der Zinskostendefinition des internen Rechnungswesens entspricht. Die Zinskosten- und Zinsaufwendungsdebatte haben wir hier übrigens im Zusammenhang mit WACC und CoC beim EVA-Konzept schon mal debattiert.

Zitat
in diesem Falle wird innerhalb des gesamten Kapitals von EK (keine Zinsaufwendungen) zu FK (sehr hohe Zinsaufwendungen) gewechselt, was den CF belastet.


OK, den Cash Flow belastet dies, das ist richtig. Übrigens auch eine Art, unser Begriffsproblem zu umgehen, wenn man nur von Zinszahlungen spricht. Unter "reinen" DCF-Gesichtspunkten glaube ich, daß du Recht hast; aber unter Unternehmensbewertungsgesichtspunkten verweise ich eben auf meine Ausführungen von oben: Unternehmenswert ist immer mehr fair value und immer weniger Cash Flow. Aus dem gleichen Grund würde ich vorsichtig sein, Unternehmenswert und Shareholder Value zu identifizieren: Unternehmensbewertung findet ja meist bei oder vor Übernahmen statt, während der Shareholder Value eine Dauerfrage ist, die unabhängig von Unternehmenskäufen von den Anteilseignern gestellt wird.

Darüberhinaus müßte man mE nach überlegen, in welcher Weise hier gerechnet werden muß, denn Deine c.p.-Überlegung stimmt nur im Einzelabschluß. Bei konzerninternen FK-Vorgängen würde ja der Zinsaufwand im konsolidierten Abschluß herausgerechnet werden. Konzerninternes FK ist damit "kostenlos".
Mitglied
Registriert: Jun 2004
Beiträge: 353
Mit welcher Begründung werden denn die FK-Zinsen wie Gewinn berechnet? Geht man davon aus das sie mit kalkuliert und verdient werden oder geht es nur darum was das GK erwirtschaftet hat, unabhängig davon wem dieser Ertrag zukommt?
Und warum bewertet man das FK nicht auf mit der hohen EK-Rendite, mit dem FK kann man doch auch Güter mit 20% Rendite verkaufen.
Mitglied
Registriert: Apr 2004
Beiträge: 7407
Ort: Erfurt
Moin,

Zitat
Mit welcher Begründung werden denn die FK-Zinsen wie Gewinn berechnet?


Falls Du die Diskussion um die Rentabilitätsformel meinst, dann guck bitte mal in http://www.bwl-bote.de/20051111.htm, dort habe ich das im Detail auseinandergesetzt.

Zitat
Geht man davon aus das sie mit kalkuliert und verdient werden


Nein, niemals Zinskosten und Zinsaufwendungen verwechseln! Zinskosten werden kalkuliert (und müssen verdient werden), denn sie stellen den Preis des Faktors "Kapital" dar; sie werden daher auch auf das gesamte (und nicht nur das fremde) Kapital gerechnet. Zinsaufwendungen hingegen sind "Belastungen" i.S.d. zahlungsbezogenen Rechnung.


Gesperrt

Seite: 1

Parse-Zeit: 0.0587 s · Memory usage: 1.48 MB · Serverauslastung: 1.86 · Vorlagenbereich: 2 · SQL-Abfragen: 8