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Kapitaldienstgrenze

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Mitglied
Registriert: Mar 2005
Beiträge: 3
Hallo,

ich habe ein Verständnisproblem in Bezug auf die Berechnung der Kapitaldienstgrenze, also der maximalen Belastung aus Zins und Tilgung, die ein Betrieb ertragen kann. Mal abgesehen von den zahlreichen unterschiedlichen Konstrukten in Bezug auf die zeitliche Dimension (kurz-, mittel- und langfristige Kapitaldienstgrenze) gehe ich von folgendem Modell aus.

Betriebsergebnis (nach Steuern)
+ Abschreibungen
+ Zinsaufwand
= Mittelzufluss (Erweiterter Cash-Flow)
- Privatentnahmen
+ Privateinlagen
= Kapitaldienstgrenze

Was ich hierbei nicht verstehe, ist warum der Zinsaufwand bei der Berechnung des Erweiterten Cash-Flow hinzuaddiert wird. Zinsaufwand stellt doch einen Mittelabfluss dar. Im Hinblick auf die Kapitaldienstgrenze würde dies ja im Extremfall bedeuten, dass ich durch Kreditaufnahme (z.B. KFw-Kredit in den ersten Jahren ohne Tilgungsleistungen) die Kapitaldienstgrenze erweitern kann. Also die Belastungsfähigkeit des Betriebes in Bezug auf Zins und Tilgung zunimmt.
Wieso ist der Zinsaufwand hier nicht abzuziehen?

Für Hilfe bin ich dankbar
Timo
Mitglied
Registriert: Apr 2004
Beiträge: 7407
Ort: Erfurt
Guten Morgen,

Zitat
Betriebsergebnis (nach Steuern)
+ Abschreibungen
+ Zinsaufwand
= Mittelzufluss (Erweiterter Cash-Flow)


Der (indirekte) Cash Flow ist allgemein:

Jahresüberschuß/Jahresfehlbetrag
+ Zahlungsungleiche Aufwendungen
– Zahlungsungleiche Erträge
= Cash Flow

Bedenke, daß die Abschreibungen hier nur eine Positione von mehreren sind; der Zinsaufwand ist gar keine zahlungsungleiche Größe. Dein Rechenschema ähnelt aber dem EBIT-Wert. Das wäre auch ein Einstieg in Deine Frage, denn es gilt:

Jahresüberschuß/Jahresfehlbetrag
+ Gewinn- und Ertragssteuern (Gewerbesteuer, Körperschaftsteuer)
+ Zinsaufwendungen
= EBIT

Diese Kennzahl ist ein Maß für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Unternehmens und damit dem Cash Flow ähnlich (aber nicht mit diesem inhaltsgleich). Der Zinsaufwand wird addiert, weil er ja nicht mehr zur Bedienung weiterer Auszahlungen zur Verfügung steht, also auch nicht mehr bei eventuellen weiteren Krediten.

Was Deine Definition der Belastungsgrenze angeht, so kann ich das nicht ganz nachvollziehen... es scheint hier noch eine Vielzahl weiterer, ähnlicher Definitionen aber keinen Standard zu geben. Bedenke beispielsweise auch:

Jahresüberschuß/Jahresfehlbetrag
+ Gewinn- und Ertragssteuern (Gewerbesteuer, Körperschaftsteuer)
+ Zinsaufwendungen
+ Abschreibungen
+ Tilgungen von Darlehen und Krediten
= EBITDA

Das ist ebenfalls kein Cash Flow, aber vielleicht noch eine "bessere" Belastungsgrenze?

Vergiß auch nicht, daß strategische Merkmale bei der Definition der Belastungsgrenze eine Rolle spielen sollten, wie politische Zukunftsunsicherheiten oder Markterwartungen!
Mitglied
Registriert: Mar 2005
Beiträge: 3
Hallo,

danke für die Antwort, die mir im Bereich des Cash-Flow und der aus dem Cash-Flow abgeleiteten Kennziffern einige neue Aspekte eröffnet hat.

Mein erstes Posting war etwas zu unpräzise, denn eigentlich ging es mir rein um die Kapitaldienstgrenze wenn man diese mit dem Schema

Betriebsergebnis (nach Steuern)
+ Abschreibungen
+ Zinsaufwand
= Mittelzufluss (Erweiterter Cash-Flow)
- Privatentnahmen
+ Privateinlagen
= Kapitaldienstgrenze

berechnet. Das Ergebnis soll ja die maxilmal mögliche Zins- und Tilgungsleistung sein. Warum addiere ich dann des bestehenden Zinsaufwand mit hinzu, anstatt ihn abzuziehen. Jegliche zusätzliche Zinsen die ich bezahlen sollten doch die höhe der Kapitaldienstgrenze verringern und nicht erhöhen, wie in diesem Fall.

Gruß
Timo
Mitglied
Registriert: Apr 2004
Beiträge: 7407
Ort: Erfurt
Hi,

Zitat
Warum addiere ich dann des bestehenden Zinsaufwand mit hinzu, anstatt ihn abzuziehen


Also, lassen wir mal die Bezeichnung "Cash Flow" fort, denn damit hat das eigentlich nix zu tun... aber zu Deiner Frage: weil das Geld, das für Zinsen aufgewandt wird, nicht mehr für andere Belastungen zur Verfügung steht - das ist der Gedanke der indirekten Cash Flow Rechnung. Ich bezweifle aber grundsätzlich die Richtigkeit und Nützlichkeit Deines Schemas und bin daher der Ansicht, daß Du es so eben gar nicht machen darfst - so daß es auch keinen Zweck hat, sich über die Addition der Zinsen in diesem Schema zu unterhalten. Du solltest einen echten Cash Flow berechnen, und dort werden - was ein Schlüssel zum Verständnis sein könnte! - nur die zahlungsungleichen Aufwendungen wie Abschreibungen, Bestandminderungen oder Einstellungen in Rückstellungen addiert!
Mitglied
Registriert: Mar 2005
Beiträge: 3
O.k., hab` ich verstanden.

Zitat
Ich bezweifle aber grundsätzlich die Richtigkeit und Nützlichkeit Deines Schemas und bin daher der Ansicht, daß Du es so eben gar nicht machen darfst


Daran zweifle ich übrigens auch, zumal ich mittlerweile so viele andere Vorgehensweisen gesehen habe.
Ich werde Deiner Empfehlung folgen und nur die zahlungsungleichen Aufwendungen addieren, dass ist mir wenigstens plausibel.

Danke
Timo
Mitglied
Registriert: Apr 2004
Beiträge: 610
Ort: Hessen
Hallo TF,

möglicherweise bist Du einem Denkfehler aufgesessen.

Die gestellte Frage ist, ob ein Kapitaldienst KD, bestehend aus Tilgung T und Zins Z, aus einem nach Steuern zur Verfügung stehenden Ergebnis E geleistet werden kann.
Bei der Ermittlung von E wurde die Größe Z jedoch bereits berücksichtigt. Somit ist es widersinnig zu postulieren, daß E > (T+Z) sei, weil Z nur einmal zu leisten ist. Daher ist die Erhöhung von E um Z vor dem Abgleich mit KD zutreffend, unabhängig davon, ob man mit der damit entstehenden Aussage etwas anfangen kann.

Grüße,
Peter


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